Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
sie dazu bringen, dass sie eine
Allianz bilden, um die anderen Gezeitenfürsten auszuschalten und Amyrantha zu retten.«
Stellan starrte sie entgeistert an. » Wie bitte? Ihr wollt, dass ich eine Allianz erwirke zwischen wem? Declan und Tryan? Syrolee und ihrer Familie? Und wem noch?«
»Unter anderem dem Kaiser von Torlenien.«
Stellan sah sie verständnislos an. »Was hat der damit zu tun?«
»Während Ihr Euch noch in den Bergen versteckt hieltet, ist der junge Herrscher von Torlenien schwer erkrankt. Als er sich einige Wochen später genesen von seinem Krankenlager erhob, war er verändert. So verändert, dass er jetzt verblüffende Ähnlichkeit mit Brynden aufweist, dem unsterblichen Fürst der Vergeltung.«
Stellan schüttelte staunend den Kopf. »Gezeiten, gibt es nicht ein Reich auf Amyrantha, wo sie noch nicht das Heft in der Hand haben?«
»Nur wenige«, sagte Tilly. »Und das wohl auch nur, weil wir mehr Länder als Gezeitenfürsten haben.«
Stellan konnte nicht mehr still sitzen. Er stand auf und begann auf dem Teppich vor dem Kamin auf und ab zu gehen. »Wie soll ich das denn anstellen, Tilly? Warum sollten sie mir überhaupt zuhören?«
»Weil genau das Euer großes Talent ist, Stellan. Ihr seid ein glänzender Diplomat. Wahrscheinlich seid Ihr der einzige Mensch auf Amyrantha, der es schaffen kann, diese Leute an den Verhandlungstisch zu bringen, einen Pakt zusammenzuschustern und sie zu gemeinsamem Handeln zu bewegen, ehe die Flut ihren Höhepunkt erreicht und Amyrantha ausgelöscht wird.«
Er schüttelte den Kopf und wusste selbst nicht recht, ob er damit ihr Kompliment zurückwies oder einfach nur betäubt vom Ausmaß des Problems war. »Ich fühle mich geschmeichelt von Eurem Vertrauen in meine Fähigkeiten, aber ich fürchte, es ist nicht gerechtfertigt. Ich hab ja nicht mal Beweise, dass dieser Plan wirklich existiert, bei dem, wie Ihr sagt, Amyrantha ausgelöscht wird. Declan ist ja wohl nicht da, um das zu bestätigen. Sonst säße er jetzt sicher hier bei uns und könnte ihn dann auch seinen unsterblichen Genossen erklären. In der Diplomatie geht es vor allem um Glaubwürdigkeit, Tilly. Man hat keine gute Verhandlungsbasis, wenn man nicht belegen kann, dass man in einer starken Position ist – und sei es nur moralisch –, um seine Sache durchzubringen.«
Tilly nickte. »Ich weiß. Ich habe jemanden an der Hand, der Euch helfen kann. Declan ist auf dem Weg nach Torlenien, um mit Brynden zu reden, aber es gibt noch einen Mann in Glaeba, der die Sache stützen kann. Einen Mann, dem ich es zutraue, Tryan und Syrolee von der Dringlichkeit eines Pakts zu überzeugen -vorausgesetzt, Ihr kriegt sie an einen Tisch. Da Declan inzwischen mit Brynden spricht – und ich gehe davon aus, dass unser jüngster Unsterblicher es schafft, uns die Mitarbeit des Fürsten der Vergeltung und seiner Gefährtin zu sichern –, sehe ich gute Chancen, im Anschluss auch noch die niederen Unsterblichen auf unsere Seite zu bekommen.«
»Und wer soll dieser Mann sein?«, fragte Stellan immer noch kopfschüttelnd. Er kannte weit und breit keinen Menschen, der so viel Autorität besaß, dass ein Gezeitenfürst sich von ihm über die Gefahren beim Öffnen eines kosmischen Spalts belehren ließ. »Um Tryan gefügig zu machen, brauchte man schon einen weiteren Gezeitenf –«
Seine Stimme versiegte, als ihm die Antwort einfiel, noch ehe Tilly etwas entgegnen konnte.
»Gezeiten … Nein. Ihr könnt doch nicht …«
Ihr mitleidiger Blick sagte ihm, dass Tilly seinen Schmerz zwar verstand, sich aber nicht davon abhalten lassen würde zu tun, was nötig war. »Ihr wisst selbst, dass es keinen anderen Weg gibt, Stellan. Sonst würdet Ihr nicht so erbleichen.«
Er schüttelte den Kopf. »Er hat ihnen den Krieg erklärt, Tilly. Tryan wird nicht ein Wort mit ihm sprechen.«
»Unleugbar«, stimmte die alte Dame zu. »Es sei denn, Ihr tretet als Fürsprecher auf und bereitet den Boden für ein Gespräch.«
»Ich sähe fast lieber Amyrantha in Schutt und Asche«, stieß er bitter hervor, »als diesem verlogenen, hinterhältigen kleinen Miststück ins Gesicht zu blicken.«
»Das ist schade, Stellan, wirklich schade«, seufzte Tilly. »Und es schmerzt mich, dies jetzt tun zu müssen, aber Euer Zartgefühl spielt hier überhaupt keine Rolle.«
»Was tun zu müssen?«
Tilly griff nach der kleinen Handglocke auf dem Tisch. Noch ehe das helle Geläut verklungen war, öffnete sich die Tür. Offenbar hatte der Diener schon
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