Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Unsterblichen handelte, würden sie versuchen, sie aufzuhalten.
»Dann kannst du unseren Gebietern berichten, dass wir alle hier sind und genau nach Befehl handeln.«
»Nun, dann ist’s ja gut …«, nickte Tiji und ging einen weiteren Schritt rückwärts auf den Eingang zu. »Das werde ich ausrichten. Esst ihr nur schön eure Teller leer …«
Tiji drehte sich nach links, als sie den Eingang erreichte, aber so leicht war Jojo denn doch nicht loszuwerden.
»Zur Gezeitenkammer geht’s aber da lang!«, rief sie Tiji nach.
»Wie dumm von mir«, sagte Tiji mit einem nervösen Lachen. Sie hatte vorgehabt, die Räume jenseits des Speisesaals zu überprüfen, statt zur Treppe zu gehen, die zu den unteren Geschossen führte. »Dieser Palast ist so riesig, manchmal kenn ich mich hier gar nicht mehr aus.«
»Dann begleite ich dich«, verkündete die Felide in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Wenn Lord Pellys wollte, dass du nach uns siehst, musst du ihm berichten, dass wir genau das tun, was er angeordnet hat.«
»Ist schon gut, Jojo«, versicherte ihr Tiji. »Ich finde mich schon zurecht.«
»Nein, ich begleite dich.«
Mit einer Felide diskutierte man lieber nicht, wenn sie diesen Tonfall anschlug. Jojos roter Schwanz zuckte ungeduldig hin und her, ein klares Anzeichen dafür, wie es in ihr aussah. Tiji blieben genau zwei Möglichkeiten: Der Katze ihren Willen lassen oder blutend auf dem Boden verenden, und in dem Fall bekäme die Katze trotzdem ihren Willen.
»Wunderbar«, murmelte Tiji, als Jojo neben ihr in Gleichschritt fiel. Frustriert ließ sie Jojo vorangehen. Zusammen stiegen sie die Treppen hinab. Die Felide musste an Tijis Nervosität gespürt haben, dass etwas nicht stimmte, denn sie blieb den ganzen Weg durch den Palast – zur Treppe, vorbei an den nunmehr gähnend leeren Lagerkellern, den fackelerleuchteten Korridor entlang und die grüne, moosglimmende Treppe hinunter bis zu der geheimen Feuerkammer unter dem Palast -unbehaglich dicht an ihr dran.
Von wegen geheim. Inzwischen weiß offenbar jeder Crasii, wo die ist.
Tiji hatte unterwegs weder Lust noch Energie zur Konversation. Sie versuchte immer noch, die Neuigkeiten über Azquil zu verdauen, und das erwies sich als viel schwerer, als sie sich je hätte vorstellen können.
Sie erinnerte sich an den Schneesturm, der um den Palast getobt hatte, in der Nacht, als man sie mit einer List in die Gefangenschaft gelockt hatte.
Gezeiten, ist er wirklich da rausgegangen? Ist er wirklich im Schnee umgekommen, auf der Suche nach mir?
Wenn dem so war, dann hatte diese verdammte Katze tatenlos zugesehen und nichts gesagt, um ihn davon abzuhalten, Tiji ins Eis hinaus zu folgen. Damit war Jojo für seinen Tod genauso verantwortlich wie die Gezeitenfürsten.
Darum kreisten ihre düsteren Gedanken, als sie und Jojo den Gang zu der Treppe entlanggingen, die zu der massiven unterirdischen Kammer der Gezeitenfürsten führte – die, wenn man Pellys Glauben schenken konnte, einzig zu dem Zweck errichtet worden war, damit die Gezeiten nicht rausliefen.
Tiji hatte gehofft, dass sie Jojo unterwegs entkommen konnte, doch als sie den Fuß der Treppe erreichten, löste sich diese Hoffnung schlagartig in Luft auf, denn eben trat Lukys mit seiner leidigen Ratte auf der Schulter aus der Kammer, gefolgt von Maralyce.
»Ach!«, sagte Lukys, offenbar nicht weiter überrascht, sie zu sehen. »Du hast die kleine Ark runtergebracht. Danke, Jojo. Du kannst wieder zum Fest zurück.«
Jojo verbeugte sich und strahlte unter dem wohlwollenden Lächeln ihres Gebieters. »Ich atme nur, um Euch zu dienen, Mylord.«
»Na, dann ab mit dir.«
Ohne Tiji auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte die Felide sich um und eilte wieder die Treppe hinauf, zurück zu dem – wie Tiji jetzt zu vermuten begann – letzten Mahl der Crasii.
»Was immer ich für Euch tun soll, Ihr werdet mich töten müssen!«, erklärte sie den beiden Gezeitenfürsten tapfer.
»Das lässt sich machen, weißt du«, sagte Maralyce etwas ungeduldig.
»Aber ich glaube nicht, dass es schon nötig ist«, sagte Lukys mit einem Lächeln, von dem Tiji das Blut in den Adern gefror. »Du sollst nur eine Weile etwas für uns halten, meine Liebe. Das ist doch nicht zu viel verlangt?«
»Etwas halten? Was denn?«, fragte sie argwöhnisch. Lukys hatte sie doch nicht hinter einer Eiswand eingefroren, nur damit sie auf Abruf bereitstand, um Getränke zu servieren.
»Den Kristall des Chaos
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