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Faktor, Jan

Faktor, Jan

Titel: Faktor, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Sorggen um die Vergangenheit
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unerzogenen Schutzbefohlenen unendlich viel
Toleranz entgegen, wollte aber doch alle wichtigen Entscheidungen allein und
diskussionslos treffen. Mit ihren Tieren ging das gut. Unauffällig manipulativ,
natürlich immer im denkbar sanftesten Ton, praktizierte sie das aber auch im
Umgang mit mir. Und das fühlte sich oft grausam falsch an.
    - Machen
wir das lieber nicht anders? Doch lieber nicht so ... Das wird bestimmt viel
besser.
    Dana
konnte nie gelernt haben, Kompromisse auszuhandeln. Außerdem steckten in ihr zu
viele seltsame Geheimkräfte. Diese seelischen Dunkellöcher schienen in ihr so
tief verkramt zu sein, daß an sie niemand herankam - sie selbst offenbar auch
nicht. Schon in den Phasen unserer körperzentrierten Dauerbeschäftigung war es
zu Ausbrüchen gekommen, die ich lieber schnell wieder vergaß. Sie war beim Sex,
wie gesagt, sehr still und zurückhaltend, auf Dauer bekam es ihr aber doch
nicht. Und so wurde sie manchmal - mit einem Orgasmus hatte das nichts zu tun -
von stillen Spasmen heimgesucht. Sie bäumte sich plötzlich - für mich, der
gerade intensivst mit dem Streicheln ihres Schamhaars oder ihrer Brüste
beschäftigt war, blieb es ein Rätsel - aus ihrer Rückenlage lautlos auf,
drückte ihren Bauch in die Luft, hob ihren ganzen Oberkörper zu einer Brücke
und noch einmal und noch einmal mit voller Kraft. Einmal sagte sie dazu einen
einzigen Satz:
    - Ich hab
vor zwanzig Jahren jemanden sehr geliebt.
    Wer das
war, verriet sie mir nicht. Ein anderes Mal begann sie ohne eine Ankündigung
oder Erklärung meinen gesamten Oberkörper abzulecken. Es kitzelte, und ihre
trocknende Spucke kühlte schnell ab. Ich ließ sie an mirarbeiten, wunderte mich
nur, was sie davon hatte. Meine Haut war nach der Fahrradfahrt sicher ziemlich
salzig - vielleicht fast so salzig wie ihr Mund nach unserer mitternächtlichen
Salzbrotmahlzeit hinter den Vorhängen.
    Wir hatten
natürlich nicht verhütet. Sie hatte die Notwendigkeit dazu nie angesprochen,
und bei uns zu Hause hieß es immer, Dana hätte früher sehr gern Kinder gehabt,
wäre aber ganz und gar unfruchtbar. Und weil sie es sicher auch war, kümmerte
sie sich gynäkologisch um gar nichts mehr. Eine derartige Lässigkeit fand ich
großartig. Einen Schrecken jagte sie mir einmal aber doch ein, als sie kurz
verlauten ließ, sie sei schon seit zwanzig Jahren nicht beim Frauenarzt gewesen
- zu anderen Ärzten ginge sie schließlich auch nicht. Und obwohl klar war, daß
unsere Familie eine ganze Schar beschnittener Gynäkologen hätte in Marsch setzen
können, wollte sie darüber nichts hören.
    - Jetzt
geht es nicht mehr, die würden mit mir furchtbar schimpfen. Ich komme mit
meinen Kräutern schon klar.
    Bei Dana
vergammelten nebenbei auch wertvolle Kunstwerke. Sie hatte von ihrem Vater, der
Maler und Kunstsammler war, einige Bilder der tschechischen Moderne geerbt. Und
ich ahnte lange nicht, daß die dunkel gewordenen und teilweise von Vögeln
betröpfelten Bilder von bekannten Malern stammten. Kein Zufall, daß
ausgerechnet Dana auf die Idee gekommen war, ihre eigenen Skulpturen mit Dreck
zu bewerfen.
    - Das da
ist ein früher Filla, einen Späla habe ich auch, den sieht man jetzt hinter den
Büchern aber nicht - ist mir sowieso zu bunt.
    In
irgendwelchen Koffern bewahrte sie außerdem einen Haufen Korrespondenz ihres
Vaters aus der Vorkriegszeit auf. Später wollte sie alles dem Nationalen
Literaturarchiv übergeben. In der aktuellen politischen Situation kam es für
sie allerdings nicht in Frage.- Den Idioten gebe ich es nicht, überlasse es
lieber meinen Mäusen oder am besten Wanderratten.
    Die
Möglichkeit, daß in naher Zukunft auch Dana mit Haut, Haar und Kleidung das
Beuteziel irgendwelcher Zerfallsbeschleuniger werden könnte, schienen
inzwischen auch einige wirbellose Tiere zu wittern, hatte ich das Gefühl -
Motten und fliegende Ameisen stiegen in ganzen Formationen auf, Wespen wüteten
oft scheinbar grundlos und ungewöhnlich laut, und verrückt gewordene
Marienkäfer verbündeten sich manchmal mit Mücken und flogen in der Gegend
regelrechte Angriffe auf alle warmblütigen Oberflächen.
    Das Ende
unserer sexuellen Beziehung brachten uns allerdings nicht irgendwelche
Krankheiten, meine Ängste oder mein wach gewordener Sinn für Hygiene, dieses
Ende wurde bei einem Ausflug zu Danas Bekannten im Nachbardorf eingeläutet.
Diese besaßen ein berüchtigt schönes Anwesen, und sie veranstalteten dort
manchmal Gartenfeste. Wir ließen die Tiere

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