Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
ein Löffel, Mylord, kein Teller. Und er war nicht einmal aus Silber.«
»Dreißig Silberstücke«, murmelte er und starrte ins Leere.
»Verzeihung, Mylord?«
Er bedachte mich mit einem unheilvollen Blick und starrte ins Feuer. Bis auf das Knacken der Kohlen und das Trommeln seiner Finger auf dem alten Lederpult war es still. Abrupt brach er die Stille.
»Das ist jetzt nur für Eure Ohren bestimmt. Wir haben den König.«
Impulsiv trat ich vor. »Gratulation, Mylord!«
Er winkte ab und runzelte die Stirn. »Nun, es ist mehr als das. Leider. Darauf komme ich noch.« Doch er konnte seine überschwängliche Ausgelassenheit nicht verbergen, und seine Miene erhellte sich.
»Wisst Ihr, wie wir Seine Majestät bekommen haben? Wir haben ihn gekauft! So gut wie. Er wollte einen Handel mit den Schotten abschließen, aber dann hätte er ihre Religion annehmen müssen. Charles liebt die Rührigkeit seiner anglikanischen Rituale, und in den feuchten Kirchen da oben ist er bis auf die Knochen durchgefroren und hat sich beinahe zu Tode gelangweilt mit den miesepetrigen Haarspaltereien.«
Er nahm den Wein und – das war noch nie vorgekommen – schenkte auch mir davon ein. Lebhaft sprang er auf, fast wieder ein junger Mann.
»Warwick saß dort. Der Geldsack Bedford dort – was steht Ihr herum wie ein Idiot, Bursche? Setzt Euch! Setzt Euch! O, natürlich haben wir die schottische Armee dafür bezahlt, dass sie abzieht. Dem Anschein nach für die erbrachten Dienste – weil sie uns zu Hilfe gekommen sind. Man kauft schließlich keinen König, nicht wahr?«
Er setzte ein schockiertes Gesicht auf, dann lachte er. »Die habgierigen schottischen Kesselflicker wollten fast eineinhalb Millionen Pfund! Für einen König! Einen besiegten König. Wir haben sie runtergehandelt auf vierhunderttausend. Vierhunderttausend!« Lord Stonehouse ließ sich die Zahl auf der Zunge zergehen, als prüfe er den Geschmack des Weins. »In zwei Raten.«
Nie zuvor hatte ich ihn so lebhaft gesehen. Er leerte sein Glas und stellte sich ans Feuer. »Die Fischweiber von Newcastle haben den Schotten faule Heringe hinterhergeworfen, als sie abzogen, und sie als ›Judasse‹ beschimpft. Ich habe eine Schiffsladung Kohlen gekauft. Die wärmsten Kohlen, die ich je verbrannt habe.«
Er trat in das Feuer, ohne die glimmenden Kohlen zu bemerken, die seine Stiefel ansengten. Flammen beleuchteten sein Gesicht, und die Adlernase, die sich im Familienwappen des Falken widerspiegelte, trat scharf hervor. Einen Moment lang verbargen die Schatten seine Jahre, stolz stand er da, voller Glauben an sich selbst, so wie er dagestanden haben musste, nachdem er auf seinem prachtvollen Landsitz Highpoint Einzug gehalten hatte. Doch als das Feuer höher brannte, kehrten die Falten in sein Gesicht zurück, und er nahm wieder eine leicht gebeugte Haltung ein.
»Jetzt haben wir ihn verloren.«
»Den König? Der König ist geflohen?«
»Nein, nein. Aber es ist fast genauso übel. Holles und seine Presbyterianer haben ihn. Er steht in Mittelengland unter Hausarrest. In Holdenby House, Northhamptonshire, bewacht von einem von Holles’ presbyterianischen Regimentern.«
»Alle Vereinbarungen mit dem König müssen vom Parlament bestätigt werden!«
Er warf mir einen düsteren Blick zu. »Und wer kontrolliert das Parlament?«
Ich schluckte meinen Wein herunter. »Wir müssen die Debatte gewinnen. Dafür haben wir gekämpft. Fürs Parlament.«
»Für die Meinung der Mehrheit?«
»Ja.«
»Alles gut und schön.« Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. »Solange die Mehrheit auf Eurer Seite ist.« Er öffnete eine Schublade, die zweimal abgeschlossen war, diejenige, die ich seine Schublade mit den schmutzigen Tricks nannte. »Nicht die Debatte zählt, sondern das, was man vorher zutage fördern kann. Ich muss herausfinden, was Holles vorhat. Ich hatte einen Informanten ziemlich weit oben in seinem inneren Kreis. Leider habe ich ihn verloren. Ich denke, Ihr seid der richtige Mann, um ihn wieder ins Boot zu holen.«
Es lief wesentlich besser, als ich befürchtet hatte. Gleichwohl beobachtete ich ihn misstrauisch, als er ein dickes Bündel Papiere hervorholte. Was genau bedeutete, »ihn wieder ins Boot zu holen«? Das Letzte, was ich wollte, war, in Lord Stonehouse’ zwielichtiges Netzwerk von Spionen und Informanten hineingezogen zu werden. Ich wollte Holles besiegen, vielleicht sogar überzeugen, aber durch Argumente, nicht durch schmutzige Tricks.
»Ich werde tun,
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