Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
in ihm steckt, wie bei uns anderen auch.«
Arkady sah sie verständnislos an. »Declan ist nicht böse.«
»Dir gegenüber nicht. Ich wage jedoch die Behauptung, dass es nicht allzu schwierig wäre, eine Menge Leute zu finden, die dir da widersprechen würden. Er war der Erste Spion des Königs, oder? Zumindest hat Tiji das Ambria erzählt.« Als Arkady das nicht bestritt, sah die Unsterbliche ihre These belegt und nickte. »Glaub mir, einem solchen Beruf ist er bestimmt nicht nachgegangen, weil er von der Milch der frommen Denkungsart getrunken hat. Dein Freund mag dir gegenüber edel und gut gewesen sein, Arkady, er mag das sogar von sich selbst annehmen, aber bei seiner Vergangenheit würde ich mir keine großen Hoffnungen machen, was seine Zukunft als Unsterblicher angeht.«
Arkady schüttelte den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Declan ebenso schlimmes Unheil anrichtete wie Cayal und seinesgleichen. »Ihr kennt ihn nicht, Mylady. Er würde nie jemandem vorsätzlich wehtun.« Noch während sie es aussprach, wurde ihr klar, dass das eine Lüge war. Gezeiten, gerade eben hatte er sie mit seiner gefühllosen Abfuhr bis ins Mark verletzt.
Und Arryl hatte recht, was Declan und sein Amt als Erster Spion des Königs anging. Er war in seinem Beruf beängstigend gut gewesen.
Die Unsterbliche schien zu wissen, dass Arkady sich vor allem selbst etwas vorzumachen versuchte. »Du hoffst, dass er seine Kräfte für das Gute einsetzt, ja?«, fragte sie. »Gezeiten, es gibt nichts Gefährlicheres als eine fehlgeleitete Seele, die sich einbildet, Gutes zu tun.«
»Ich glaube, Declan weiß genug über die Unsterblichen, um die Gefahr zu erkennen«, sagte sie und wusste selbst nicht genau, warum sie ihn in Schutz nahm. Sein Verhalten in letzter Zeit gab ihr eigentlich keinen Grund dazu. Bis auf die Kleinigkeit, dass er mich vor dem Tod durch fleischfressende Ameisen gerettet hat. Und meine Wunden geheilt hat … und alles stehen und liegen ließ und mir um die halbe Welt folgte …
Dann kam ihr unvermittelt ein neuer Gedanke. Gezeiten, was wird die Bruderschaft tun, wenn sie es herausfinden?
»Declan weiß ziemlich genau, was es heißt, unsterblich zu sein, Mylady. Und was es aus einem Menschen machen kann.«
Arryl schüttelte den Kopf. »Nein, Arkady. Das weiß er nicht. Er hat noch nicht einmal angefangen zu verstehen, was mit ihm passiert ist, und du wirst schon lange tot sein, ehe es dazu kommt. Der Knackpunkt ist, er ist nicht einfach bloß unsterblich. Er ist ein Gezeitenfürst. Das bedeutet, er hat die Macht, mindestens genauso viel Schaden anzurichten wie die anderen Narren.«
Typisch, dachte Arkady. Declan macht nie halbe Sachen.
»Er ist sehr lernfähig, Mylady. Und er hat den Vorteil, dass er gesehen hat, was die Unsterblichkeit aus den anderen machte.«
»Noch sieht er die Welt durch sterbliche Augen, Arkady. Glaube mir, die unsterbliche Sichtweise unterscheidet sich auffallend von der Art, wie du die Welt betrachtest.«
Sie nahm ihren Stock und rührte eine Weile das Salz unter die Muscheln, dann stellte sie ihn wieder weg und seufzte. »Ich sage das wirklich ungern, aber vermutlich wäre es das Beste für ihn, wenn er Lukys suchen geht.«
»Warum?«
»Lukys ist der Einzige von uns, der je bereit war, sich die Zeit zu nehmen, einem anderen Unsterblichen etwas beizubringen. Ich meine etwas, was über die Lektion hinausgeht, was geschieht, wenn man Unsterbliche verärgert. Keine Ahnung, ob er das aus reinem Edelmut tut oder ob er so seine Hintergedanken hat. Aber wie auch immer, er hat jedem von uns schon das eine oder andere Mal aus der Patsche geholfen. Er ist vermutlich der Einzige, der Declan helfen kann, zu verstehen, was er jetzt ist.«
»Er hat Cayal erzählt, er habe eine Methode gefunden, wie er sterben kann.«
Arryl zuckte die Achseln. »Ich bin überzeugt, Cayal glaubt ihm das, Arkady, aber das macht es noch nicht wahr. Lukys’ Spielchen sind zwar raffinierter als die der meisten, aber es bleiben Spielchen. Declan muss sehr vorsichtig sein.«
»Warum muss er überhaupt mit Euresgleichen zu tun haben?«
Arryl lächelte wissend. »Er kann es gar nicht vermeiden. Und es wäre mir wirklich lieb, wenn wir die kosmische Flut hinter uns bringen könnten, ohne dass es Millionen von Toten gibt und die Menschheit wieder ganz von vorn anfangen muss.«
Auch wenn sie eigentlich zornig auf ihn war, verstimmte es Arkady, wie hartnäckig Arryl darauf bestand, dass Declan bald so gefährlich
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