Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Zweifel hegte, ob Sadik diese Regelung genehm sein würde. Er beschloss, das auf der Stelle mit ihm unter vier Augen zu klären und erhob sich. »Ich glaube, ich muss jetzt raus und Sadik beim Ausspannen zur Hand gehen.«
Auch Jana stand auf. »Und ich kümmere mich indessen um das Essen. Ihr werdet bestimmt hungrig sein. Ich habe noch einen Topf Gemüsesuppe, die ich bloß aufzuwärmen brauche.«
Tobias kletterte aus dem Wagen und ging zu Sadik hinüber. »So, du willst also, dass wir mit Jana von Kirmes zu Kirmes ziehen«, brummte er, und es klang, als wäre er von der Vorstellung nicht eben begeistert.
»Ist es dir vielleicht lieber, noch ein paar Wochen als Mönch herumzulaufen und ständig befürchten zu müssen aufzufallen und Zeppenfeld wieder auf unsere Spur zu bringen?«, hielt Tobias ihm entgegen. »Schließen wir uns dagegen Jana an, haben wir die beste Tarnung, die wir uns nur wünschen können. Bei all diesen schillernden und exotischen Gestalten, die so eine Kirmes bevölkern, fallen wir überhaupt nicht auf.«
Sadik warf ihm einen Blick zu, als wollte er ihm zu verstehen geben, dass er sehr wohl wusste, wieviel ihm daran lag, Jana in seiner Nähe zu wissen – auch wenn Zeppenfeld nicht hinter ihnen hergewesen wäre. Doch er sprach es nicht aus, sondern beschränkte sich auf seine sachlichen Bedenken.
»Aiwa, das ist schon richtig. Nur vergiss nicht, dass du Jana möglicherweise in Gefahr bringst«, wandte Sadik ein. »Zeppenfeld kennt keine Skrupel. Sollten wir das Pech haben, dass er unsere Spur doch wieder aufnehmen kann, schwebt sie in derselben Gefahr wie wir. Ich glaube, dass Jana dir einiges bedeutet. Ja, und wenn das der Fall ist, solltest du es dir sehr gut überlegen, ob du das Risiko eingehen willst sie dieser Gefahr auszusetzen.«
Tobias schwieg betreten und nagte unschlüssig an seiner Unterlippe. An die Gefahr, die ihr drohen konnte, hatte er gar nicht gedacht. Natürlich wollte er nicht, dass ihr etwas zustieß, Gott bewahre! Doch andererseits wollte er auch nicht, dass sich ihre Wege schon wieder trennten. Und sie empfand ebenso, wie sie ihm deutlich zu verstehen gegeben hatte. Also was sollte nun werden?
Als sie wenig später wieder im Wagen saßen und Jana ihre Teller mit köstlich duftender Gemüsesuppe füllte, rang Tobias sich dazu durch, sich Sadiks Bedenken zu beugen und ihr zu sagen, dass sie die nächsten Wochen besser doch nicht zusammenblieben, wie schwer es ihm auch fiel.
Doch Jana wollte nichts davon wissen. »Aber das ist doch Unsinn! Wenn ich euch helfen kann, helfe ich, und da kann Zeppenfeld noch so gefährlich sein, wie er will. Glaubt ihr vielleicht, das Leben als Landfahrerin wäre gefahrlos? Mit Gesindel, das die Landstraßen unsicher macht, muss ich auch so fertig werden. Da fällt Zeppenfeld mit seinen Komplizen nicht groß ins Gewicht.«
»Niemand bezweifelt deinen Mut und deine Fähigkeit dich zu behaupten. Doch Zeppenfeld ist nun mal nicht irgendein gewöhnlicher Wegelagerer«, hielt Sadik ihr vor. »Er ist ein Mann mit Vermögen und ohne jegliche Skrupel und das ist eine der gefährlichsten Mischungen, die es gibt. Wir können nicht verantworten, dass du in diese Geschichte verwickelt wirst und auch noch in Gefahr gerätst!«
Tobias nickte düster.
Doch Jana schüttelte unwillig den Kopf. »Du enttäuschst mich, Sadik.«
»Inwiefern?«
»Du hast mir das Leben gerettet und mich gesund gepflegt.
Und wäre ich auf Falkenhof in Gefahr geraten, hättest du mich ohne zu zögern vor dieser Gefahr in Schutz zu nehmen versucht. Und nach alldem, was ihr für mich getan habt, willst du mir das Recht versagen, dass ich nun euch helfe?«, fragte sie mit bitterem Vorwurf. »Wenn so die Ehre eines Beduinen aussieht, ist sie nicht mal halb so viel wert wie die eines Landfahrers – und dann tust du mir leid, Sadik Talib.«
Der Araber schaute sie einen Moment lang schweigend an, ohne dass sein Gesicht verriet, was er dachte. Dann hoben sich seine Mundwinkel kaum merklich zu einem Lächeln. »Die Ehre eines bàdawi sieht anders aus, Jana, wie du sehr wohl weißt«, entgegnete er bedächtig. »Und wenn du darauf beharrst, uns in dieser gefährlichen Situation beistehen zu wollen, werde ich meinen Widerstand aufgeben müssen.«
»Ja, ich bestehe darauf!«, bekräftigte sie.
»Ich habe befürchtet, dass du das sagen würdest. Es ehrt dich, Jana, dass du so denkst. Doch auch Ehre und Mut müssen ihre Grenzen haben, wenn sie nicht zu Verblendung und Leichtsinn
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