Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Vibration hier und dem Platz, wo ich eben stand.«
»Dann müssten wir imstande sein, die Kanten zu erspüren«, sagte Tryan und bewegte sich ein Stückchen weiter nach rechts, um zu prüfen, ob er den Rand der Kammer finden konnte. »Ihr sagt, sie ist rund?«
»Als ob man in einem Kürbis steht«, erklärte Pellys vergnügt. »Wenn man ihn vorher aushöhlt. Und er ist aus Eis.«
»Aber ich kann die Gezeiten kaum spüren«, sagte Medwen. Sie sah sehr besorgt aus. »Oben auf dem Grat fühlte es sich wie kurz vor dem Höchststand an, hier unten sind sie so gut wie verschwunden. Wie macht er das?«
»Der Kristall des Chaos«, erläuterte Pellys. »Er macht, dass sich alles weich anfühlt.«
Das war nicht ganz die Art, wie Declan es ausgedrückt hätte, aber es kam einer guten Beschreibung nahe genug. Tatsächlich wirkte alles weicher um die Kanten, als stumpfte die Kraft des Kristalls die scharfen Schneiden der Gezeiten ab.
»Da oben könnt ihr sie fühlen«, erzählte Pellys und wies auf die eleganten Türme des Palastes. »Darum hat Lukys mich zum Wachehalten da raufgeschickt. Damit ich es ihm sage, wenn die Flut kippt.«
Jaxyn unterbrach seine Bodenuntersuchungen lange genug, um Pellys auf die Schulter zu klopfen. »Wenn er die Kammer versiegelt hat, wie willst du dann reinkommen, um ihm das zu melden?«
Pellys runzelte die Stirn. Offensichtlich hatte er so weit nicht vorausgedacht. »Ich weiß nicht … da musst du Lukys fragen.«
»Das haben wir vor«, versicherte ihm Brynden in unheilvollem Ton. »Was gibt es, Hawkes?«
Declan spähte nachdenklich zu den Türmen hoch. »Könnten wir von dort oben die Kraft der Gezeiten bündeln und damit auf die Kammer zielen?«
»Vorausgesetzt, wir wissen, wo die Kammer ist«, bestätigte Brynden mit einem Nicken. »Und vorausgesetzt, mehrere von uns sind dafür ausgerüstet, auf diese Türme zu klettern.«
Kinta betrachtete nachdenklich den Palast. »Meint Ihr, wenn wir hier unten die Ränder markieren, schafft ihr es, mit den Gezeiten darauf zu zielen?«
Declan warf noch einen Blick hinauf. »Wir könnten sie von da oben besser sehen, das ist sicher. Es sollte uns das Zielen erleichtern …«
»Der gewaltige Haken an diesem Plan«, unterbrach ihn Tryan, »sind die Wörter wir und zielen. Ihr werdet nichts dergleichen tun, Hawkes. Wenn Ihr erst anfangt, mit Gezeitenkraft zu zielen, wer weiß, wo das endet. Jaxyn, Brynden und ich klettern auf die Türme. Ihr könnt mit den anderen hier unten bleiben und uns ein gutes Ziel verschaffen.«
Declan hätte gern protestiert, aber unglücklicherweise hatte Tryan recht. Er wusste im Prinzip, wie man die Gezeiten bündelte und fokussierte, aber ihm fehlte jede praktische Erfahrung darin.
Allerdings hatte er eine ziemlich klare Vorstellung von den Maßen der unterirdischen Kammer, was bedeutete, er hatte gute Chancen, ihre exakte Läge zu bestimmen. Und wenn er hier unten blieb und es ihnen gelang, sie aufzubrechen, wäre er schneller drin, um Arkady zu suchen.
Die Übrigen verstanden das sofort genauso. »Wie lange brauchen wir, um die Spitze zu erreichen?«, fragte Brynden, schirmte seine Augen gegen die aufgehende Sonne ab und starrte zu den Palasttürmen hinauf. Declan fragte sich dasselbe. Er spürte jetzt überdeudich, wie die Zeit ihnen davonlief.
»Ihr müsst nicht den ganzen Weg bis oben klettern«, sagte Pellys fröhlich. »Auf etwa zwei Dritteln der Höhe spürt man die Gezeiten wieder.«
Brynden nickte und wandte sich an Declan. »Das sollte Euch genügend Zeit verschaffen, hier unten gemeinsam das Zentrum der Kammer aufzuspüren. Wenn ihr dort das Eis markiert, wissen wir, wohin wir die Kraft lenken müssen. Damit müssten wir das Eis binnen kürzester Zeit aufbrechen können.«
Gezeiten, dafür haben wir keine Zeit. »Und dann?«
»Erst mal sehen, was passiert, wenn das Gewölbe einbricht«, sagte Jaxyn. »Lukys’ Gesicht dabei wird bestimmt ein unvergesslicher Anblick. Und Cayals auch. Wer als Erster oben ist, Bryn.«
Damit drehte sich Jaxyn um und rannte auf den Palast zu. Tryan folgte ihm, und gleich darauf auch Brynden. Pellys starrte in die Runde der verbliebenen Unsterblichen, dann zuckte er die Achseln. »Bessere Sicht von da oben«, rief er, wandte sich um und setzte den drei Gezeitenfürsten nach. Wild mit den Armen rudernd brüllte er: »Heda! Wartet auf mich!«
Kinta lächelte kurz hinter ihm her und wandte sich dann an Declan. »Es wird ein bisschen dauern, bis sie in Position sind«, sagte
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