Fallen Angel 07 Tanz der Rose
schwebend. Mein Mann James saß an meinem Bett und hielt meine Hand - und Tränen liefen ihm über die Wangen. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Unsere Ehe war zwischen den Elternpaaren abgesprochen worden, aber wir kamen gut miteinander zurecht. « Ein verschmitztes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Sogar im Bett... Trotzdem hatte ich bis dahin nicht gewußt, daß James mich liebte, denn romantische Worte waren nicht sein Fall. Jetzt sah ich diese Liebe - sie umgab ihn wie ein Strahlenkranz, und es war dasselbe gleißende Licht, das von dem Kristalltempel ausstrahlte. « Sie runzelte die Stirn. »In diesem Moment begriff ich, daß ich selbst entscheiden konnte, ob ich in jenen Garten oder aber zu meiner Familie zurückkehren wollte. «
Stephen betrachtete sie verständnislos. »Diese Entscheidung dürfte Ihnen doch nicht schwergefallen sein, oder? «
»Ob Sie es glauben oder nicht - es war die schwierigste Entscheidung meines Lebens. Ich hatte mich nie so glücklich und geborgen gefühlt wie in jenem Garten. Umgeben von Menschen, die ich geliebt hatte, gab es dort so viel zu lernen. Aber ich wußte, daß meine Familie mich brauchte und daß der Garten mir auch später offenstehen würde. Ich berührte James - und auf einmal lag ich wieder in meinem Bett, verschwitzt und fiebrig, und der Arzt sagte mir, ich sei drei Tage bewußtlos gewesen. «
»Dann war alles also nur ein Traum? « murmelte Stephen enttäuscht.
»Ich wußte, daß Sie mir nicht glauben würden. « Lady Westley zuckte die Achseln. »Natürlich hört sich das alles unsinnig an, aber jener Garten läßt sich mit dem, was wir Vernunft nennen, eben nicht erklären. Allerdings habe ich meinen Mann später gefragt, ob er weinend an meinem Bett gesessen habe, und er hat es mit hochrotem Kopf zugegeben. Woher hätte ich das wissen sollen, wenn ich bewußtlos war - es sei denn, ich schwebte wirklich im Raum. «
Stephen dachte, daß sie ihren Mann vielleicht einfach im Delirium gesehen und es später vergessen hatte, doch er hatte nicht die Absicht, ihren Glauben an diese tröstliche Vision zu zerstören. »Haben Sie jemals bedauert, in Ihren Körper zurückgekehrt zu sein? «
»Zweimal, glaube ich - als wir Sophia verloren und vor zehn Jahren, als James starb. « Ein strahlendes Lächeln verklärte ihr Gesicht. »Aber bald werde ich mit ihnen vereint sein. «
Vielleicht würde sie all die Menschen, die sie geliebt hatte, wirklich Wiedersehen, doch das Tor zu jenem himmlischen Garten ließ sich offenbar nur mit dem Schlüssel des Glaubens öffnen, und deshalb würde ihm selbst ewige Dunkelheit beschieden sein.
Eine Wolkenbank schob sich vor die Sonne, und die Luft wurde kalt. »Ich sollte Sie jetzt lieber zurückbringen, bevor Sie sich erkälten«, sagte er nüchtern. »Ihre versammelte Sippschaft wird mich in den Fluß werfen, w enn ich nicht gut auf Sie aufpasse. «
Ihr Blick ruhte lange auf ihm, so als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Auch wenn Sie mir nicht glauben, werden Sie feststellen, daß es ein Leben nach dem Tod gibt. «
Er beneidete sie glühend um ihre Gewißheit. »Hoffentlich haben Sie recht. « Impulsiv küßte er ihre faltige Wange. »Doch selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, war es ein Vergnügen, Sie näher kennenzulernen, Lady Westley. Ich kann nicht beurteilen, ob Rosalind ihrer Mutter gleicht, aber sie gleicht Ihnen im Wesen, und das ist ein großes Kompliment für Sie und Ihre Enkelin. «
Doch leider hatte ihm auch diese sympathische alte Dame keine befriedigenden Antworten auf die Fragen geben können, die ihn in letzter Zeit unablässig beschäftigten.
30. Kapitel
Das Mittagessen bei den Westleys zog sich bis zum Spätnachmittag hin, und Rosalind wäre vielleicht noch länger geblieben, wenn ihr nicht plötzlich aufgefallen wäre, wie müde Stephen aussah, der sich mit ihrem Onkel Richard unterhielt. Schuldbewußt nahm sie Abschied von ihren Verwandten, und kurz darauf saßen sie in ihrer Kutsche.
»Das war viel erfreulicher, als ich erwartet hatte«, lächelte Rosalind zufrieden. »Du hattest recht, Stephen -ich kann mich glücklich schätzen, mehrere Familien zu haben. Vielleicht werde ich eines Tages auch noch meine französischen Verwandten kennenlernen. «
»Ich habe mit Lord Westley über sie gesprochen«, berichtete Stephen. »Er sagte, dein Cousin ersten Grades -er heißt Philippe St. Cyr, wie dein Vater - habe an der Seite der Royalisten gekämpft und den Grafentitel samt Besitz beansprucht,
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