Fallen Angels 03 - Der Rebell
nicht, warum ich überlebt habe. Aber der Mann, er hat mir geholfen. Er ist ein alter Freund …«
Reilly achtete sorgfältig darauf, dass ihre Miene sich nicht im Geringsten veränderte. »Ein alter Freund? Sie kennen ihn?«
»Gleich und gleich erkennt sich eben.«
Während ihr noch ein kalter Schauer über den Rücken rieselte, hob Kroner eine Hand hoch, um sie am Sprechen zu hindern. »Moment – ich soll Ihnen etwas sagen.«
»Und was wäre das?«
Die Verbände auf dem Gesicht zerknautschten, als zöge er eine Grimasse, und er griff sich mit einer Hand an den Kopf. »Ich soll Ihnen ausrichten …«
Da er sie überhaupt nicht kannte, war das unmöglich. »Mr Kroner …«
»Sie hatte lange, blonde Haare. Glatte, lange, blonde Haare …« Er atmete mühsam ein und klopfte sich gegen die Schläfe, als hätte er Schmerzen. »Er kommt über die Haare nicht hinweg … diese blonden Haare mit dem Blut darauf. Sie ist in der Wanne gestorben – aber dort ist ihre Leiche nicht.« Kroner wälzte den Kopf auf dem Kissen hin und her. »Gehen Sie zum Steinbruch. Da ist sie. In einer Höhle … Sie müssen tief hinein, um sie zu finden …«
Reillys Herz pochte wie wild. Das Thema ihres Verhörs sollte eigentlich auf den Abend des Angriffs beschränkt bleiben, aber sie würde auf keinen Fall hier abbrechen. Und Kroner konnte unmöglich wissen, dass Cecilia Barten ein Fall war, an dem sie arbeitete.
»Von wem sprechen Sie?«
Kroner ließ den Arm sinken, plötzlich changierte seine Hautfarbe eher ins Graue. »Die aus dem Supermarkt. Das soll ich Ihnen erzählen … sie will, dass ich es Ihnen erzähle. Mehr weiß ich nicht …«
Unvermittelt begann er zu zittern, das Beben in seinem Oberkörper verstärkte sich, bis er rücklings ins Kissen fiel und die Augen verdrehte.
Reilly sprang auf und drückte die Ruftaste. »Wir brauchen hier Hilfe!«
Aus seinem Krampfanfall heraus packte Kroner plötzlich ihr Handgelenk, seine ruchlosen Augen leuchteten. »Sagen Sie ihm, sie hat gelitten … Er muss wissen, dass … sie gelitten hat …«
Siebenundzwanzig
Drüben in der Asservatenkammer des Präsidiums durchsuchte Veck Kroners komplette Sammlung, prägte sich Schnappschüsse der Objekte ein. Leider passte nichts, was er auf den Fotos bei den Bartens gesehen hatte, zu den Schmuckstücken und anderen Dingen.
Schließlich trat er zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Mist.«
»Es gibt noch mehr«, sagte Joe. Ohne von seiner Beschäftigung aufzublicken, zog der Kriminaltechniker die Abdeckung von den Sachen, die noch nicht katalogisiert worden waren.
Veck nahm einen Schluck von seinem inzwischen kalten Kaffee und beugte den Oberkörper vor. Natürlich durfte er nichts anfassen, weshalb es gut war, dass alles schön nebeneinander aufgereiht worden war. Noch mehr Schmuck … noch mehr Haargummis mit einzelnen schwarzen und braunen und rosa …
Sein Handy klingelte, und er drehte sich weg und hob ab. »DelVecchio. Ja, genau … mhm … genau, das bin ich …«
Es war die Personalabteilung, die seine Angaben überprüfte, ehe sie seinen ersten Gehaltsscheck freigab. Während er mit ihnen durch den Fragenkatalog hastete, dachte er: Nichts für ungut, aber er hatte wirklich Besseres zu tun.
Endlich konnte er auflegen und drehte sich erneut zu dem Tablett um. Er war so sicher gewesen, dass Sissy Kroner in die Hände gefallen war. Verdammt noch mal …
In Joes Latexhand blitzte etwas auf, das er gerade unters Mikroskop legte.
Es war ein Ohrring. Ein kleiner, vogelartiger Ohrring. Wie eine Taube oder ein Spatz.
»Darf ich das mal sehen?«, bat Veck heiser.
Doch selbst aus der Entfernung erkannte er schon, was es war … von dem Bild im Bücherregal der Bartens, der Nahaufnahme, auf der Sissy nicht gewusst hatte, dass sie fotografiert wurde. Da hatte sie so einen Ohrring getragen.
Vielleicht sogar genau denselben.
Erneut klingelte sein Handy, als Joe gerade das Beweisstück hochhielt.
Ein Blick aufs Display sagte Veck, dass Reilly anrief, und er hob sofort ab. »Das glaubst du nie – ich habe hier Sissy Bartens Ohrring vor mir.«
»Unter Kroners Sachen.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
Veck runzelte die Stirn. Ihre Stimme klang völlig falsch. »Alles in Ordnung? Was ist bei Kroner passiert?«
Sie zögerte kurz. »Ich …«
Veck entfernte sich ein paar Schritte von Joe und stellte sich mit dem Rücken zu ihm in die Ecke. Mit gedämpfter Stimme fragte er: »Was ist passiert?«
»Ich glaube, er hat
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