Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
dein Ernst, Cayal? Du glaubst, ich bin eifersüchtig auf Elyssa?«
»Na ja, wegen irgendetwas bist du eingeschnappt«, sagte er, ein wenig verletzt von ihrem Spott. »Und da ich in letzter Zeit nichts angestellt habe, außer diesen widerlichen Gemang, der dir so am Herzen lag, vor dem sicheren Tod zu retten und ihn mitsamt seiner stinkenden Ark-Familie entkommen zu lassen, dachte ich, es kann nichts sein, was auf meine Kappe geht.«
Sie reagierte regelrecht entgeistert auf seine Worte. »Cayal, du hast vor nicht mal zwei Wochen vergnügt mehrere Tausend Leute getötet, und dann hast du dich zur Feier des Tages schnell mit einer Frau verlobt, die du nicht ausstehen kannst. Kümmern dich denn all die Toten kein bisschen, die du auf dem Gewissen hast?«
Er schaute sie verwirrt an. »Leute? Was für Leute?«
»Die Leute, die starben, als du, Elyssa und Kentravyon die Eisdecke brechen ließen, um den Krieg zwischen Caelum und Glaeba zu beenden.«
»Oh … ach so, also streng genommen waren das keine Leute. Die meisten waren doch Crasii.«
Sie wandte sich angewidert von ihm ab. »Ich habe dir nichts mehr zu sagen, Cayal.«
»Aber du lässt doch nicht unsere Abmachung platzen?«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich bringe dir deinen scheußlichen Kristall nach Jelidien. Weil du Warlock und seine Familie gerettet hast. Aber dann sind wir durch. Verstanden?«
»Klar. Wir sind durch. Ich werde es allen von ›uns Leuten‹ klarmachen.«
Sie ging nicht darauf ein, was schade war. Seit sie an Bord gegangen waren, hatte Kentravyon praktisch mit niemandem mehr ein Wort gewechselt, deshalb blieb Cayal als Alternative zum netten Plausch mit Arkady nur der Gang nach hinten, um mit Elyssa zu reden. Heiße Nadeln in die Augen gestochen zu bekommen war dem eigentlich vorzuziehen.
»Du hast gesagt: ›Schau hinter die Kratzer und den Dreck. Du siehst hier dein neues Selbst‹«, sagte Arkady plötzlich, fuhr herum und sah ihn scharf an. »Was meintest du damit?«
»Bitte?«, sagte er und hoffte, dass es klang, als habe er nicht die leiseste Ahnung, wovon sie sprach.
»Das hast du im Tempel zu Elyssa gesagt. ›Schau hinter die Kratzer und den Dreck. Du siehst hier dein neues Selbst, Lyssa‹«, wiederholte sie. »Was meintest du damit genau?«
»Nichts.«
»Lüg mich nicht an, Cayal. Du hast mich an sie verkauft.«
»Hab ich nicht.«
›»Nach diesem Körper lechzen Männer auf ganz Amyrantha‹, hast du gesagt. Du hast ihr erklärt, ich wäre eine der schönsten Sterblichen von Amyrantha.«
»Man sollte doch annehmen, dass du mittlerweile gelernt hast, ein Kompliment zu verkraften, oder nicht?«
Sie fand das nicht komisch. Und sie ließ sich auch nicht so leicht von diesem äußerst unwillkommenen Gesprächsverlauf abbringen. »›Wenn die Gezeiten auf dem Höchststand sind, könntest du das sein, Lyssa. Groß, elegant, umwerfend schön … schmerzfrei …‹«, zitierte sie wörtlich und bewies ein verstörend präzises Gedächtnis. »Was bitte meintest du damit?«
»Ich meinte nur, sie könnte versuchen, wie du zu sein«, erläuterte er achselzuckend. »Was glaubst du denn, was ich damit meinte, Arkady? Gezeiten, was sollte es denn sonst heißen?« Er begegnete ihrem misstrauischen Blick offen und unschuldig, als habe er absolut nichts zu verbergen.
»Das versuche ich ja gerade herauszubekommen.«
»Mach dir keine Gedanken deswegen«, beruhigte er sie und nahm ihre behandschuhte Hand in seine. Er zog sie an seine Lippen und lächelte. »Du weißt, ich hasse Elyssa. Ich hab doch nur versucht, sie davon zu überzeugen, dass sie genauso schön ist wie du.«
»Warum? Weil du ihre Hilfe brauchst, um sterben zu können?«
»Gezeiten, auf ganz Amyrantha gibt es keinen anderen Grund, warum ich mich sonst mit ihr abgeben würde.«
»Und sie ist einfach so einverstanden damit? Mit deinem Plan, dir das Leben zu nehmen, indem du den Kristall des Chaos einsetzt?«
»Naja, ich musste ihr erst meinen Körper versprechen«, sagte er und grinste zaghaft. Er hoffte ihr endlich ein Lächeln zu entlocken, das nicht nur Spott oder Geringschätzung ausdrückte.
Er erreichte prompt das Gegenteil. Arkady starrte ihn finster an. »Ich frage mich allmählich, ob du ihr meinen versprochen hast.«
Er zuckte die Achseln und verstand sie absichtlich falsch. »So ist Elyssa nicht gepolt. Also mach dir keinen Kopf deshalb. Ich arrangiere mich mit der Nervensäge und tue, was immer ich tun muss, damit sie glücklich ist, bis
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