Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
erzählt. Ich habe ihn sogar um Hilfe gebeten. Er hat mich in die Wüste geschickt.«
»Die fragliche junge Frau war übrigens auch Eure Freundin, Mylady«, ergänzte Declan. Er bezweifelte, dass Kinta schon den Zusammenhang hergestellt hatte zwischen der Gemahlin des glaebischen Gesandten, der sie vor einem Jahr zur Flucht aus Ramahn verholfen hatte, und der Sterblichen, die Brynden benutzt hatte, um es Cayal heimzuzahlen. »Sie ist auch der Grund, warum ich diese Reise mitmache. Ich bin nämlich auf der Suche nach ihr.«
»Nach wem?«
»Arkady Desean.«
Kinta sah ihn überrascht an und wandte sich dann an Cayal. »Arkady war die Geliebte, die Brynden abgestraft hat, um mit dir abzurechnen? Gezeiten … doch, sie hat mir erzählt, dass sie dich kennt, Cayal, aber ich hätte nie gedacht …«
»Sie ist nicht meine Geliebte«, sagte Cayal. »Na, jedenfalls nicht mehr.« Er wies mit dem Kopf in Richtung Declan. »Sie gehört jetzt zu ihm. Zumindest war das so – bis sie dahinterkam, dass wir beide uns mit einer kleinen Abmachung über ihr Schicksal verständigt hatten. Das fand sie wohl nicht gerade ritterlich –«
»Genug!«, schnitt ihm Kinta zornig das Wort ab. »Gezeiten, von euch kriege ich noch Kopfschmerzen. Du sagst, du hast Brynden von eurem Plan berichtet, diesen Spalt zu öffnen, obwohl das die Zerstörung dieser Welt bedeuten könnte?«
»Nun ja, ich bin wohl nicht auf Einzelheiten eingegangen …«
»Das kann ich mir denken.«
Bei ihrem Ton blickte Cayal tief verletzt drein. »Augenblick mal, bis vor wenigen Tagen wusste ich noch gar nichts von der Gefahr, dass Amyrantha zerstört werden könnte. Und ich weiß immer noch nicht, ob ich es glauben soll.«
Kinta heftete ihren strengen Blick auf Kentravyon. »Ist es wahr?«
Kentravyon zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Bin nie in eine der anderen Welten zurückgekehrt, nachdem wir sie verlassen hatten.«
»Andere Welten?«, fragte Kinta, nun noch verwirrter. »Was für andere Welten?«
»Na, die anderen Welten«, sagte Kentravyon. »Wo wir vor dieser Welt waren. Du weißt doch …«
»Nein, Kentravyon, ich weiß nicht« Kinta zog finster die Brauen zusammen. »Als ich dich zuletzt sah, hatten wir uns gerade alle zusammengetan, um dich kaltzustellen. Denn das Einzige, worüber wir Unsterblichen uns je einig waren, ist, dass du zu gefährlich bist, um dich unbeaufsichtigt herumlaufen zu lassen. Und doch sitzt du jetzt hier, hast einen neuen unsterblichen Spielkameraden an deiner Seite und willst einen Kristall aufstöbern, mit dem du Amyrantha vernichten kannst.« Sie starrte die drei an. »Ich verlange eine Erklärung.«
»Ich hab dir doch gesagt –«, setzte Cayal an.
»Nicht von dir«, unterbrach sie ihn und wandte sich Kentravyon zu. »Von ihm.«
Es schien ein echter Schock für den Unsterblichen zu sein, dass er gesondert angesprochen wurde. »Von mir? Wieso denn ich?«
»Weil du es bist, der angeblich etwas über einen Spalt zu anderen Welten weiß, Kentravyon«, sagte Kinta scharf. »Du bist es, der behauptet, eine solche Öffnung würde Amyrantha zerstören. Ich will wissen, woher du das weißt.«
»Da musst du schon mit Lukys reden. Der weiß mehr darüber als ich.«
»Lukys ist aber nicht hier«, stellte Kinta fest. »Und selbst wenn er es wäre, du behauptest doch, Gott zu sein.«
Declan beobachte Kinta verstohlen und war heilfroh, nicht die Zielscheibe dieses Blicks zu sein. Obwohl sie von den vier anwesenden Unsterblichen am wenigsten Macht hatte, war sie eindeutig jemand, dem man lieber nicht in die Suppe spuckte.
»Ich bin Gott«, bestätigte Kentravyon.
»Was noch eine interessante Frage aufwirft«, sagte Cayal und betrachtete ihn nachdenklich. »Wer hat dich eigentlich zum Gott gemacht?«
Declan schüttelte den Kopf. Reine Zeitverschwendung, von einem Irren, der sich für Gott hielt, eine vernünftige Erklärung zu erwarten.
Gezeiten, vor ein paar Stunden hat dieser Mann kichernd wie ein Schulmädchen versucht, mit bloßen Händen Fische zu fangen.
Declan war eben im Begriff, das laut zu sagen, da erklärte Kentravyon: »Sicher, hätte Coryna nicht den Wunsch gehabt, ihr Bewusstsein in einen jüngeren Körper zu übertragen, hätte sich womöglich alles anders entwickelt. Unter anderem hätten wir dann nicht mal halb so viele Unsterbliche, und Lukys würde nicht so verzweifelt versuchen, sie endlich alle loszuwerden.«
Declan, Kinta und Cayal schwiegen, während sie diese unerwartete Enthüllung verdauten.
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