Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
draußen nur darauf wartet, ihn zu retten«, sagte der Sklavenhändler. »Die Schuldnersklaven sind die schlimmsten. Jeder von ihnen glaubt, dass jemand ihre Schulden für sie bezahlt.« Er schüttelte den Kopf. »Es gibt da draußen niemanden für dich, Weib. Also vergehe nicht vor Gram, so sehr du dir auch wünschst, es wäre anders.«
Arkady wollte etwas sagen, ließ es dann aber bleiben. Dieser Mann handelte mit Menschenfleisch und verdiente seinen Lebensunterhalt damit. Ihr kam der Gedanke, dass es ihr Todesurteil bedeuten könnte, wenn sie ihn wissen ließ, wie wertvoll sie für ihre Feinde war. Was, wenn sie ihm erzählte, wer sie wirklich war, und er, statt nach Tiji zu suchen, einen Agenten von Jaxyn informierte?
Sie zuckte die Achseln. »Man darf doch träumen, oder?«
Der Sklavenhändler schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Nicht, wenn du überleben willst.«
Nach dieser unheilvollen Prophezeiung läutete er mit einer Glocke auf seinem Schreibtisch - vermutlich, um eine Wache herbeizurufen, die sie wegbringen sollte - und widmete sich wieder dem Hauptbuch. Arkady verbeugte sich unaufgefordert, hob dabei ihre Kleidung auf und streifte sie beim Aufrichten rasch über. Der Sklavenhändler schien es weder zu bemerken, noch interessierte es ihn. Er war den Anblick von nacktem menschlichem Fleisch so sehr gewöhnt, dass er die Leben, mit denen er Handel trieb, mit nichts anderem als seinem elenden Kontenbuch in Verbindung brachte.
Es war schon dunkel geworden, als Arkady vom Arbeitszimmer des Sklavenhändlers in ihre Zelle gebracht wurde, allerdings über einen Umweg, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Es war ein anderer Aufseher als zuvor, der sie abholte und durch das von Fackeln beleuchtete Gelände zu einem eingezäunten Bereich führte, der wie eine Schmiede aussah. Noch ehe sie ganz begriff, was vor sich ging, packte der Aufseher ihren Arm und zog sie zur Esse.
Der Schmied arbeitete gerade an einem Satz Fußketten, legte die Schellen aber beiseite, als er den Aufseher und seine Gefangene erblickte. Arkady begann sich heftig zu wehren, als sie sich dem lodernden Feuer näherten. Das erste Mal, seit sie sich auf diese Reise eingelassen hatte, verspürte sie wirklich gähnende, nackte Angst.
»Neuzugang?«, fragte der Schmied und spuckte gleichgültig auf den Fußboden. Er nahm einen Lappen, wickelte ihn um seine Hand
und wandte sich der Esse zu, um eine lange, rot glühende Metallstange herauszuziehen, die dort im Feuer lag.
»Nein!«, schrie Arkady, als sie das Brandeisen sah. »Bei allen Gezeiten! Das kann nicht euer Ernst sein!«
Aber genau das war es. Auch der Schmied trug das Brandzeichen der Sklaverei mit den verbundenen Kettengliedern auf der Brust. Sie alle hatten dies über sich ergehen lassen müssen und gedachten nicht, es ihr zu ersparen.
Er stellte sich mit dem Brandeisen vor Arkady, während der Aufseher sie von hinten packte und an den Armen festhielt, sodass sie nicht fliehen konnte. Das rot glühende Metall zog einen leichten Funkenregen hinter sich her, als der Schmied das Eisen auf sie richtete.
Der Schmied zog ihr Gewand beiseite und entblößte ihre rechte Brust. Arkady wehrte sich noch heftiger. Der Aufseher drehte ihr die Arme nach hinten. Sie schrie auf, doch es zeigte sich, dass er ihr gar nicht wehtun wollte. Ganz im Gegenteil.
»Hör auf damit!«, befahl er ungeduldig. »Wenn du zappelst, trifft er nicht, und das Brandzeichen landet in deinem Gesicht.«
Er hatte natürlich recht, und wenn er das hier schon einige Male gemacht hatte, sprach er vermutlich aus Erfahrung. Arkady zwang sich, mit dem Sträuben aufzuhören und ihre Panik unter Kontrolle zu kriegen. Mit tränenden Augen sah sie den Schmied näher kommen. So nah, dass sie jede einzelne Pore auf seiner verschwitzten Stirn zählen konnte; so nah, dass sie den Gestank seines ungewaschenen Körpers riechen konnte.
Im letzten Augenblick drehte sie ihr Gesicht weg, von Entsetzen gepackt und unfähig, hinzusehen.
Arkadys Schrei zerriss die Nacht, als das Eisen sich in ihr Fleisch brannte. Der üble Geruch von verbranntem Fleisch drehte ihr den Magen um und ließ sie würgen. Schmerz schoss ihr durch den ganzen Körper, als wäre ein Blitz in sie gefahren. Der Aufseher hielt sie fest, seltsam mitfühlend, und raunte ihr nutzlose Beruhigungen ins Ohr, die den Schmerz kein Stück dämpften.
Nach einem Augenblick - der sich allerdings anfühlte wie lebenslange Qual - zog der Schmied das Eisen weg. Dann schmierte er
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