Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Kai. Declan fing es auf und wartete, bis der Crasii hochgeklettert war.
»Ich verschwinde jetzt«, erklärte er dem Caniden. »Wenn irgendjemand fragt, wo ich bin, hast du zu antworten, dass du mich nicht gesehen hast. Ist das klar?«
»Ich atme nur, um euch zu dienen, Herr«, wiederholte der Canide in vollständiger Ehrfurcht.
Declan verzog das Gesicht. Er war heute Morgen gar nicht in der Stimmung, sich von Crasii anwedeln zu lassen. »Geh und hilf den anderen beim Leichensammeln«, befahl er, hauptsächlich um den Kerl loszuwerden.
Der Canide verbeugte sich noch einmal und eilte davon, um wieder zu seinen Kameraden zu stoßen. Declan stieg die schmale Leiter zum Wasser hinunter und sprang in das Boot, das dabei gefährlich schaukelte. Er setzte sich und justierte die Ruder.
Und als die Sonne auf der glaebischen Seite des Sees über den Grat der Chevronberge kletterte, zog er die Riemen durch und wendete das Boot Richtung Heimat.
31
Arkady erwachte von fernem Gelächter. Eine Weile erkannte sie nicht, was sie da hörte. Es war ein seltsames Geräusch, angenehm und doch entfernt, und schien in Arkadys Welt irgendwie völlig fehl am Platz. Es war ein Geräusch reinster Freude und kontrastierte so heftig mit den dunklen Albträumen, die sie heimgesucht hatten, dass es gar nicht real erschien.
Sie öffnete die Augen und blinzelte im plötzlichen Licht. Bevor sie gegangen war, hatte Boots den ledernen Vorhang ihrer unterirdischen Kammer beiseitegeschoben, um den Raum zu lüften. Sonnenlicht strömte durch den Eingang über den steinernen Stufen und machte den Schlupfwinkel ungewöhnlich hell.
Und er war leer. Arkady rieb sich die Augen und fragte sich, wie lange sie geschlafen hatte. Sie hatte nicht einnicken wollen. Boots war hinausgegangen, um zu sehen, ob sie etwas jagen konnte, damit es einmal etwas anderes zu essen gab als Trockenfleisch und harten Käse. Schließlich stillte sie drei Welpen, was sie allmählich auszulaugen begann. Boots brauchte Fleisch. Frisches Fleisch. Und sie hatte ja Arkady, die auf ihre Kleinen aufpasste, solange sie auf die Jagd ging.
Arkady war immer noch erschöpft von ihrer Flucht vom Schlachtfeld und dem anschließenden Marsch durch die Wälder. Ihre Füße schmerzten, und sie war emotional völlig ausgelaugt von allem, was ihr diese letzten Wochen widerfahren war, seit sie entdeckt hatte, dass ihr Vater noch am Leben war. Dass sie ihn zum Sterben zurückgelassen hatte, war etwas, worüber sie nicht nachdenken wollte, weil sie einfach keinen Platz in ihrem Herzen hatte, um damit umzugehen. Arkady hatte ihren Kummer und ihre Schuldgefühle abgeschottet, beiseitegelegt für eine andere Zeit, in der sie es sich leisten konnte, sich darin zu suhlen. Wieder hörte sie das Kichern und setzte sich auf.
Jetzt allmählich begann ihr aufzugehen, was sie da hörte und was es zu bedeuten hatte. Es klang ganz nach den Welpen. Aber sie waren nirgendwo zu sehen.
»Oh Gezeiten«, fluchte Arkady und sprang auf. Sowie sie ihre Füße belastete, zuckte sie zusammen vor Schmerz. Der Steinboden war eisig an ihren Blasen. »Au! Au! Au!«, schrie sie bei jedem Schritt, den sie auf die Treppe zuging, und fragte sich, wie weit die Welpen wohl gekommen waren, während sie geschlafen hatte. Sie hörte sie lachen, weit konnten sie also nicht sein. Schließlich waren sie erst im Krabbelalter und auch darin noch nicht sehr geübt. Aber Boots würde toben, wenn sie merkte, dass sie ihre Welpen aus den Augen gelassen hatte. Und es war wichtig, dass ihr Schlupfwinkel verlassen wirkte. Sie waren hier nur sicher, solange sie sich versteckt hielten. Sobald Leute vorbeikamen -Jäger im Wald oder Fischer auf dem See – und erkannten, dass die Ruine bewohnt war, war es aus mit ihrer Sicherheit.
Wieder hörte sie das Kichern. Arkady merkte, dass das Geräusch nicht von oben aus der großen Halle der Ruine kam, sondern von irgendwo hinter ihr. Sie drehte sich um und legte den Kopf schief. Die Akustik in diesem Gemäuer war verwirrend. Jedes Mal, wenn sie das Geräusch hörte, schien es aus einer anderen Richtung zu kommen. Und nun begann sie sich ernstlich Sorgen zu machen, denn sie erinnerte sich plötzlich, dass Declans Großvater Shalimar ihr bei zahllosen Gelegenheiten gesagt hatte, dass man sich um Kinder eigentlich nur in zwei Fällen wirklich sorgen musste: Wenn sie unerwartet still wurden oder wenn sie irgendwo außer Sichtweite lachten, wo sie nichts verloren hatten.
Arkady runzelte die Stirn und
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