Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
tut, dass ich dir nie gesagt habe, wie sehr ich dich liebe«, sagte sie. »Aber du benimmst dich wie ein Arschloch. Ich glaube nicht, dass ich Lust habe, weiterzureden.«
Ah – aber liebst du mich wie einen Freund oder wie einen Gefährten? Das ist die Frage …
»Ich hätte dir sowieso nicht geglaubt«, sagte er laut. Er wusste wohl, dass Flapsigkeiten jetzt wenig hilfreich waren, doch ihm fiel partout nichts Tiefsinniges ein, womit er sie bezirzen könnte. Declan wünschte, er hätte wenigstens ein Quäntchen Romantik in sich. Vermutlich wirkt Cayal deshalb so anziehend auf sie. Er hatte immerhin mehrere tausend Jahre Zeit, sich die passenden Phrasen zurechtzulegen … »Du liebst mich überhaupt nicht. Du heiratest ständig andere Männer oder brennst mit ihnen durch …«
»Es ist eine Sauerei, mir so etwas vorzuwerfen!«
»Aber nichtsdestotrotz wahr, wie du zugeben musst.«
Sie wandte sich ihm zu und grinste breit. Gezeiten, warum versteht sie mich so gut?
»Weißt du was, Stellan hat mal zu mir gesagt, ich soll dich in mein Bett holen und von deinem Elend erlösen.«
»Eine gute Frau hätte auf ihren Gemahl gehört«, sagte er. »Schäm dich, dass du seine Weisung nicht befolgt hast.«
Sie lächelte flüchtig … und dann war der Augenblick vertan, und ihre Gedanken wandten sich ihrem Ehemann zu. »Gezeiten, der arme Stellan. Was wohl aus ihm geworden ist? Ich wünschte, ich wüsste, ob er noch lebt.«
Declan überlegte kurz, ob er sie belügen sollte, dann entschied er, dass das nichts brachte. Außerdem war es immer Stellans Macht gewesen, die Arkady begehrte, und nicht Stellan selbst. Immerhin lag Arkady jetzt in seinen Armen. Er bezweifelte, dass ihr Gemahl jetzt noch zwischen sie treten konnte.
»Er ist am Leben«, versicherte Declan ihr. »Und vorerst auch in Sicherheit. Allerdings denkt ganz Glaeba, dass du jetzt Witwe bist.«
»Du hast ihn gesehen?«
»Er war es, der mich aus dem brennenden Kerker zog.«
Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Soll das heißen, er gesteht sich endlich ein, dass es Gezeitenfürsten gibt?«
Declan nickte. »Nach dem, was mit mir passiert ist, und als er dann auch noch Maralyce kennen gelernt hat, blieb ihm keine große Wahl.«
»Du hast ihn mit zu Maralyce genommen?«
»Stellan hatte in letzter Zeit auch ein paar Erleuchtungen.«
»Ich lerne Erleuchtungen gerade ausgesprochen zu schätzen. Und ich möchte nie wieder erleben«, sie unterstrich ihre Worte mit einem Kuss, der weder züchtig noch freundschaftlich war, und Declan meinte vor Verlangen nach ihr sterben zu müssen – unsterblich hin oder her –, »wie mein Leben vor meinem geistigen Auge vorbeizieht und dermaßen voller Reue ist.«
Declan wusste nicht, was er sagen sollte, da jede Entgegnung entweder banal oder lächerlich klingen würde, also versuchte er es gar nicht erst. Stattdessen grub er seine Finger in ihr dichtes dunkles Haar, zog sie an sich und küsste sie wieder. Was für ein Gefühl, sie in den Armen zu halten, mit ihr in einem Bett zu liegen, ihren Körper an seinem zu spüren … Er staunte, wie sehr diese Wirklichkeit alle seine Träume übertraf. Was immer ihr in den vergangenen Monaten widerfahren war, was immer die Quelle ihrer Erleuchtung sein mochte, ihre Veränderung war denkwürdig. Die Arkady seiner Jugend hätte ihn sofort geohrfeigt, wenn er versucht hätte, sie so zu küssen. Die neue Arkady schien deutlich weniger zugeknöpft, vielmehr darauf bedacht, verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Sie erwiderte seinen Kuss so wild und leidenschaftlich, dass es ihm den Atem verschlug … und dann regte sich der winzige, heimtückische, unliebsame Hauch eines Zweifels …
Was, wenn sie das jetzt nur aus Erleichterung tut? Oder aus Dankbarkeit?
Hatte sie am Ende die abwegige Vorstellung, dass sie ihm etwas schuldig war?
Gezeiten, und wenn sie bloß Stellans Vorschlag nachkommt, mich ›von meinem Elend zu erlösen<.
Declan wollte, dass Arkady ihn liebte, nicht, dass sie ihn bedauerte oder sich ihm für all die Jahre treuer Dienste verpflichtet fühlte. Und er war sich auch nicht vollkommen sicher, ob Arkady ihn nicht bediente, wie sie ihren Sklavenhalter die letzten Monate bedient hatte. Sie wäre durchaus zu so etwas fähig. Sie hatte jedenfalls nicht lange gebraucht, um dahinterzukommen, wie man als Sklavin überlebte.
In seinen Träumen gab es nie den leisesten Zweifel an Arkadys Liebe. Wenn sie endlich zu ihm kam, sollte alles ganz anders sein. Es sollte keine
Weitere Kostenlose Bücher