Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
und Sklavenquartieren nichts zu erwarten hatten als einen frühen Tod.
»Worin also besteht diese Prüfung?«
»In vier Tagen werde ich heiraten.«
»Ja, das habt Ihr mir gesagt.«
»Es wird von mir erwartet, dass ich … gewisse Dinge weiß …« Er wand sich förmlich vor Verlegenheit. »Über Frauen …«
Arkady runzelte die Stirn, nicht sicher, was er meinte. Dann bemerkte sie, dass er wieder puterrot anlief, und erkannte, was er von ihr wollte. Der Gedanke schien ihr so absurd, dass sie lächeln musste. »Ist das Euer Ernst? Ihr bittet ausgerechnet mich, Euch zu zeigen, was Ihr tun sollt?«
»Wieder nimmst du an, dass es eine Bitte ist.«
»Ihr seid doch Arzt, oder? Ich meine, Ihr kennt doch die wesentlichen …«
»Mach dich nicht lustig über mich, Kady«, warnte er. »Du hast hier keine Rechte, und schon gar nicht das Recht, mein Tun zu hinterfragen. Ich habe dich bis jetzt behalten, weil deine Gegenwart hier mir Ansehen bei der Mannschaft verschafft, und weil du allem Anschein nach keine Krankheiten hast. Mehr ist nicht dabei.«
»Und das ist Eure Vorstellung von romantischen Avancen?«
Ihre Frage verblüffte ihn sichtlich. »Was?«
»Habt Ihr vor, so in Eurer Hochzeitsnacht mit Eurer errötenden Braut zu sprechen? Ich habe dich erwählt, weil deine Gegenwart hier mir Ansehen verschafft, meine Liebe, ach ja, und weil du allem Anschein nach keine Krankheiten hast?« Verwundert schüttelte sie den Kopf. »Da würde ich mich an Eurer Stelle gleich auf die Familienfehde einstellen, die Ihr so verzweifelt vermeiden wollt, Cydne. Sobald Eure junge Gemahlin ihrem Herrn Papa über Eure Schlafzimmersitten Bericht erstattet, steckt Ihr in großen Schwierigkeiten.«
Wütend starrte er sie an. »Ich habe dich nicht gebeten, meine … Schlafzimmersitten zu bewerten. Du sollst mir nur die richtige … du weißt schon … die körperlichen Dinge zeigen, die meiner Gemahlin vielleicht … Freude machen könnten …«
»Wie kommt Ihr darauf, dass das nicht zusammengehört?«
»Was?«
Arkady seufzte. Sie konnte kaum glauben, dass sie ein solches Gespräch überhaupt führte, und dann auch noch mit dem Mann, der sich derzeit als ihr Gebieter betrachtete und bisher wenig Neigung gezeigt hatte, in seiner Koje mehr zu tun, als ›es‹ schnellstmöglich hinter sich zu bringen. »Wisst Ihr, es besteht allerdings ein gewaltiger Unterschied zwischen Liebe machen und sich über jemanden hermachen. Und da es hier um die Frau geht, mit der Ihr den Rest Eures Lebens verbringen wollt, nehme ich an, dass Euer Ziel Ersteres ist, nicht Letzteres.«
»Nun … ja … wohl schon …«
»Und ich nehme ferner an, in Senestra gebietet der Brauch, dass Eure junge Braut ebenso unerfahren ist wie Ihr selbst.«
Er nickte und sah nun wieder sehr unsicher aus. Arkady vermutete, dass er bereits bedauerte, sein Anliegen überhaupt zur Sprache gebracht zu haben. Er hatte von ihr eine praktische Einweisung verlangt und keinen schulmeisterlichen Vortrag. Doch das Thema lag Arkady am Herzen. Sie kannte die Situation, die man Cydnes künftiger Braut bald aufnötigen würde, und es war keine schöne Erfahrung.
»Dann versetzt Euch mal für einen Augenblick in ihre Lage. Versucht Euch vorzustellen, wie es ist, jung und unschuldig zu sein und in der Gewalt eines Mannes, den Ihr kaum kennt und von dem Ihr wisst, dass er alles mit Euch tun kann, was er nur will, und Ihr könnt ihn nicht daran hindern.«
»Die Ehe ist die heilige Pflicht der Frau!«, warf er ein. »Du aber lässt es klingen, als würde ich sie nicht besser als eine Sklavin behandeln.«
»Wenn Ihr in der Hochzeitsnacht ins Brautgemach marschiert und als größtes Kompliment zustande bringt: Allem Anschein nach hast ja du keine Krankheiten, dann bin ich ziemlich sicher, dass sie sich genau so fühlen wird.«
Cydne ließ die eben noch so entschlossen gereckten Schultern hängen. Arkady fragte sich, wie lange er wohl mit sich gekämpft hatte, ehe er sich dazu durchrang, sein Anliegen zur Sprache zu bringen. Er war ein stolzer junger Mann, wenn auch extrem schüchtern. Der Druck seiner bevorstehenden Hochzeit, die schwere Bürde der Erwartungen seiner Familie … das alles musste ihm schwer zu schaffen machen.
Nur seine Verzweiflung hatte ihm den Mut gegeben, und sie tat nichts, um es ihm zu erleichtern. Sie verspürte einen leisen Anflug von Mitleid und war selbst überrascht, dass sie es überhaupt in Erwägung zog, ihm aus der Klemme zu helfen.
Arkady hätte nie erwartet,
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