Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
gibt es kein Zurück nach Sanforan.«
»Es sind schon seltsamere Dinge geschehen«, gab Rael zu bedenken. »Ich habe einen Freund, er ist ebenfalls Falkner und hat eine wahrhaft unglaubliche Geschichte. Er ist den Bund mit einem Marvenfalken in der freien Natur eingegangen, mitten in der Wildnis ...«
Triel kam zurück, und Rael brach das Gespräch unwillkürlich ab. Die Sorge um den Freund, der eigentliche Grund seiner Reise, war für einen kurzen Moment in den Hintergrund getreten, doch nun kehrte alles umso drängender zurück. Wo mochte Alduin wohl sein? Schweigend aß er die Suppe und das Brot, während Bretta sich ihrem Sohn zuwendete.
Nach dem Essen überredete er Bretta und Triel, ihn zu Fea Lome zu begleiten. Sie stand auf einer saftigen Wiese am Ufer des Flusses - ein einladendes Fleckchen für die drei, sich für einen Moment hinzusetzen.
»Mein Vater wäscht flussaufwärts Gold«, berichtete Triel stolz. »Er sagt, irgendwo oben in den Hügeln an der Quelle des Flusses ist 'ne Ader. Das wird unser Leben gewaltig verändern, meint er!«
Rael warf Bretta einen fragenden Blick zu.
»Es ist eine mühselige Arbeit, aber es gibt schon erste hoffnungsvolle Zeichen, dass der Fluss tatsächlich Goldstaub führt«, erklärte sie. »Vor ein paar Tagen hat Lurd sogar ein paar winzige Körnchen gefunden.«
»Wenn die Neuigkeit sich ausbreitet, wird sich hier alles ändern«, meinte Rael.
»Wir versuchen, es so lange wie möglich geheim zu halten«, antwortete sie. »Auch wenn einige Leute äußerst lose Zungen haben«, fügte sie mit unmissverständlichem Blick auf ihren Sohn gerichtet hinzu.
»Wenn es hier tatsächlich Gold gibt, wird man es früher oder später erfahren«, vermutete Rael. »Das werdet ihr nicht verhindern können.«
»Gewiss«, pflichtete sie ihm bei. »Aber bislang ist es kaum erwähnenswert. Das, was er gefunden hat, ist noch viel zu wenig, und es wäre verheerend, wenn eine Horde Goldsucher über uns herfiele.«
»Dieser Ort würde sich auf jeden Fall verändern«, meinte Rael und nickte zustimmend. Er schaute zu der kleinen Siedlung herüber. So abgeschieden sie auch sein mochte, so kam sie ihm doch plötzlich ungeheuer heimelig vor. Seltsam, wie sich ein erster Eindruck in so kurzer Zeit verändern konnte. Er sah Bretta an und überlegte, welche Rolle sie wohl dabei gespielt haben mochte. Sie hatte sich aus Wildblumen einen Kranz geflochten, den sie sich auf den Kopf setzte. Im Schein der warmen Nachmittagssonne sah sie wie ein unschuldiges Mädchen aus, das zu früh in die Rolle des Erwachsenen gezwungen wurde, und es war dieser Anblick, der Rael direkt ins Herz traf. Es bedurfte einiger Mühe, all die Wünsche und Sehnsüchte zu unterdrücken, die in ihm aufstiegen und die doch nirgendwohin führen konnten.
Um sich abzulenken, nahm er Verbindung mit seinem Falken auf. Sivella flog weit ins Land hinein über die grasbewachsenen Ebenen. Etwas am Rand eines fernen Gehölzes erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie hielt darauf zu, und Rael erkannte einen schlichten, aus dünnen Ästen und Soden gebauten Unterschlupf, der verlassen wirkte. Er ermunterte Sivella hineinzufliegen. Es dauerte nicht lange, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die wenigen, ordentlich in den Ecken verstauten Gegenstände verrieten nichts über die Bewohner, doch sah es so aus, als ob sie zurückkehren würden. Rael schien es, dass diese Ebene sehr der Stelle glich, an der Sivella Erilea gefunden hatte. Vielleicht war es sogar ihr Unterschlupf. Eigentlich konnte sich Rael nicht recht erklären, weshalb sie einen Ort gewählt haben sollte, der so weitab von ihrem Stamm lag.
Es lohnte sich auf jeden Fall, sich dort einmal etwas genauer umzusehen, sobald er mit der Fähre übergesetzt hatte. Er rief Sivella zurück. Eine Zeit lang blieb er noch bei ihr und genoss das berauschende Gefühl des Fliegens. Nach einer Weile brach er die Verbindung ab und öffnete die Augen. Triel beobachtete ihn gebannt.
»Mutter behauptet, Ihr seid gerade mit Eurem Falken geflogen«, sagte er. »Stimmt das?«
»Ja. Sivella ist hierher unterwegs«, erklärte Rael.
»Verratet Ihr mir, wie das ist?«, bat Triel wehmütig. »Bitte!«
»Triel, lass den Falkner in Ruhe«, rief Bretta herüber und bedachte Rael mit einem flehenden Blick.
»Wie war es, als Ihr zum ersten Mal den Bund eingegangen seid?«, bohrte Triel weiter, ohne seine Mutter zu beachten. »Wie war Euer erster Flug?«
Rael fühlte sich hin und her
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