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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Ritter öffnet es, er fummelt am winzigen Verschluss herum. »Ah«, sagt er. »Ein lateinisches Gebet. Oder ein Bibelvers?«
    »Darf ich?« Er nimmt es zurück. »So steht es im Buch der Sprüche: ›Das kostbarste Juwel, das einer finden kann, ist eine tugendhafte Frau.‹ Was offenbar nicht stimmt, denkt er: drei Geschenke, drei Frauen und nur eine Juwelierrechnung. Lächelnd sagt er zu Jane: »Kennen Sie die Frau, die hier gemeint ist? Sie ist in purpurne Seide gekleidet, sagt der Autor. Ich könnte Ihnen weit mehr über sie erzählen, aus Versen, die nicht auf diese Seite passen.«
    Edward Seymour sagt: »Sie hätten Bischof werden sollen, Cromwell.«
    »Edward«, sagt er. »Papst hätte ich werden sollen.«
    Er verabschiedet sich, doch Carew krümmt einen gebieterischen Finger. O großer Gott, flüstert er für sich, jetzt bin ich in Schwierigkeiten, weil ich nicht demütig genug war. Carew winkt ihn beiseite, aber nicht, um ihm Vorwürfe zu machen. »Prinzessin Mary«, murmelt Carew, »hofft sehr darauf, an die Seite ihres Vaters gerufen zu werden. Was könnte dem König in solchen Zeiten größerer Balsam und Trost sein, als ein Kind aus seiner wahren Ehe unter seinem Dach zu haben?«
    »Mary bleibt besser, wo sie ist. Worüber hier, im Rat und auf den Straßen geredet wird, ist nichts für die Ohren eines jungen Mädchens.«
    Carew zieht die Brauen zusammen. »Daran mag etwas Wahres sein. Aber sie wartet auf Nachrichten vom König. Auf ein Zeichen.«
    Ein Zeichen, denkt er, das lässt sich arrangieren.
    »Es gibt Ladies und Gentlemen bei Hofe«, sagt Carew, »die zu ihr reiten und ihr ihre Aufwartung machen wollen, und wenn die Prinzessin schon nicht hergebracht werden soll, lassen sich doch bestimmt die Bedingungen ihrer Gefangenschaft lockern? Es ist kaum mehr angemessen, sie mit Boleyn-Frauen zu umgeben. Vielleicht, wenn ihre alte Gouvernante, die Gräfin von Salisbury …«
    Margaret Pole? Das alte, abgemagerte, papistische Schlachtross? Aber jetzt ist nicht die Zeit, Sir Nicholas mit harten Wahrheiten zu konfrontieren. Das kann warten. »Das wird der König entscheiden«, sagt er gelöst. »Das ist seine Angelegenheit. Er wird wissen, was für seine Tochter am besten ist.«
    Abends im Kerzenlicht vergießt Henry leicht Tränen wegen Mary, doch bei Tage sieht er sie als das, was sie ist: ungehorsam, eigenwillig, immer noch ungebrochen. Wenn all das geregelt ist, sagt der König, werde ich meine Aufmerksamkeit meinen Pflichten als Vater zuwenden. Ich bedaure, dass wir uns entfremdet haben, Lady Mary und ich. Nach Anne wird eine Versöhnung möglich. Aber, fügt er hinzu, es wird Bedingungen geben. Die meine Tochter Mary, lassen Sie sich das gesagt sein, zu befolgen hat.
    »Eine Sache noch«, sagt Carew. »Sie müssen Wyatt mit hineinnehmen.«
    Stattdessen lässt er Francis Bryan holen. Francis kommt grinsend herein: Er hält sich für unberührbar. Seine Augenklappe ist mit einem kleinen, blitzenden Smaragd besetzt, was unheimlich wirkt: ein Auge grün und das andere …
    Er betrachtet es, sagt: »Sir Francis, welche Farbe haben Ihre Augen? Ich meine, Ihr Auge?«
    »Rot, normalerweise«, sagt Bryan. »Aber ich versuche in der Fastenzeit nicht zu trinken. Oder im Advent. Oder freitags.« Er klingt düster. »Warum bin ich hier? Sie wissen doch, dass ich auf Ihrer Seite bin, oder?«
    »Ich habe Sie nur zum Essen eingeladen.«
    »Mark Smeaton haben Sie auch nur zum Essen eingeladen. Und wo ist er jetzt?«
    »Nicht ich bin es, der Zweifel an Ihnen hat«, sagt er mit einem tiefen Schauspielerseufzer. (Er ist gern mit Sir Francis zusammen.) »Nicht ich bin es, sondern die Welt da draußen ist es, die sich fragt, auf wessen Seite Sie stehen. Sie sind natürlich mit der Königin verwandt.«
    »Genau wie mit Jane.« Bryan ist immer noch locker, und er zeigt es, indem er sich auf seinem Stuhl zurücklehnt und die Füße unter den Tisch streckt. »Ich hatte kaum mit einem Verhör gerechnet.«
    »Ich spreche mit allen, die der Familie der Königin nahestehen. Und das tun Sie zweifellos, seit den frühen Tagen sind Sie dabei. Waren Sie nicht in Rom, um die Scheidung des Königs voranzutreiben und die Sache der Boleyns zu befördern? Was sollten Sie zu fürchten haben? Sie sind ein alter Höfling, Sie kennen sich aus. Weise genutzt und weise weitergegeben, kann Wissen beschützen.«
    Er wartet. Bryan sitzt aufrecht.
    »Und Sie wollen dem König gefallen«, sagt er. »Ich möchte mich nur versichern, dass Sie, dazu

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