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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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euch nicht sofort. Ich werde dort stehen, mit dem Rücken zu euch. Rennt mich über den Haufen.«
    Sie nickten, stumm und mit angespannten Gesichtern.
    »Es tut mir Leid … und viel Glück«, murmelte Moustique, schlich den Niedergang hoch und entschwand ihren Blicken.
    Die Minute, die sie da am Fuß der steilen Treppe verharrten, erschien Tobias endlos. Angestrengt lauschten sie auf die Geräusche, die von Deck zu ihnen drangen: auf das Knarren und Ächzen von Sparren und Spanten, das Singen des Windes im Rigg, das Rauschen der See und das harte Klatschen, wenn die Alouette in eine hohe Welle eintauchte. Stimmen waren keine zu hören.
    »Mein Gott, bringen wir es hinter uns!«, keuchte Tobias, als er meinte, die Spannung nicht länger ertragen zu können.
    »Du übernimmst die Spitze, Tobias, und du bleibst ihm dicht auf den Fersen. Ich halte euch den Rücken frei«, bestimmte Sadik die Reihenfolge. »Und lasst euch von nichts und niemandem aufhalten! Seht zu, dass ihr so schnell wie möglich ins Boot kommt. Sowie ihr im Boot seid, klammert ihr euch an eine feste Strebe, am besten legt ihr euch flach auf den Boden und haltet euch an den Duchten fest. Wer aus dem Boot geschleudert wird, ist verloren! Habt ihr verstanden?«
    »Ja«, hauchte Jana.
    Auch Tobias brachte einen ähnlichen Laut heraus. Er sah Jana an, wollte ihr noch etwas sagen, was sie unbedingt wissen musste, wie er in diesem Moment meinte. Es durfte nicht ungesagt bleiben, da doch die Möglichkeit bestand, dass sie vielleicht gleich getrennt wurden und den Tod in der nachtkalten See fanden. Aber er bekam kein Wort heraus und es blieb auch keine Zeit mehr.
    »Dann los!« Sadik schlug Tobias auf den Rücken und dieser stürmte den Niedergang hoch, gefolgt von Jana.
    Im Rückblick erschien es Tobias so, als hätte sich sein Blickfeld in diesem Moment so stark verengt, dass alles, was sich rechts und links von ihm befand, zu einem schwarzen Nebelschleier verschwamm. Ihm war, als rannte er durch eine schmale Röhre, die nicht viel breiter war als er selbst. Und die Bilder, die von diesem Wettlauf mit der Zeit in seinem Gedächtnis haften blieben, waren bruchstückhaft. Er erinnerte sich später jedoch ganz deutlich daran, dass er plötzlich nicht mehr die Geräusche der See und des Schiffes vernahm, sondern nur noch das Hämmern seines rasenden Herzens. Wie eine gigantische Trommel schien dieses Wum-wum … Wumwum … Wum-wum alles andere zu übertönen.
    Er rannte um sein Leben über ein schräg geneigtes Deck. Rutschte, fing sich, rannte weiter. Das Schanzkleid zu seiner Linken und die lang gestreckten Deckaufbauten zu seiner Rechten waren wie die Wände eines Tunnels – in dem plötzlich eine Gestalt vor ihm aufragte. Moustique! Er stieß ihm aus dem Lauf heraus seinen Ellenbogen in den Rücken, sah ihn nach vorne stürzen, hörte jedoch keinen Schrei, wie er auch nicht den Schrei des hageren Rudergängers hörte, obwohl er sah, wie dieser ihn fassungslos anstarrte und dann den Mund aufriss. Er flog förmlich an dem Mann vorbei. Sein Blick suchte das Beiboot, das am Heck der Alouette in den Davits hing, fand es und blieb starr daraufgerichtet. Er sprang auf das Schanzkleid und hechtete ins Boot. Ein stechender Schmerz jagte vom Knöchel aus durch sein linkes Bein, als er am Bug zwischen zwei Duchten stürzte, und der Schmerz ließ diese unsichtbare Glocke, die ihn von allen anderen Wahrnehmungen abgeschirmt zu haben schien, jäh zerplatzen. Nun hörte er wieder das Rauschen der See, den Wind und wütendes Geschrei. Er wollte den Kopf heben, doch in dem Moment landete Jana neben ihm im Boot, und der Affenkäfig traf ihn wie der Huf eines ausschlagenden Esels am Hinterkopf.
    Tobias schrie auf und sackte in sich zusammen. Sein Gesicht tauchte in das Wasser, das sich auf dem Boden gesammelt hatte.
    »Festhalten!«, gellte Sadik.
    Tobias hob den Kopf. Vor seinen Augen drehte sich alles und er glaubte sich übergeben zu müssen. Er sah auf einmal das Gesicht von Moustique und ein Messer mit langer Klinge. Instinktiv umklammerte er die vordere Ducht.
    »Verfluchter Heide!«, schrie Moustique und kappte das Bugtau.
    Im selben Augenblick durchschnitt Sadik das Tau am Heck. Blitzschnell rammte er danach das Messer in die Bordwand, da nicht mehr die Zeit war, es in die Scheide zurückzustecken, und umklammerte die Ruderpinne.
    Und das Beiboot stürzte in die Tiefe.
     

 
Sturmfahrt
     
    Das Beiboot stürzte mit einer gefährlichen Buglastigkeit und einer starken

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