Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Beziehung steht und sich gegenseitig beeinflusst. Das ist keine Wissenschaft – das ist Kunst!
Das heißt es, Gott zu sein. Aber das versteht keiner von euch. Noch nicht.
Und eure beschränkten Machtspielchen. Gezeiten, wir sehen Syrolee und ihrer Sippschaft zu, wie sie sich erneut die Macht über ein altes Königreich erschleichen, und uns ist nur zum Heulen – nicht wegen ihrer Machtgier, sondern weil sie sich mit so wenig zufriedengeben. Sie reißen sich ein Reich unter den Nagel und denken, sie sind Könige. Mit ein bisschen mehr Finesse könnten sie echte Götter sein.
Wie ich.
Aber ich schweife ab. Ihr habt nach Coryna gefragt – oder Coron -wie auch immer ihr sie nennen wollt. Sie hat viele Namen in vielen Welten, und in den meisten ist sie eine Göttin. Ich weiß nicht, wie lange es sie schon gibt, aber eines weiß ich – sie lebt schon so lange, dass sie Angst vor dem Altern hat.
Ich weiß nicht, wie es dazu kam, dass sie sich Sorgen darum machte. Vielleicht dachte sie, wenn ihre Schönheit verblasste, würde sich Lukys in anderen Jagdgründen umsehen. Ich kann gar nicht verstehen, wie sie daraufkommt. Lukys würde alles für Coryna tun. Ihm wäre kein Weg zu weit, kein Opfer zu groß, keine Aufgabe zu niedrig, dass er sie nicht willig erfüllen würde, wenn sie es von ihm verlangte.
Ich habe in meiner Zeit so manche große Liebe gesehen, und nicht wenige wurden in ihrer Welt legendär. Doch nichts, weder in der wirklichen Welt noch in Fiktion und Legende, ist mit der Hingabe zu vergleichen, die Lukys für seine Geliebte empfindet. Daran müsst ihr euch immer erinnern, Kinder, denn selbst wenn ihr denkt , dass er euch hilft – alles, was er tut, ist für sie. All seine Taten, all seine Gedanken, jede Bewegung – alles hat irgendwie mit ihr zu tun..
Das erstreckt sich auch auf meine eisige Gefangenschaft. Ich nehme an, ihr glaubtet bei meiner Unschädlichmachung helfen zu müssen, weil ich verrückt geworden bin. Lukys sagte mir schon, dass er euch das als Grund aufgetischt hat. Die Wahrheit ist jedoch, dass Lukys erforschen wollte, was ein paar Jahrtausende im Eis mit einem Unsterblichen anstellen. Meine gesellschaftlichen Experimente zu Xenophobie und Monotheismus hatten damit wenig zu tun. Sie verschafften ihm lediglich einen glaubwürdigen Vorwand, euch für seine Zwecke einzuspannen. Und jetzt benötigt er wieder eure Hilfe beim Bündeln der Gezeitenmacht, also bietet er Cayal die Gelegenheit zu sterben. Ich bezweifle gar nicht, dass er vorhat, sein Versprechen zu halten, versteht mich nicht falsch. Aber das ist nicht sein eigentlicher Grund.
Der wahre Grund ist Coryna.
Vergesst das nie – nichts, was Lukys tut, tut er aus dem Grund, den ihr annehmt.
Und deshalb sind wir auch nach Amyrantha gekommen. Lukys hat uns erklärt, dass diese Welt leichter zu gestalten sein würde. Aber in Wahrheit war es Corynas Furcht vor dem Altern, die uns nach Amyrantha gebracht hat, und keiner der anderen Vorzüge, die das für uns mit sich brachte.
Die letzte Welt, die wir bewohnt haben, war völlig anders als diese hier. Sie war warm und voller Energie, und wir behandelten sie wie unseren persönlichen Spielplatz. Wir bastelten uns Lebewesen zur Unterhaltung – von kleinsten Insekten bis zu Kolossen, groß wie Segelschiffe. Nicht auf so plumpe Art wie ihr eure Crasii, sondern voller Raffinesse – mit hauchfeinen Details und vielschichtigen Variationen auf allen Ebenen –, und dann ließen wir der Natur ihren Lauf. Es war unbeschreiblich … vielfältig und wunderschön, unsere unsterbliche Spielwiese, und wir lebten weitgehend in Frieden mit ihr und miteinander, und das für eine lange, lange Zeit …
Aber dann fingen wir an, uns zu langweilen. Das passiert halt – es geschieht immer wieder –, und wir dachten an all die Welten davor, und wie schön es gewesen war, mit Geschöpfen von ähnlicher Art wie wir selbst zu tun zu haben … nicht nur immer uns wenige zum Reden zu haben. Der Lack begann zu bröckeln, und die Farbe des Paradieses verblasste, als wir uns klarmachten, wie das gewesen war.
Wir bekamen Appetit auf eine neue Herausforderung.
Wir hatten zunächst nicht die Absicht weiterzuziehen, daran erinnere ich mich noch. Wir waren einfach unruhig und gelangweilt und sprachen gelegentlich davon. Aber dann stiegen die Gezeiten wieder, und es sollte eine Königsflut werden, und Coryna erinnerte uns daran, dass wir bis zur nächsten Königsflut festsitzen würden, wenn wir jetzt nicht
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