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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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auf den Ruf gewartet.
    »Mylady?«
    »Ceeby, würdet Ihr wohl unseren anderen Gast hereinbitten?«
    Das war die einzige Vorwarnung. Ihm blieb nur der Bruchteil eines Augenblicks, um seinen Zorn in den Griff zu kriegen. Die Dauer eines Herzschlags, um rasch seine Mimik zu glätten, und schon musste er dem Mann ins Auge blicken, der nun das Zimmer betrat und haargenau so aussah wie vor einigen Monaten, als Stellan ihn zuletzt gesehen hatte – an dem Tag, als er ihn im Kerker von Herino aufsuchte, um ihn zu quälen.
    Er hatte nicht mal den Anstand, zerknirscht auszusehen.
    Doch der neue Herzog von Lebec würde nie erfahren, welchen Schmerz seine Gegenwart Stellan bereitete. Der neue König von Glaeba war ein Mann, der seine wahren Gefühle zu verbergen verstand. Stellan lächelte weltmännisch, als wären sie nichts als flüchtige Bekannte, die sich zufällig über den Weg liefen.
    »Nun Jaxyn«, sagte er jovial, nahm seinen Platz im Sessel wieder ein und lehnte sich mit lässigem Behagen zurück, »wie Tilly mir gerade erzählt, brauchst du meine Hilfe, um die Welt zu retten.«
    Jaxyn stemmte die Hände in die Hüften und warf der alten Frau einen ärgerlichen Blick zu. »So hätte ich das nicht ausgedrückt. Aber die Bruderschaft ist ja seit jeher anfällig für übertriebenes Pathos.«
    Jaxyns Bemerkung sprach Bände. Dass er hier war, dass er Bescheid wusste über Tilly und ihre Rolle in der Geheimorganisation, die sich der Zerstörung seiner Art verschrieben hatte, dass sie seine Gegenwart nicht nur duldete, sondern ihr noch Vorschub leistete – all das sagte Stellan einiges über den Zustand der Welt und die Gefahr, in der sie schwebte, wenn er sich nicht entschloss zu helfen.
    »Dessen bin ich gewiss«, erwiderte Stellan und staunte selbst über die Festigkeit seiner Stimme. »Wie würdest du denn unsere Lage zusammenfassen?«
    »Heikel«, versetzte Jaxyn. »Aber nichts, was wir nicht handhaben können, wenn du dafür sorgst, dass ich zu Tryan vorgelassen werde. Nach allem, was in letzter Zeit passiert ist … nun, ich bezweifle, dass er derzeit mit mir sprechen will. Das alte Mädchen und ich«, er warf einen Seitenblick auf Tilly, der diese Bezeichnung sichtlich nicht zusagte, »wir sind uns einig – und es gibt nicht viel, worin wir uns einig sind –, dass du wohl der Einzige bist, der den nötigen Einfluss und wohl auch den nötigen Grips hat, das wieder hinzubiegen.«
    »Heikel? Das scheint mir doch ein wenig untertrieben.«
    »Also machst du es?«, fragte Jaxyn leicht ungeduldig.
    »Unter einer Bedingung«, sagte Stellan. Er schnippte ein imaginäres Staubkorn von seinen Beinkleidern, lehnte sich wieder zurück und schlug die Beine übereinander.
    »Was für eine Bedingung?«
    Stellan wusste, dass es auf der ganzen Welt keine Macht gab, mit der er diesen Unsterblichen unter Druck zu setzen vermochte. Er würde niemals auch nur das Geringste tun können, um all die Unbill wettzumachen, die dieser Mann ihm und seiner Familie zugefügt hatte. Der Mord an seiner Nichte würde ebenso ungesühnt bleiben wie die Zerschlagung seines Landes und der Diebstahl von allem, was er je besessen hatte …
    Doch für einen flüchtigen Augenblick besaß Stellan alle Macht der Welt. Es würde vielleicht nie wieder so weit kommen, aber jetzt gerade, just in diesem Augenblick, hatte Stellan etwas, das Jaxyn brauchte, und damit die Oberhand.
    Der König von Glaeba sah Jaxyn tief in die Augen und lächelte giftig. »Du musst bitte sagen.«

47
     
    Es regnete in Ramahn. Declan hatte hier noch nie zuvor Regen erlebt. Er hüllte die Stadt in melancholische Schleier. Gebäude, die sonst in leuchtendem Weiß erstrahlten und dadurch trügerisch proper und sauber wirkten, waren nun grau und von scheckiger Feuchtigkeit getrübt. Der feine Belag aus Sandstaub, der in dieser Stadt am Rande der Wüste alles überzog, verwandelte sich im Regen in Schlamm, der die Hauswände herunterrann und streifig beschmierte. Die sonst so farbenprächtigen Markisen des Marktplatzes hingen schwer und schlaff herab und trieften, sogar die Bettler hatte der Regen vertrieben.
    Declan hatte erst Warlock nach Torlenien geschickt, um Brynden wissen zu lassen, dass er um ein Treffen ersuchte. Angesichts des magischen Stolperdrahts, den Brynden um den halben Kontinent gelegt hatte, fand Declan, dass die Entsendung einer Vorhut in Gestalt eines Dritten – der weder den Alarm auslöste noch von Unsterblichen korrumpiert werden konnte – der sicherste Weg war,

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