Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
im Gras. Jenna hätte wegrennen sollen, zu Leon, ihn warnen. Aber sie konnte es nicht. Sie war am Ende ihrer Kräfte. Der Kampf mit den Unaks hatte ihr alle Energie geraubt, die ihr diese schreckliche Welt noch gelassen hatte. Jetzt konnte sie nicht mehr fliehen. Sie hatte resigniert, aufgegeben.
Der letzte Unak verschwand mit lautem Gekreische im Wald und Jenna war allein mit dem gefürchtetsten Krieger ganz Falaysias. Er sah sich noch einmal kurz um, bevor sich seine Augen auf ihre Gestalt richteten. Sie konnte nicht feststellen, ob sein Blick mörderisch oder kalt war, denn ihre Augen füllten sich sofort mit Tränen, während sich ihre Kehle zuzuschnüren und es in ihrer Nase verräterisch zu kribbeln begann. Was sie bemerkte, war, dass er nun auf sie zukam, schwerer atmend als es normal war, aber immer noch mit gezogenem Schwert.
Die Panik in Jenna wuchs und sie versuchte nun doch auf die Beine zu kommen. Ihre Kraft reichte jedoch nicht aus und so wich sie am Boden auf allen Vieren vor ihm zurück, eine Hand abwehrend in seine Richtung ausgestreckt, und schüttelte verzweifelt den Kopf. Gleich würde er ihr den Kopf abschlagen. Er würde nicht zögern – das hatte Leon ihr gesagt.
Doch Marek überraschte sie. Er blieb dicht vor ihr stehen und… lächelte?! Arrogant und kühl, aber immerhin war es ein Lächeln und nicht die Hand des Todes, die sie traf.
„Ich glaube wir kennen uns“, brachte er etwas atemlos hervor. „Doch. Ich glaube sogar, dass du es bist, nach der ich suche. Eine kleine, lebensmüde Diebin.“
Jenna wollte es nicht, doch das war alles zu viel für sie. Ein jämmerliches Schluchzen drang aus ihrer Kehle, während die Tränen, die sie bisher so tapfer hatte zurückhalten können, ihre Wangen hinunterrollten. Und dann begann sie auch noch am ganzen Leib zu zittern.
Der große Mann vor ihr runzelte die Stirn. „Oh, bitte!“ stieß er schließlich aus und verdrehte doch tatsächlich genervt die Augen. „Muss das jetzt sein?!“
Jenna schluchzte nur weiter und wischte sich immer wieder mit zitternden Fingern die Tränen von den Wangen. „Bitte… bitte…“, hörte sie sich selbst stammeln.
„Dieses Herumgejammer – sei froh, dass du nicht tot bist“, knurrte er und stieß sein blutverschmiertes Schwert vor sich in den Boden, um sich darauf zu stützen. Jetzt erst bemerkte sie, dass sein dunkles Leinenhemd an einer Seite zerrissen war, was wohl bedeutete, dass ihn eines der Unaks tatsächlich verletzt hatte. Auch die dunkle Leinenhose, die er trug, hatte ein paar Blessuren abbekommen. So ungefährlich war der Kampf für ihn anscheinend doch nicht gewesen.
„Wie… wieso?“ brachte sie stockend heraus. Sie fühlte sich auf einmal so leer und leblos. Es gab keinen Grund mehr zu kämpfen. Sie allein konnte diesen Mann bestimmt nicht besiegen.
„Wieso was?“ fragte er zurück und seine dunklen Brauen zogen sich dabei ein wenig zusammen, so als würde er tatsächlich nicht verstehen, worauf sie mit ihrer Frage hinaus wollte.
„Warum… bin ich… noch am Leben?“ Sich auf das Sprechen zu konzentrieren, half ihr dabei sich wieder etwas zu beruhigen, die Verzweiflung zurückzudrängen. „Wieso… wieso hast du mich gerettet, wenn du mich ohnehin… töten willst?“
Er legte seinen Kopf schräg und sah sie an. Jenna hatte ganz vergessen, wie kalt diese blauen, katzenhaften Augen waren.
„Wie kommst du darauf, dass ich dich töten will?“ fragte er mehr interessiert als verwundert.
„Weil… weil…“ Sie brach ab. Warum sollte sie ihm einen Grund dafür nennen, sie zu töten? Sie war doch nicht lebensmüde.
„Weil du mich bestohlen und vor meinen Männern lächerlich gemacht hast?“ half er ihr und sah dann abwägend nach oben. „Ja, das dürfte ein ausreichender Grund sein.“ Er musterte sie kurz und schürzte die Lippen. „Ich überlege es mir noch. Steh auf.“
Sie blinzelte ihn verstört an. „Was?“
„Hat dir eines der Unaks die Ohren abgebissen?“ fragte Marek verärgert. „Ich sagte: Steh auf!“
„I-ich kann nicht“, stammelte sie und log noch nicht einmal. Ihre Glieder waren weich wie Pudding und die Bisse und Kratzer der Unaks schmerzten enorm. Vielleicht war sie sogar schwer verletzt worden und würde ohnehin bald sterben.
Viel Zeit für ihr wachsendes Selbstmitleid hatte sie allerdings nicht, denn Marek verdrehte ein weiteres Mal die Augen und zog sein Schwert ruckartig aus dem Boden. Das genügte, um Jennas Panik wiederkehren und sie einen
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