Fallen Angels 03 - Der Rebell
fuhr de la Cruz fort, »die Bails auf die Schliche gekommen ist, meine ich. Wir glauben, dass er sie deshalb überfallen hat. Sie hat ihn auf der Fanseite Ihres Vaters auf diesem Facebook gefunden. Und dann hat sie etwas über Ihre Vergangenheit recherchiert, worüber Bails sie angelogen hatte – mit ein bisschen Unterstützung von einem Dritten.«
Dem dunklen Flackern in den Augen des Kommissars nach zu urteilen, war nicht schwer zu erraten, welche Rolle er in der Sache gespielt hatte.
»Danke«, sagte Veck leise.
Lässiges Achselzucken. »Ich weiß davon natürlich nichts.«
»Natürlich.«
»Auf dem Weg hierher habe ich bereits Reillys Eltern angerufen. Damit sie Bescheid wissen, dass sie ins St. Francis gebracht wird.«
»Das ist sehr gut.« Dann musste er sie nicht behelligen. »Wollen Sie mich vernehmen?«
De la Cruz sah ihn mit müden Augen an. »Ich möchte Sie ins Krankenhaus bringen. Sie zittern, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen sein sollte.«
»Ehrlich?«
»Jetzt kommen Sie schon, im St. Francis wartet ein Stethoskop auf Sie …«
»Reilly muss mich jetzt nicht sehen. Oder überhaupt jemals wieder.«
»Finden Sie nicht, dass sie das selbst entscheiden sollte?«
Nicht im Geringsten. Es gab einfach zu viel, was nicht erklärt werden konnte – und dieses Informationsvakuum hatte nichts mit Feenstaub oder Einhörnern oder Kobolden zu tun. Es ging hier um Dämonen und das Böse und doppelte Schatten. Um das, was er sein Leben lang im Spiegel gesehen hatte. So etwas sollten die Menschen, die man aufrichtig liebte, nicht mal aus Büchern kennen, geschweige denn erleben.
»Was dagegen, wenn wir in Ihr Auto steigen? Ich glaube, Sie haben recht, ich friere mir plötzlich den Arsch ab.«
»Sicher doch, gehen wir.«
Prima Plan. Leider verkrampften sich Vecks schwere Beinmuskeln, als er losgehen wollte. Die Milchsäure, die sich bei seinem Sprint den Abhang hinauf angesammelt hatte, behinderte ihn nicht nur beim Laufen, sondern testete auch seine Schmerzgrenze auf unangenehme Weise aus.
»Tun die Beine weh?«, fragte de la Cruz, als er das Humpeln bemerkte.
»Nö, die fühlen sich super an.«
De la Cruz lachte. »Wie gesagt, Sie müssen ins Krankenhaus.«
»Es gibt nichts, was man mit ein bisschen Gymnastik und ein paar Ibuprofen nicht wieder kurieren könnte. Bringen Sie mich einfach nach Hause, ja?«
Sie stiegen in den Wagen, de la Cruz ließ den Motor an und drehte sofort die Heizung voll auf. Was Vecks inneren Eiszapfen irgendwie noch verschlimmerte.
»Scheiße«, murmelte er und verschränkte die Arme.
»Kein Wunder, dass Sie nicht mit dem Motorrad zurückfahren wollen.«
»Hä?«
De la Cruz legte den Gang ein, fuhr um die erste Kurve … und da stand Vecks Maschine. Ordentlich am Rand geparkt.
»Halten Sie mal kurz«, sagte Veck schroff. »Ich will den Schlüssel holen.«
»Sie waren wohl ein bisschen abgelenkt, als Sie ankamen.«
»Das könnte man so sagen.«
Als Veck ausstieg, linderte der kalte Windstoß das Gefriertruhengefühl in seinen Knochen – was vermutlich bedeutete, dass er schon im Bereich einer Unterkühlung war –, und um den anderen Mann vor der Kälte zu schützen, schloss er die Tür.
Tatsächlich, der Schlüssel steckte.
»Nette Geste, Heron«, flüsterte er und sah sich im Gebüsch um.
Etwas weiter links erhellte ein weiches Leuchten die knospenden Bäume.
Veck holte tief Luft. »Ach, da bist du. Ich dachte, du hättest dich klammheimlich aus dem Staub gemacht.«
»Das ist normalerweise mein Ansatz.« Heron trat aus den Büschen hervor, und Veck bemerkte einen struppigen kleinen Hund, der neben ihm herhumpelte. »In deinem Fall mache ich aber mal eine Ausnahme.«
»Was bin ich doch für ein Glückspilz.« Veck milderte seine Bemerkung durch ein schiefes Lächeln ab. »Ist das dein Hund?«
»Eigentlich gehört er jedem.«
Veck nickte, obwohl es keine Frage zu beantworten gab. »Ich glaube, ich muss mich bei dir bedanken.«
»Aber nicht doch. Wie ich vorher gesagt habe, es lag alles bei dir, Kumpel.«
»Und ich denke mal, ich habe bestanden. Die Sache mit dem Scheideweg.«
»Das hast du. Mit Bravour.« Der Engel streckte ihm seine Zigaretten hin. »Kippe?«
»Danke, lieber Gott.« Veck zog eine aus der Packung und beugte sich über Herons Feuerzeug. »Oh Mann, das ist besser als eine Daunenjacke.«
»Ja, nimm’s mir nicht übel, aber deine Lippen sind blau.«
»Das ist nur die Schminke. Ich wollte mich für dich hübsch machen.«
Heron
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