Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Zankapfel zwischen zwei Unsterblichen, die fähig waren, in ihrer Rage die Welt entzweizubrechen.
Selbst wenn sie Declan vergeben könnte, selbst wenn sie in ihrem Herzen begreifen würde, was ihn dazu getrieben hatte, auf so einen grässlichen Handel um ihr Leben einzugehen, für eine solche Verwüstung wollte sie nicht verantwortlich sein. Schlimmer, sie wollte nicht, dass Declan sich an so etwas schuldig machte.
Arkady würde irgendwann sterben. Ihr schlechtes Gewissen würde mit dem Tod erlöschen.
Declan war nun unsterblich. Alle seine Gewissensbisse würde ihn bis in die Ewigkeit verfolgen.
»Meint Ihr, dass die Amphiden mich nach Port Traeker bringen würden?«
»Eigentlich schon«, sagte Ambria ausdruckslos. »Wenn du sie höflich bittest.«
Arkady stand auf und überlegte, wie sie sich an die Amphiden wenden konnte. Es musste wohl einen Weg geben, über den man sie erreichen konnte. Sie schienen ja immer zu wissen, wann sie gebraucht wurden. »Dann werde ich mich also verziehen, sobald ich das arrangieren kann.«
»Ganz wie du willst.«
»Würdet Ihr Declan eine Nachricht von mir übermitteln?«
»Natürlich.«
»Sagt ihm, ich will nicht, dass er mir folgt.«
»Glaubst du, das hält ihn auf?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Arkady, jetzt wo sie zum ersten Mal seit Monaten klar sah, was sie zu tun hatte. »Ich weiß nur, dass ich hier nicht bleiben kann. Ich will nicht für das verantwortlich sein, was vielleicht zwischen Cayal und Declan passiert, wenn ich bleibe.«
65
Das Wetter wurde immer kälter, je weiter der Winter voranschritt. Ein bitterer Frost durchdrang die Luft, und die Leute unterhielten sich über seine Strenge. Schnee weißte die Straßen von Herino, und zum ersten Mal seit Menschengedenken begann der Untere Oran zu gefrieren.
Jaxyn sah dem allem zu und verfluchte die lange Zeit, die es dauerte. Die Gezeiten standen noch nicht hoch genug, um mehr zu tun, als dem Winter einen hilfreichen kleinen Schubs zu geben, und auch dies nie für lange. Jaxyn wusste um die Gefahr, wenn man zu lange in den Gezeiten blieb, ebenso wie er die Konsequenzen kannte, wenn man zu sehr mit dem Wetter herumpfuschte.
Er brauchte einen kalten Winter, kalt genug, um die Großen Seen gefrieren zu lassen, aber er konnte nicht willkürlich alles aufs Spiel setzen. Das würde nämlich bedeuten, dass er die nächste kosmische Flut damit vertrödeln durfte, Schutz vor den gewaltigen Jahrhundertstürmen zu schützen, die er durch seine Ungeduld auf Amyrantha losgelassen hatte.
Er musste den Winter in Fahrt schmeicheln, nicht herbeizwingen.
Es war eine langwierige, mühselige Arbeit. Jede Nacht, wenn der Rest von Herino schlief, stand Jaxyn auf dem Balkon seines Palastgemachs, blickte über die dunkle Stadt und den See dahinter und tauchte in die Gezeiten. Seine Sinne so weit ausdehnend, wie er konnte, ergründete er die Atmosphäre. Er reichte bis in die Wolken, gab hier und da der Luft einen Stoß, suchte anderswo nach Unterschieden im Luftdruck und schubste sie vorsichtig in die richtige Richtung.
Das Ergebnis all dieser delikaten und sorgfältigen Manipulation der Gezeiten war der kälteste Winter, den Glaeba – und Caelum übrigens auch -je erlebt hatte.
Und ein zugefrorener See. Dessen Eisschicht bald dick genug sein würde, dass eine Armee darübermarschieren konnte.
Er stampfte mit dem Fuß auf, zufrieden mit dem soliden, unnachgiebigen Eis unter seinen Füßen.
»Noch ein paar Wochen, und wir können den ganzen Weg nach Cycrane zu Fuß gehen.«
»Euer Gnaden?«
Jaxyn war gar nicht bewusst gewesen, dass er den Gedanken laut ausgesprochen hatte. Er blickte über seine Schulter zu der Leibwächterin. Der Name dieser Felide war Chikita, und obwohl sie sich stets wie eine loyale Crasii verhielt, war da ein Funke von Intelligenz in ihren Augen, der ihn manchmal argwöhnen ließ, ob da nicht auch ein bisschen Ark drinsteckte.
Immerhin, von jenem Augenblick an, als sie diesen Schneebären in Lebec bezwang und von Stellan für seinen Zwinger gewonnen wurde, hatte sie jeden Test bestanden, den Jaxyn ihr auferlegte. Wenn sie eine Ark war, würde sie früher oder später auffliegen. Das taten sie doch letztlich alle.
»Was denkst du, wie lange eine Armee brauchte, um über den See zu laufen?«, fragte er die kleine rotbraune Felide. »Angenommen, er wäre hart genug gefroren?«
»Ich vermute, das käme auf ihr Schuhwerk an, Euer Gnaden. Die Marschdauer beträgt mindestens zwei Tage, doch barfuß
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