Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Folgen zu sorgen. Aber da war er noch nicht. Und wenn Lukys es heute schafft, Cayal zu töten, werde ich es vielleicht niemals ausprobieren müssen …
Er stieß den Gedanken beiseite. Es war höchst unnütz, sich jetzt durch Grübeleien über die Auswirkungen der Unsterblichkeit ablenken zu lassen. Was geschehen würde, würde geschehen. Das Einzige, was Declan tun konnte, war, in Übereinstimmung mit seinem Gewissen zu handeln.
Sein erstes Ziel bestand darin, Lukys und Cayal daran zu hindern, Amyrantha zu vernichten. Arkady zu finden war das dicht darauffolgende zweite. Und alles andere war ein unbedeutendes drittes gegenüber diesen beiden.
Kinta winkte den Männern auf den Türmen zurück, Declan legte seine Jacke auf den Boden, und die Fünfergruppe machte sich daran, das Feld zu räumen. Nicht so sehr, weil sie in Gefahr waren, sondern vor allem, um den Gezeitenfürsten auf den Türmen freie Sicht auf das Ziel im Mittelpunkt der Kammer zu geben. Unter ihnen nahm die Erschütterung weiter zu, während sie sich zurückzogen.
Nachdem sie ihre Plätze am Rand des Kreises erreicht hatten, bedachte Stellan Declan mit einem besorgten Blick. »Seid Ihr sicher, dass Ihr es noch rechtzeitig in die Kammer schafft?«
»Ja.«
»Es könnte schon zu spät sein.«
»Ich denke nicht.«
»Wie könnt Ihr das wissen?«, fragte Kinta und sah dabei fast so ängstlich aus wie Warlock.
»Weil«, sagte Declan und trat über die Linie, die die vermuteten Grenzen der Kammer markierte, »wie Brynden ganz richtig ausgeführt hat, als wir noch in Chelae waren, Mylady, man annehmen muss, dass sie die Welt, auf der man steht und diskutiert, wohl noch nicht vernichtet haben.«
Warlock entblößte lautlos seine Zähne und schüttelte den Kopf. Er war kein bisschen belustigt. »Ich wette, ihr Suzerain lacht euch halb tot, wenn ihr mal zusammen ein Gläschen trinkt, was?«
Bevor Declan antworten konnte, nahm das Beben plötzlich heftig zu. Der Schnee im Zentrum ihres grob getrampelten Kreises begann zu zischen und zu blubbern und dampfte, als ginge das eisgebundene Wasser von Jelidien vom gefrorenen zum gasförmigen Zustand über, ohne zwischendurch flüssig zu werden. Declan sah zu den Türmen hoch.
Der Boden zitterte noch stärker. Das Zischen wurde lauter, als der Schnee und das Eis verdampften. Ein Nebel aus Dampf blähte sich aus dem Loch, das auf dem Eis entstand, wo Declans Jacke gelegen hatte. Er konnte die Gezeiten immer noch nicht besser fühlen. Wenn überhaupt, dann noch weniger als eben, was irgendwie keinen Sinn ergab.
»Mir ist gerade etwas eingefallen«, sagte Stellan.
»Glaubt Ihr, es geht?«, fragte Warlock.
Declan ging davon aus, dass die Frage ihm galt und nicht Stellan. »Schwer zu sagen.«
»Sie müssen die Gezeitenenergie doch regelrecht in das Loch gießen«, sagte Kinta mit gerunzelter Stirn.
»Vielleicht sollten wir helfen«, schlug Rance vor.
Offensichtlich war er nicht der Einzige mit diesem Gedanken. Um sich herum fühlte Declan, wie alle Unsterblichen die Gezeiten an sich zogen – was sich als außerordentlich schwierig erwies, als er es versuchte. Es fühlte sich an, als würde jeder Tropfen Gezeitenkraft, den sie herausdrücken konnten, von dem Wirbel zwischen ihnen eingesaugt wie in eine Sickergrube. »Gezeiten, das zieht mir das Leben aus den Knochen!«, hörte er Krydence jammern.
»Was uns wieder zu meinem Einfall bringt«, blaffte Stellan leicht ungeduldig.
»Was denn, Desean?«, erwiderte Declan etwas harscher, als er beabsichtigt hatte. Es war ihm nicht egal, was Stellan zu sagen hatte, es war nur, dass vier Gezeitenfürsten alle Kraft, die sie beim Höchststand der Flut aufbieten konnten, in ein Loch lenkten, wo nicht mehr zu passieren schien, als dass der Schnee schmolz. Und die Gezeitenmagie, die er zu kanalisieren versuchte, fühlte sich an, als wollte sie ihn in einen Abgrund ziehen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Sterblicher in diesem Augenblick etwas zu sagen hatte, was mehr als flüchtige Aufmerksamkeit wert war.
»Der Kristall des Chaos soll die gebündelte Kraft verstärken, oder?«
»Ja.«
»Und selbst im Ruhezustand saugt er Gezeitenenergie an, oder?«
»Ich nehme es an.«
Warlock nickte bestätigend. »Das tut er, Erster Spion. Ich weiß das aus Erfahrung. So haben sie den Kristall in Caelum gefunden. Weil er die Gezeitenmacht einsaugt und sie den toten Punkt fühlen konnten.«
»Und was nützt uns das?«, fragte Kinta ungeduldig. In ihren
Weitere Kostenlose Bücher