Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
Bänder nie gemocht«, sagt Lady Margery.
    »Danke, Tom«, sagt Bess und wickelt ihr Päckchen aus. »Die Kalotte muss fester sitzen«, verfügt sie. Ihre Mutter tut, wie ihr geheißen, und steckt sie noch einmal neu fest. Und dann rammen sie eine Art Stoffschachtel auf Janes Kopf. Janes Blick geht nach oben, als bäte sie um Hilfe, und ihren Lippen entweicht ein leises Jammern, weil das metallene Gestell der Schachtel in ihre Kopfhaut drückt. »Nun, das überrascht mich«, sagt Lady Margery. »Du hast einen größeren Schädel, als ich gedacht hätte, Jane.« Bess macht sich daran, den Draht zu biegen. Jane sitzt stumm da. »So wird es gehen«, sagt Lady Margery. »Jetzt hat sie ein wenig Spiel. Drück sie herunter. Die Zipfel nach oben. Etwa in Kinnhöhe, Bess. So hat es die alte Königin gemocht.« Sie tut einen Schritt zurück, um das Ergebnis zu betrachten. Ihre Tochter steckt eingesperrt in einer altmodischen Giebelhaube von der Art, wie man sie seit Annes Krönung nicht mehr gesehen hat. Lady Margery saugt die Lippen ein und studiert ihre Tochter. »Das Ding sitzt schief«, sagt sie.
    »Das ist Jane«, sagt Tom Seymour. »Sitz gerade, Schwester.«
    Jane führt die Hände an den Kopf, vorsichtig, als könnte die Konstruktion heiß sein. »Finger weg«, fährt ihre Mutter sie an. »Du hast so etwas schon getragen. Du gewöhnst dich daran.«
    Von irgendwoher zaubert Bess ein Stück schwarzen Schleier hervor. »Sitz still.« Sie macht sich daran, den Schleier hinten an der Haube festzustecken, und wirkt ganz in ihr Tun versunken. Autsch, das war mein Hals, sagt Jane, und Tom Seymour lässt ein herzloses Lachen hören, worüber genau, scheint zu ungehörig, um es laut zu sagen, doch man darf raten. »Es tut mir leid, Sie warten zu lassen, Master Sekretär«, sagt Bess, »aber das Ding muss richtig sitzen. Wir können es nicht zulassen, dass sie den König an Sie-wissen-schon-wen erinnert.«
    Vorsicht, denkt er. Ihm ist unbehaglich zumute: Seit Katherines Tod sind erst vier Monate vergangen, vielleicht will der König auch an sie nicht erinnert werden.
    »Wir haben noch einige andere Rahmen zur Verfügung«, erklärt Bess ihrer Schwester. »Wenn du sie also tatsächlich nicht gerade halten kannst, können wir das Ding auch wieder herunternehmen und es mit einer anderen versuchen.«
    Jane schließt die Augen. »Ich bin sicher, es wird gehen.«
    »Woher haben Sie die so schnell bekommen?«, fragt er.
    »Wir hatten sie nur weggeräumt«, sagt Lady Margery. »In Truhen und Kommoden. Frauen wie ich, die wussten, dass sie wieder gebraucht werden würden. Mit den französischen Moden ist es jetzt für viele Jahre vorbei. Gott, hilf.«
    Der alte Sir John sagt: »Der König hat ihr Schmuck geschickt.«
    »Stücke, mit denen La Ana nichts anfangen konnte«, sagt Tom Seymour. »Aber auch die anderen werden bald kommen.«
    Bess sagt: »Ich nehme an, Anne wird sie in ihrem Kloster nicht wollen.«
    Jane blickt auf: Und jetzt tut sie es, sie erwidert die Blicke ihrer Brüder und sieht gleich wieder weg. Es ist immer eine Überraschung, ihre Stimme zu hören, so weich und ungeübt, der Ton so wenig passend zu dem, was sie zu sagen hat. »Ich verstehe nicht, wie es gehen soll mit dem Kloster. Anne wird behaupten, dass sie wieder ein Kind vom König erwartet. Dann ist er gezwungen zu warten, ohne Ergebnis natürlich, denn es wird nie eines geben. Und danach fallen ihr neue Verzögerungen ein, und niemand von uns ist in Sicherheit.«
    Tom sagt: »Sie kennt Henrys Geheimnisse, würde ich sagen. Und wird sie ihren Freunden, den Franzosen, verkaufen.«
    »Nicht, dass sie noch ihre Freunde wären«, sagt Edward. »Nicht mehr.«
    »Aber sie würde es probieren«, sagt Jane.
    Er sieht, wie sie die Reihen schließen: eine edle, alte englische Familie. Er fragt Jane: »Würden Sie tun, was Sie können, um Anne Boleyn zu vernichten?« In seinem Ton liegt kein Vorwurf, er ist einfach nur interessiert.
    Jane überlegt – aber nur einen Moment lang. »Niemand muss das tun. Niemanden trifft da eine Schuld. Sie vernichtet sich selbst. Sie können nicht tun, was Anne Boleyn getan hat, und ein hohes Alter erreichen.«
    Er muss Jane studieren, den Ausdruck auf ihrem gesenkten Gesicht. Anne, als Henry ihr den Hof machte, sah der Welt offen ins Gesicht, das Kinn erhoben, die flachen Augen dunkle Kreise, umgeben von leuchtender Haut. Jane dagegen reicht ein forschender Blick, schon schlägt sie die Lider nieder. Ihr Ausdruck wirkt in sich gekehrt,

Weitere Kostenlose Bücher