Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
mit einem Sterblichen schlief, gab es keinen Grund, warum sie nicht guter Hoffnung sein könnte, dachte er.
Vielleicht ist das ihr Plan. Vielleicht haben sie vor, Mathu zu töten und dann zu verkünden, dass Kylia den nächsten Thronerben erwartet?
Doch das schien eine sehr umständliche Vorgehensweise, selbst für einen Gezeitenfürsten.
Er würde es früh genug herausfinden. Und das Schlimme dabei war, Warlock konnte gar nichts tun, um Jaxyn davon abzuhalten, zu tun, was immer er vorhatte. Declan Hawkes hatte ihn gewarnt, dass man ihn vielleicht auf die Probe stellen würde, um sicherzugehen, dass er kein Ark war. War es heute so weit? Bestand seine Prüfung darin, tatenlos zuzusehen, wie ein Gezeitenfürst den Kronprinzen von Glaeba ermordete?
Muss ich einen Mord mit ansehen, um zu beweisen, dass ich ein loyaler Sklave der Unsterblichen bin ?
War es das, was Declan Hawkes von ihm erwartete? Einfach dabeistehen und zusehen?
Aber er ist der Erste Spion des Königs. Es ist doch sicher Teil seiner Aufgaben, den Kronprinzen vor Schaden zu bewahren ?
Aber vielleicht bildete Warlock sich ja nur etwas ein. Womöglich hatte Jaxyn wirklich nichts anderes vor als das, was er angekündigt hatte - nach oben gehen, den Prinzen wecken, ihm beim Ankleiden behilflich sein, ihn warnen, dass sein Vater verstimmt war, und dann mit ihm zur Barke hinausrudern, um mit König und Königin einen angenehmen Tag auf dem See zu verbringen ...
Aber den Blick, den Jaxyn und Diala einander zugeworfen hatten, hatte Warlock sich eindeutig nicht nur eingebildet.
Mit einer Gewissheit, die fast schon einer unheilvollen Vorahnung gleichkam, wusste er, dass am heutigen Tag jemand sterben würde.
Und nicht zu wissen, was er dagegen tun konnte oder sollte, peinigte Warlock auf dem Weg zum Palast wie ein offenes Geschwür.
Ist es das, wozu ich mich verpflichtet habe?, fragte er sich und starrte Jaxyns Hinterkopf an, als läge die Antwort irgendwo vor ihm. Einfach dabeistehen und keinen Finger rühren, um den Tod eines unschuldigen jungen Mannes zu verhindern, weil die höheren Zusammenhänge wichtiger sind als sein Leben?
Und was war mit den Crasii? Wie würde es seinem eigenen Volk, den Sklaven von Amyrantha, helfen, wenn er sich zum Komplizen eines solchen Verbrechens machte?
Es würde ihnen überhaupt nicht helfen, erkannte er und seufzte.
Aber selbst wenn er es wollte, und selbst wenn Jaxyn gerade wirklich in den Palast zurückging, um Prinz Mathu zu ermorden, konnte Warlock nichts tun, um ihn davon abzuhalten. Wenn er auch nur den Versuch machte, ihn daran zu hindern, würde er genauso enden wie der arme Prinz Mathu.
Das erste Mal, seit man ihn in die geheime Bruderschaft des Tarot aufgenommen hatte, begann Warlock zu begreifen, welche Tragweite die Frage von Declan Hawkes gehabt hatte, ob er sich der Aufgabe wirklich gewachsen fühlte.
Dies ist meine Prüfung. Es geht nicht darum, den Befehl eines Gezeitenfürsten zu befolgen, damit sie nicht merken, dass ich ein Ark bin. Bei dieser Prüfung geht es darum, zu sehen, ob ich trotz allem die Kraft habe, weiter durchzuhalten.
Das, erkannte er, war der größere Zusammenhang. Von dem Augenblick an, als Jaxyn und Diala ihre machthungrigen Blicke auf Glaeba gerichtet hatten, war die königliche Familie zum Untergang bestimmt gewesen. Und wenn sie erst die Macht ergriffen hatten, musste die Bruderschaft wissen, was die beiden Unsterblichen weiter im Schilde führten. Dann wurde er wirklich gebraucht.
Und welche Wahl habe ich schon? Wenn ich mich Jaxyns Befehlen widersetze, rief sich Warlock ins Gedächtnis, wenn ich mir auch nur anmerken lasse, dass ich mit seinen Taten nicht einverstanden bin, ja wenn ich auch nur das Gesicht verziehe, bin ich tot.
Nun betraten sie den Palast. Warlock zitterte vor Angst. Er musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Jaxyn brauchte nur einmal kurz über die Schulter zu sehen, um zu erkennen, dass der Crasii wegen irgendetwas ganz außer sich war. Und wenn er das merkte, war Warlock ein toter Hund.
Du schaffst das, sagte sich Warlock mit einer Zuversicht, die er nicht empfand. Du kannst das durchziehen.
Warlock zwang seine Rute etwas höher, um sorglos und unbeschwert zu wirken, und eilte Jaxyn ins untere Atrium nach und zu den Treppen, die hinauf zu den Privatgemächern der königlichen Familie in den oberen Stockwerken des Palastes führten. Was der Gezeitenfürst im Schilde führen mochte, verstörte ihn zutiefst.
24
Arkadys nächstes Treffen
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