Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
Tobias. »Diese Person hat es zugegeben!«
Sadik verzog spöttisch das Gesicht. »Wenn sie dazu in der Lage wäre, dann wäre sie hundertmal besser als Jana mit ihren Tarot-Karten!«
Jana pflichtete ihm durch ihr Lachen bei. »Nein, zugegeben hat sie es nicht, aber Moustique hat erfahren, dass der Sohn eines Fischers bekannt gegeben hat, dass er Claudette nächste Woche heiraten wird. Wie ihm zu Ohren gekommen ist, hatte sie mit diesem Mann gleichfalls angebändelt und wohl auch ihn unter Druck gesetzt. Und während Moustique sie hingehalten hat und nicht zu ihr stehen wollte, hat der andere wohl nicht so viel Widerstand aufgebracht und ihr vor Zeugen die Ehe versprochen.«
»Sehr beschämend, in der Tat, einmal ganz abgesehen davon, dass er nie wissen wird, ob das Kind nicht vielleicht doch von ihm ist«, meinte Sadik. »Aber er hat seinen Hals aus der Schlinge gezogen und die Welt ist von einer unglücklichen Mussehe mehr verschont geblieben.«
Tobias grinste voller Anerkennung für Janas Tarot-Künste. »Stand ja alles in den Karten.«
Jana zuckte mit den Achseln. »Es ist auch viel Gefühl, viel Eingebung mit im Spiel.«
»Na, wenigstens hast dann du eine gute Erinnerung an Tinville«, sagte Sadik trocken. »Wie du unseren Gesichtern vorhin bestimmt schon angesehen hast, haben wir wieder mal kein Glück gehabt.«
Die Fröhlichkeit verschwand aus dem Gesicht von Tobias, als Sadik ihn nun wieder an ihre deprimierende Erfolglosigkeit erinnerte. »Und deshalb haben wir beschlossen, sofort zu packen und nach Le Havre aufzubrechen, um dort unser Glück zu versuchen.«
»Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird«, erwiderte Jana ruhig. »Moustique hat mir nämlich versprochen, ein gutes Wort bei seinem Kapitän Jean-Baptiste Leon einzulegen.«
»Ist das dein Ernst?«, rief Tobias aufgeregt.
»Ja«, versicherte Jana. »Moustique meint, dass uns sein Kapitän ganz gewiss über den Kanal bringt, wenn wir nur einen guten Preis zu zahlen bereit sind.«
»Mein Gott, wenn es sein muss, wiegen wir ihn in Gold auf!«, übertrieb Tobias überschwänglich.
Sadik war von der Nachricht nicht weniger angetan, blieb jedoch erst einmal skeptisch. An die Passage glaubte er erst, wenn er an Deck des Schiffes stand und die französische Küste außer Sicht war.
»Wie glaubwürdig ist dieser Moustique?«, wollte er von Jana wissen. »Hat er einen Preis genannt? Wann wird die Alouette in Tinville einlaufen? Und wann und wo werden wir mit seinem Kapitän Leon zusammenkommen, um die Einzelheiten zu besprechen?«
»Einen Preis hat er nicht genannt, aber was die Alouette betrifft, so liegt diese schon im Hafen vor Anker. Sie ist am späten Mittag eingelaufen und wird mit der Flut heute Nacht wieder in See stechen«, teilte Jana ihnen mit. »Moustique hat mir versprochen, gegen halb zehn mit seinem Kapitän zu uns zu kommen, und ich habe nicht das Gefühl, dass er etwas versprochen hat, was er nicht halten kann. Das Treffen soll aber nicht in der Öffentlichkeit des Schankraumes stattfinden, sondern auf dem dunklen Hinterhof.«
Tobias zuckte grinsend mit den Achseln. »Hauptsache, er kommt und bringt uns endlich nach England.«
»Und wenn der Kapitän andere Pläne hat und nicht daran denkt, eine nächtliche Fahrt über den Kanal zu machen?«, gab Sadik zu bedenken.
Tobias nagte an seiner Unterlippe. »Tja, das Risiko werden wir wohl eingehen müssen. Was machen die paar Stunden mehr nach vier Tagen jetzt schon noch aus? Ich bin dafür, dass wir bis halb zehn warten.«
Jana nickte. »Die Alouette könnte unser Schiff sein. Ich habe ein gutes Gefühl, Sadik.«
Dieser lächelte. »Gut, dann wollen wir es so machen und darauf hoffen, dass die Lerche uns unter ihre Fittiche nimmt und hinüber an Englands Küste trägt«, sagte er, und das von Hoffnung wie Zweifeln erfüllte Warten auf den Abend und die hereinbrechende Dunkelheit begann.
Die Macht des Goldes
Um Unsinn für die so sehnlichst herbeigewünschte Überfahrt müde zu machen, spielte Jana eine ganze Stunde mit ihrem Äffchen im Hof und ließ ihn sich nach Herzenslust austoben. Danach stürzte er sich hungrig auf sein Fressen und begab sich bereitwillig in den Bambuskäfig. Es blieb noch immer eine Stunde bangen Wartens, denn es war gerade halb neun. Die wenigen Sachen, die sie zu packen gehabt hatten, lagen schon seit Stunden in der Kutsche verstaut.
Tobias war voller Unruhe, konnte keine fünf Minuten still sitzen und zählte die Minuten, die so quälend
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