Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
von den anderen.«
»Der unsterbliche Prinz war bis vor kurzem in Ramahn. Man munkelt, dass er hierher unterwegs ist.«
»Dann habt Ihr Euren Übeltäter, würde ich sagen«, entgegnete Polio mit einem Kopfnicken. »Unwetter sind doch seine Spezialität, oder?«
»Aber warum sollte er das tun? Etwas muss ihn dazu gebracht haben.«
Polio zuckte die Achseln. »Wer kann schon sagen, warum ein Unsterblicher etwas macht. Sie sind zu allem fähig. Und nach all der Zeit sind die meisten von ihnen auch nicht mehr so ganz bei Trost.« Polio feixte. »Ich würde mich umbringen, wenn ich feststellen müsste, dass ich unsterblich bin.« Der Schneider brach über seinen Witz in haltloses Gelächter aus. Als er merkte, dass Declan seine Belustigung nicht teilte, fing er sich wieder. »Das war ein Scherz, Declan.«
»Ich weiß.«
»Ihr lacht aber nicht.«
»So lustig war es nicht.«
Polio seufzte schwer. »Warum genau seid Ihr eigentlich hier? Wenn Ihr von dem Unwetter gar nichts wusstet, bevor Ihr herkamt, muss es ja einen anderen Grund geben.«
»Ich suche jemanden.«
»Jemand Bestimmtes?«
»Eine Frau aus Glaeba. Ich glaube, sie war auf dem Weg zu Bryndens Abtei.«
Pollos Lächeln verflog, als er den Kopf schüttelte. »Sie kann nicht in der Abtei sein. Brynden hat strikte Grundsätze, und einer davon lautet: Keine Frauen. Jedenfalls nach den Regeln der Mönche, die dort leben. Wenn Eure Glaebanerin wirklich zur Abtei vom Weg der Gezeiten gereist ist, könnt Ihr davon ausgehen, dass sie spätestens am Tor abgewiesen wurde.«
»Ob sie dann wohl nach Elvere gekommen wäre?«
Der Schneider nickte. »Sofern sie nicht nach Ramahn zurückgereist ist, über die Oase von Tarask. Das lässt sich aber leicht herausfinden.«
»Wie das?«
»Mein Cousin arbeitet bei der Karawanen-Einheit, die für die routinemäßige Versorgung der Abtei zuständig ist. Wenn mit einer der Karawanen aus der Wüste eine Frau mitgekommen ist, weiß er das. Über welchen Zeitraum sprechen wir?«
»Höchstens die letzten paar Monate.«
»Dann haben wir Glück«, sagte und erhob sich. »Brell ist seit Anfang des Jahres für alle Passagierlisten zuständig.« Er ging zur Küchentür und öffnete sie. »Mutter«, rief er, »ich bin ein Weilchen weg.«
»Vergiss ja nicht, dir das Geld geben zu lassen, das er dir schuldet«, brüllte eine körperlose Stimme von irgendwo im oberen Stockwerk.
Mit einem Grinsen wandte sich Polio an Declan. »Jetzt werdet Ihr mir wirklich etwas Geld geben müssen.«
Declan nickte. »Die Bruderschaft kümmert sich um Euch. Euer Geschäft dient ihren Zwecken viel zu gut, um es eingehen zu lassen.«
Wie sich herausstellte, sah Cousin Brell der Mutter von Polio noch ähnlicher als Polio selbst. Er war klein, schmächtig und dunkel. Hätte er ein Kleid getragen, wäre es Declan ernstlich schwergefallen, die, beiden auseinanderzuhalten.
»Eine Frau, meint Ihr?«, fragte er, während sie mit ihm an einer Reihe kniender Kamele entlanggingen und Brell Posten auf der Liste abhakte, die er bei sich trug.
»Glaebanerin«, sagte Declan und verscheuchte wedelnd Millionen von Fliegen, die den Kameldung umschwirrten und offenbar nur darauf warteten, auf Menschen zu treffen. »Ausnehmend schön. Dunkles Haar. Blaue Augen.«
Brell wandte sich Declan zu und rollte mit den Augen. »Sie wird verschleiert gewesen sein, insbesondere wenn sie von der Abtei gekommen ist. Wie könnt Ihr erwarten, dass ich weiß, wie sie aussah? Oder ob sie Glaebanerin war? Oder schön. Oder hässlich. Oder zweiköpfig. Oder meinetwegen noch eine Echse.«
»Noch eine Echse?«, fragte Polio und warf Declan einen raschen Blick zu.
Brell zuckte die Achseln und ging weiter zum nächsten Kamel. »Hier ist so eine durchgekommen, ungefähr in dem Zeitraum, von dem Ihr sprecht. Dürres kleines Ding. War natürlich verschleiert, aber man sah es an der Haut um ihre Augen. Schuppig, Ihr wisst schon.« Er schüttelte sich, dann wandte er sich seiner Liste zu und hakte wieder einen Posten ab. »Ich weiß nicht mehr, ob das war, bevor oder nachdem die andere hier durchkam.«
»Eine andere Frau?«, fragte Declan und widerstand der Versuchung, Brell seine verflixte Liste aus der Hand zu nehmen und sie ihm irgendwohin zu stecken, nur um seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu sichern.
»Das war keine Frau«, sagte Brell. »Es war eine Sklavin.«
»Wie sah sie aus?«
»Wie jede andere elende Sklavin, die sehen doch alle gleich aus«, schnauzte Brell. »Groß und komplett
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