Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
Vom Netzwerk:
Weinbau und Keltertechnik aus früheren Zeiten. Erst nach dem nächsten Tor standen sie im eigentlichen Innenhof. Das rechteckige, schmucklose Herrenhaus mit seinen drei Stockwerken – es als Schloss zu bezeichnen, nur weil an einer Giebelseite ein massiv wirkender Rundturm stand, wäre übertrieben gewesen – war direkt an die südliche Mauer gebaut, ebenso wie die kleinen Häuser, die rundherum an der Burgmauer klebten. Sie reichten allerdings nur bis zu dem noch erhaltenen Wehrgang, während Turm und Herrenhaus über die Burgmauer hinausragten. Das gesamte Parterre war fensterlos, erst die beiden Stockwerke darüber hatten Fenster. Wenn ein feindlicher Angreifer früher bis hierher vorgedrungen war, so stand er zwar vor dem Kernstück der Burg, aber um dort hineinzukommen, musste er noch die Eingangstür in dem Rundturm überwinden.
    Voller Bewunderung betrachtete Walcher die Tür und die fast einen halben Meter dicken Eichenbohlen, die zusätzlich noch mit dicken Eisenplatten beschlagen waren. Der ideale Ort für dunkle Geschäfte. Ein junger Mann in blauem Arbeitsmantel kam über den Hof geeilt. Es war der besagte Bertram, dem Johannes folgen durfte. Maurice Delwar machte nur eine lässige Handbewegung und führte dabei Walcher durch das Portal. Sie gingen durch das Treppenhaus im Turm und durch eine weitere wehrhafte Tür. Dann standen sie unvermittelt in dem beeindruckenden Festsaal. Fünfzehn auf dreißig Meter schätzte Walcher die Fläche.
    Der Fußboden war aus Stein, die Wände waren weiß getüncht, und die Decke bestand aus schweren Holzbalken. Auf der Talseite gaben hohe Rundbogenfenster den Blick hinaus ins Land frei. Zwischen den Fenstern hingen die typischen Gemälde mit den lebensgroßen Abbildungen stolzer Männer, vermutlich den Vorfahren der Grafenfamilie. Mitten im Saal stand ein langer und wuchtiger Holztisch, außer ein paar Stühlen an den Wänden das einzige Mobiliar im Raum. Eine entlang der Tischkante ausgerichtete Flaschenreihe und die vielen Gläser hätten jeden zufälligen Besucher vermuten lassen, dass hier wirklich eine Weinverkostung stattfinden würde. Die Kerzen in den drei mehrarmigen Leuchtern brannten, obwohl die Sonne den Saal noch hell erleuchtete. Auf dem Tisch standen auch drei mit Folie abgedeckte Essensplatten, die allerdings ein mehr als bescheidenes Buffet abgaben. Nun gut, relativierte Walcher seine Kritik, die Gäste heute waren ja wohl auch nicht gekommen, um ausgiebig zu speisen. Er zählte 22 Männer, sie standen grüppchenweise zusammen. Einer löste sich aus einer Dreiergruppe und kam auf Walcher zu. Er war klein, vielleicht eins fünfzig, dick, und sein Gesicht ließ ihn eher nach einem Gourmand aussehen als nach einem Gourmet.
    Er strahlte Walcher mit einem herzlichen Lächeln an, umarmte ihn und hieß ihn auf Französisch willkommen. Walchers Französisch war miserabel, deshalb beschränkte er sich auf Floskeln und bat den Comte und dessen Majordomus Maurice, wenn es wichtig würde, zu übersetzen.
    Im Schlepptau des Grafen wurde Walcher der Reihe nach den übrigen Gästen vorgestellt, ganz so, als befänden sie sich in einem Freundeskreis, dessen höchstes Interesse es wäre, sich bei einem Gläschen Wein kennenzulernen.
    Walcher war angestrengt bemüht, sich möglichst alle Namen und die dazugehörenden Gesichter einzuprägen. Er wunderte sich über die Unbekümmertheit, mit der ihm alle Gäste vorgestellt wurden. Was machte diese Leute so sicher, dass sie sich nicht untereinander anzeigten oder ein Maulwurf darunter war, wie er?
    »Mit Gästen aus Frankreich und Monsieur Hoffmann aus Italien sind wir ja beinahe ein internationaler Verein«, begrüßte der Comte nochmals die Runde, erklärte die Regeln und wünschte allen einen erfolgreichen Abend. Maurice zog die schweren Vorhänge vor die Fenster und veränderte dadurch abrupt die Atmosphäre im Saal. Der Kerzenschein verlieh dem Raum etwas Festliches und auch Mystisches, denn die Welt an den Grenzen des Lichts löste sich in der Dunkelheit auf. Wein wurde gereicht, jemand entfernte die Folie von den Essensplatten, und der Comte eröffnete die Verkostung. Leise erklang klassische Musik, etwas Ernstes in Moll, und es hätte ein entspannter Abend werden können, aber Walcher konzentrierte sich auf die Gesichter und wiederholte die Namen dazu, während er ihnen freundlich lächelnd zuprostete. Die meisten der Männer kannten sich offenbar. In ihren teuren Anzügen sahen sie aus wie Banker oder Broker. Sie

Weitere Kostenlose Bücher