Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
mit Chintara ergab sich schon wenige Tage, nachdem Tiji ihr die beunruhigende Neuigkeit aus Glaeba überbracht hatte, dass Declan Hawkes die kaiserliche Gemahlin im Verdacht hatte, die Unsterbliche Kinta zu sein.
Sie war wegen des bevorstehenden Treffens lange nicht so nervös, wie sie gedacht hätte. Vielleicht weil sie mit der kaiserlichen Gemahlin bisher immer so gut ausgekommen war. Vielleicht lag es auch daran, dass sie wusste, Kinta war zwar unsterblich, aber keine Gezeitenfürstin, die in ihrem Zorn einen Weltuntergang auslösen konnte. Oder vielleicht bedeutete es einfach, dass sie im Umgang mit Gezeitenfürsten allmählich abgebrüht war. Dieser Gedanke brachte Arkady zum Schmunzeln, als sie durch das Lochmuster in der vorderen Kutschenwand spähte. Dann wandte sie sich zu dem kleinen Chamäleon um.
»Was soll ich also tun?«, fragte sie und hob ihren Schleier, um die Crasii ohne Behinderung ansehen zu können.
»Bleibt lange genug im Eingang stehen, dass ich hinter Euch hineinschlüpfen kann, bevor sie die Tür wieder schließen«, erwiderte Tiji. »Und wenn Ihr dafür sorgen könntet, dass niemand die Tür beachtet, wäre das auch von Vorteil. Es ist schwierig, getarnt zu bleiben, wenn ich mich bewege.«
»Und wenn wir drin sind?«
»Dann vergesst mich, Euer Gnaden.«
Arkady runzelte die Stirn. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie diese seltsame junge Crasii in schreckliche Gefahr brachte. Sie fühlte sich verantwortlich dafür, sie dort auch heil wieder herauszubringen. »Kann ich nicht noch etwas tun, um dir zu helfen?«
Tiji schüttelte den Kopf. Unbefangen ließ sie sich ihren dünnen Leinenkittel von den Schultern gleiten und legte ihn neben sich auf die Sitzbank.. Arkady versuchte, nicht aufdringlich hinzustarren, aber das war nicht einfach. Das nackte Chamäleon war menschenähnlich gebaut, aber seine schuppige Silberhaut und das völlige Fehlen von Körperbehaarung verliehen ihm ein recht fremdartiges Aussehen.
Tiji schien zu wissen, was Arkady dachte. »Das ist meine Aufgabe, Euer Gnaden. Ich mache das ständig. Und wenn ich sage, vergesst, dass ich da bin, dann meine ich das auch so. Ihr verratet uns bloß, wenn Ihr Euch ständig im Raum umseht, um mich zu finden.«
»Wird Kinta dich nicht spüren können?«
»Wir wissen noch nicht einmal genau, dass es wirklich Kinta ist, Euer Gnaden.«
Arkady lächelte. »Wird Lady Chintara dich nicht spüren können?«
»Nicht mehr als jeden anderen Crasii.«
»Und wenn sich herausstellt, dass Declans Befürchtungen zutreffen?«
»Dann schicken wir Nachricht nach Glaeba, Euer Gnaden, und warten ab, was die Bruderschaft dazu sagt, bevor wir irgendetwas unternehmen.«
Das klang vernünftig. Arkady war erleichtert. Sie wusste nicht genau, was sie tun würde, wenn man ihr auftrug, erneut eine Unsterbliche zur Rede zu stellen, auch wenn die Betreffende einen noch so freundlichen und umgänglichen Eindruck machte. »Wie kommst du zurück zur Gesandtschaft?«
»Ich finde schon einen Weg.«
»Ich könnte doch eine Kutsche schicken ...«
Tiji war sichtlich erheitert. »Sicher. Eine Kutsche mit dem glaebischen Wappen, die vor dem kaiserlichen Palast wartet, ist ja auch völlig unverdächtig.«
»Ich könnte doch eine Mietkutsche schicken«, sagte Arkady.
Die kleine Crasii lächelte zwar, schien aber völlig überzeugt, keinerlei Hilfe zu benötigen. »Ich weiß das Angebot zu schätzen, ehrlich, Euer Gnaden, aber ich habe solche Sachen schon öfter gemacht. Glaubt mir, ich komme allein nach Hause.«
Arkady musterte die kleine Crasii. Woher nahm sie nur diese Gewissheit? Sie wirkte so klein, so zerbrechlich. Ihre langen, schlanken Glieder waren von natürlicher Grazie, aber doch so zierlich. »Schickt Declan dich häufig auf solche Missionen?«
»Für solche Missionen bin ich geschaffen, Euer Gnaden. Und wenn man es recht bedenkt, gibt es sonst nicht so viel, wozu ein Chamäleon-Crasii taugt.«
»Ist es nicht gefährlich?«
»Nicht, solange ich keine Dummheiten mache. Und wisst Ihr, wenn es darum geht, sich unbemerkt irgendwo hinein- und hinauszuschleichen, wo ich nichts verloren habe, bin ich Menschen gegenüber doch ziemlich im Vorteil.«
Arkady schüttelte über die Abgebrühtheit der Crasii verwundert den Kopf. »Ich werde keine ruhige Minute haben, bis ich weiß, dass du in Sicherheit bist.«
»Was sehr nett von Euch ist, Euer Gnaden, aber völlig unnötig.«
»Ich sehe schon, warum Declan dich so gern hat«, sagte Arkady mit einem
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