Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
sich um diese Tageszeit König Mathu von Glaeba, die Königin an seiner Seite, um die Staatsgeschäfte kümmern sollte, die seine Gemahlin und sein Privatsekretär ihm zu überlassen geruhten.
Als Jaxyn eintraf, verhandelte Mathu gerade einen Streit zwischen dem Fürsten von Blayken und seinem Nachbarn, dem Fürsten von Callendale, bei dem es um eine Grenzstreitigkeit wegen des Zugangs zu einem Brunnen ging, den beide als lebenswichtig für ihr Fürstentum reklamierten. Die Fürsten selbst waren natürlich nicht zugegen, nur ihre Anwälte, und Mathu trug die schmerzerfüllte Miene eines Mannes, der verzweifelt aus einem Alptraum erwachen möchte. Als Jaxyn die Tür öffnete, blickte er erleichtert auf und erhob sich.
»Gibt es ein Problem, Lord Aranville?«, fragte er hoffnungsvoll, als Jaxyn in den Saal trat. »Ich kann mich um diese Herren auch später kümmern, falls Ihr mich für etwas Wichtiges braucht.«
»Ich fürchte, ich benötige dringend Eure ganze Aufmerksamkeit, Hoheit«, sagte er und blickte auf Diala, die zu seiner Rechten saß und wenig tat, um ihm zu helfen. Sie genoss es, ihn in Schwierigkeiten beim Regieren seines Königreichs zu sehen, und bot ihre Unterstützung nur an, wenn ihr gerade beliebte. In Anbetracht des Umstands, wie todlangweilig dieser Grenzstreit zwischen Blayken und Callendale war, vermutete Jaxyn, dass sie ihrem armen Gemahl keinerlei Hilfe offeriert hatte.
Mathu lächelte den beiden Männern verlegen zu. »Ihr werdet mich entschuldigen müssen, meine Herren. Vielleicht können wir dies nächste Woche wieder aufnehmen?«
Die fürstlichen Anwälte sahen verstimmt aus, waren aber nicht in der Position, Einwände zu erheben. Sie sammelten ihre Schriftstücke ein, verbeugten sich eilig und ließen Jaxyn mit dem König und der Königin von Glaeba allein.
»Gezeiten, Ihr seid ein erfreulicher Anblick für meine entzündeten Augen, Jaxyn«, sagte Mathu und ließ sich wieder auf seinen Thron plumpsen. Er trug Handschuhe und einen Schal über seinem Pelzmantel. »Ich wäre bald vor ewiger Langeweile gestorben.«
Selbst hier im Palast, mit einem lodernden Feuer im Kamin, war es in der großen Ratskammer eiskalt. Diala behelligte die Kälte natürlich nicht im Geringsten, sie trug einen bezaubernden Umhang, der ihre blauen Augen unterstrich und ein Aufsehen erregendes Dekolleté freiließ.
Jaxyn schmunzelte. »Stets zu Diensten, Euer Hoheit.«
»Also was willst du, Jaxyn?«, fragte Diala, sich in ihren Thron zurücklehnend. »Segeln die Caelaner in Gefechtsformation über den Unteren Oran?«
Schlampe.
»Nein, Hoheit. Es segelt überhaupt niemand über den Unteren Oran. Das ist auch nicht so bald anzunehmen. Er ist schlichtweg fest zugefroren.«
Mathu lächelte. »Nun, das schiebt jeglicher caelischen Invasion einen Riegel vor. So können sie ihre elende entführte Prinzessin nicht rächen, oder?«
»Es wäre aber ebenso töricht, diese Gelegenheit nicht wahrzunehmen, Eure Hoheit.«
»Was meint Ihr damit?«
»Ich meine, Mathu, dass wir zwar nicht hinübersegeln können, aber wir können marschieren.«
Des Königs Augen weiteten sich vor Überraschung. »Ihr meint, unsere Armee über den See nach Caelum zu schicken? Können wir das?«
Selbst Diala wirkte überrascht. »Ich glaube schon. Woher wissen wir, ob das Eis das Gewicht einer Armee tragen kann?«
»Das wird es«, versicherte ihr Jaxyn. »Vertraut mir.«
Mathu schüttelte den Kopf. »Aber das ist … das ist … nun, also, das ist inspiriert! Gezeiten, ich kann nicht glauben, dass bisher noch niemand je daraufgekommen ist.«
»Der Untere Oran war seit Menschengedenken noch nie zugefroren«, erklärte Jaxyn. »Doch ich nehme an, dass ich Eure Erlaubnis zu den notwendigen Vorbereitungen habe?«
Mathu zögerte, den Befehl zu geben. »Das hieße allerdings, dass wir die Aggressoren wären.«
»Caelum hat uns praktisch den Krieg erklärt, Mathu. Sie haben jedenfalls ihre Absichten bekannt gegeben. Und sie haben es abgelehnt, uns Stellan Desean auszuliefern, obwohl sie wissen, dass er ein Verbrecher und Hochverräter ist. Ich denke, dass wir immer noch moralisch überlegen sind, ebenso wie taktisch. Selbst wenn wir präventiv angreifen.«
»Dann habt Ihr natürlich meine Erlaubnis. Gezeiten, das ist ja brillant, wenn man mal darüber nachdenkt. Ihre Flotte ist vom Eis eingeschlossen. Sie werden da drüben hocken und sich über das Wetter ärgern, während wir eine doppelt so große Truppe zu Fuß hinüberschicken, als wir
Weitere Kostenlose Bücher