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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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sah sich in dem kleinen Raum mit seinen zahllosen schatten erfüllten Ecken und Winkeln um. Sie versuchte zu bestimmen, woher die Geräusche kamen. Dann fiel ihr Blick auf die Barrikade, die Boots vor der Treppe errichtet hatte, die noch tiefer hinunter in die Ruine führte. Das Beben letzte Nacht, als die Eisdecke aufgebrochen war, hatte sie zum Einsturz gebracht. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte sie auf ihren wunden Füßen etwas näher an den dunklen Schlund heran und hörte es dort unten klar und deutlich kichern.
    Gezeiten, wie sind sie bloß diese Stufen hinuntergekommen, ohne sich ihre kleinen Hälschen zu brechen?
    Sie starrte die Treppe hinunter, aber es war zu dunkel, um etwas zu sehen. »Missy? Marty? Eli?«
    Natürlich antworteten sie ihr nicht, aber sie verstummten für einen Augenblick. Gezeiten , sie sind doch noch keine drei Monate alt! Schuldbewusstes Schweigen in diesem zarten Alter?
    Aber so war es gar nicht, erkannte sie. Sie waren einfach noch zu klein, um zu kommen, wenn man sie rief, und was immer sie dort unten in der Dunkelheit zum Kichern gebracht hatte, war offensichtlich viel faszinierender als alles, was diese seltsame Menschenfrau ihnen bieten konnte, die letzte Nacht so plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war. Arkady humpelte zur Feuerstelle und zündete an der Glut eine von Boots' kostbaren Fackeln an. Sobald sie hell brannte, humpelte sie zum Durchgang zurück, stieg über die eingestürzte Barrikade und begann die steile Treppe hinunterzuklettern.
    Immer die Hand an der rauen Steinwand, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, zuckte Arkady bei jedem eisigen Schritt zusammen. Vielleicht hätte sie sich die Zeit nehmen sollen, sich etwas über die wunden, schmerzenden Füße zu ziehen, bevor sie sich in die Dunkelheit hinabwagte.
    Aber Schmerzen hin oder her, die Historikerin in Arkady war fasziniert von diesem Ort. Von ihrem letzten Besuch mit Stellan hier -damals, als die Welt noch in Ordnung war – wusste sie, dass die Ruine bedeutend älter war als der Beginn der glaebischen und caelischen Geschichtsschreibung. Ihr war damals keine lang vergangene Hochkultur bekannt gewesen, die diesen Tempel erbaut haben konnte. Und jede Dekoration, die das Gebäude einst geziert haben musste, hatte man wohl auf den Putz gemalt statt in den Stein gemeißelt; die Putzschicht aber hatte sich lange aufgelöst und nur das nackte Steingerippe des Tempels übrig gelassen.
    Arkady wusste inzwischen, dass ihr unvollständiges Geschichtsbild Resultat der vielen von den Gezeitenfürsten verursachten Weltenenden war. Sie wusste, dass ihre Welt eine reiche und bewegte Geschichte hatte, die Jahrtausende vor dem Anbeginn ihres beschränkten heutigen Wissens umfasste. Ich frage mich, dachte sie müßig, als ein erneutes Kichern sie weiter in die Dunkelheit lockte, auf welchem Stand unsere Gesellschaft inzwischen wäre , wenn die Unsterblichen unsere Entwicklung nichtständig mit ihren alles vernichtenden Schlachten unterbrochen hätten.
    Absurderweise war es ausgerechnet dieser mysteriöse Tempel gewesen, der damals ihr Interesse an den Geschichtswissenschaften erst so richtig geweckt hatte. Was sie wiederum zum Studium der mündlichen Überlieferung der Crasii angetrieben hatte, weshalb Declan sie gebeten hatte, Cayal zu befragen, wodurch sie Bekanntschaft mit den Unsterblichen gemacht hatte. Im Grunde war sie hier wieder an ihren Ausgangspunkt zurückgekehrt. Trotzdem hätte die Arkady von damals sich ums Verrecken nicht vorstellen können, welche Richtung ihr Leben von diesem Zeitpunkt an nehmen sollte oder welche Folgen ihr harmloses Interesse an Geschichte ihr noch einbrocken würde.
    »Missy? Marty? Eli?«
    Wieder verstummte das Kichern kurzfristig.
    »Ich weiß doch, dass ihr hier unten seid. Wo steckt ihr denn, ihr kleinen Racker?«
    Die Fackel spendete in der Dunkelheit nur einen kleinen Lichtkreis. Aber weit konnten sie jetzt nicht mehr sein, schließlich hatte sie sie bis ganz nach oben hören können. Arkady ging einen Schritt weiter und schrie vor Schmerz auf, als sie mit dem Zeh heftig an einen großen Steinbrocken stieß, der sich durch das Beben der letzten Nacht gelöst haben musste.
    Ihr tränten die Augen, als ihrer Litanei von Schmerzen und Wunden wieder eine neue Verletzung hinzugefügt wurde, und sie ging in die Hocke, um die kleine Felslawine zu untersuchen, die ihren Weg blockierte. Dabei entdeckte sie zu ihrer Linken drei Augenpaare, die in der Dunkelheit glänzten. Der

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