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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Neigung nach Steuerbord der schäumenden Hecksee der Brigantine entgegen. Geistesgegenwärtig warf sich Jana auf die andere Seite. Mit der linken Hand hielt sie sich am Dollbord fest, während sie mit der rechten den Bambuskäfig unter ihren Leib zog. Den Bruchteil einer Sekunde später klatschte das Boot in die Wellen, und ein Schwall Wasser schlug auf der Steuerbordseite in das winzige Gefährt und durchnässte sie wieder bis auf die Haut.
    »Allah jil-anak, Leon! … Allah verfluche dich!«, brüllte Sadik, sicherte schnell das Messer und brachte das Boot mit einem knappen Ausschlag der Ruderpinne mit dem Bug vor den Wind.
    Tobias war noch wie benommen, insbesondere von dem Schlag, den Jana ihm mit dem Käfig versetzt hatte, und blickte zur Alouette hinüber, die sich rasch von ihnen entfernte. An ihrer Heckreling drängten sich die Männer. Dann blitzte etwas auf, begleitet von einem scharfen Knall. Man schoss auf sie! Doch sie waren schon zu weit entfernt, als dass die Kugel sie noch hätte erreichen können. Und grimmiger Triumph erfasste ihn. Er drohte ihnen mit der Faust, und obwohl er wusste, dass sie ihn nicht würden hören können, brüllte er ihnen einen lästerlichen Fluch nach, in dem fast alle groben Schmähungen vorkamen, die er in den Stallungen vom Falkenhof und in den Wochen auf den Volksfesten aufgeschnappt hatte.
    Jana, die sich zitternd aufgerichtet hatte, schloss sich ihm an, während Unsinn zu ihren Füßen kreischte, was aber mehr dem Umstand zuzuschreiben war, dass er bis zum Bauch im Wasser saß.
    »Wir müssen den Mast aufstellen und das Segel setzen!«, schrie Sadik und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass sie ohne Segel ein hilfloser Spielball der Wellen waren. Im Boot lagen zwar auch zwei Riemen, aber gegen die gewaltige Kraft der Wellen, die sich noch immer meterhoch auftürmten, konnten auch zwei geübte Ruderer wenig ausrichten.
    »Ich komme!«, rief Tobias.
    »Bleib, wo du bist! … Jana, du musst solange die Ruderpinne übernehmen!«
    »Ich habe noch nie ein Boot gesteuert, aber ich werde es versuchen, Sadik!«, schrie sie zurück, und es tat ihr gut, so laut in den Wind zu brüllen. Es befreite sie ein wenig von der ungeheuren Spannung und der Angst, die noch immer in ihr saßen.
    »Du wirst es nicht versuchen, du wirst es machen – und zwar richtig, weil es sonst das Letzte gewesen ist, was du in deinem jungen Leben getan hast!«
    Jana kroch zu Sadik ans Heck. Er übergab ihr das Ruder und zeigte ihr, wie sie das Boot auf Kurs halten musste. Er beschwor sie, so gut es ihr möglich war, darauf zu achten, dass der Bug immer in Windrichtung zeigte. »Stemm dich gut ab und halte dich fest!«
    Dann kämpften Tobias und Sadik mit dem Wind und den Wellen um den Mast. Mehr als einmal schien es, als würden die Naturgewalten die Oberhand behalten. Stehen konnten sie nicht. Sie wären unausweichlich über Bord gegangen, denn das Boot tanzte wie ein Korken auf den Wellen, zumal Jana noch kein Gefühl hatte, wie stark die jeweiligen Ausschläge mit der Ruderpinne sein mussten, um den Kurs zu korrigieren.
    So mussten sie knien, und das war kaum eine ideale Stellung, um auf einem schwankenden Untergrund mit einem Steckmast zu ringen, dem der Wind und die Gesetze der Schwerkraft einen völlig anderen Weg aufzwingen wollten als sie.
    Beinahe wäre er ihren Händen entglitten. Er knallte auf das Dollbord und tauchte mit dem oberen Drittel in die See. Tobias und Sadik hatten das entsetzliche Gefühl, als hätten plötzlich ein dutzend unsichtbare Hände unter Wasser nach ihrem Mast gegriffen, die ihnen das segelumwickelte Rundholz nun entreißen wollten.
    Tobias’ Finger krallten sich um die Leine, mit der das Segel am Mast festgezurrt war, während er sich mit den Knien gegen die Planken stützte. Halb hing er über den Bootsrand hinaus. Sadik schrie ihm eine Warnung zu. Wenn eine Welle sie jetzt auf der anderen Seite querab erwischte, würde er über Bord gehen.
    Sein Gedanke galt jedoch allein dem elenden, störrischen Mast. Wenn er ihnen von der See entrissen wurde, waren sie so gut wie verloren. Denn ständig schwappte Wasser über das Heck ins Boot. Nur wenn es ihnen gelang, den Mast aufzurichten und mit dem Segel Fahrt vor dem Wind zu machen, konnten sie sozusagen auf oder doch zumindest mit den Wellen reiten.
    Mit aller Kraft zerrte Tobias an der Leine, und eher unbewusst drückte Jana die Ruderpinne in diesem Moment nach Backbord, sodass das Boot ein wenig nach Steuerbord

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