Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
und mit Brynden sprechen. Er muss über Lukys’ Vorhaben unterrichtet werden, und auch über … das hier.« Sie warf einen düsteren Blick auf die weichen Muscheln in Kentravyons Händen und wandte sich dann Cayal zu. »Habe ich dein Wort, dass ihr wirklich nach Glaeba geht und nicht vorhabt, hierzubleiben und uns Scherereien zu machen?«
»Torlenien ist schlechterdings kein Gerangel wert, Kinta«, sagte Cayal wegwerfend. »Nebenbei wird unser Oberspion hier seines Lebens nicht mehr froh, ehe er nicht sein Mädchen wiedergefunden und ihre Vergebung dafür erfleht hat, dass er so ein Arschloch war. Und Kentravyon hat nichts anderes im Sinn, als den Kristall des Chaos zu finden. Du kannst Brynden bestellen, er kann sich seine Drohgebärden sparen oder sie für jemanden aufheben, der ihn beachtet. Wir sind nicht an Torlenien interessiert.«
Kinta nickte, dann wandte sie sich an Declan. »Es war faszinierend, Eure Bekanntschaft zu machen, Declan Hawkes. Vielleicht haben wir ja irgendwann in künftigen Zeiten wieder Gelegenheit zu einem Gespräch. Ich weiß, dass Brynden interessiert wäre, Euch kennenzulernen.«
»Lass dich bloß nicht von ihm erwischen, wie du seine Frau beäugst«, riet ihm Cayal.
Verärgert funkelte Kinta den unsterblichen Prinzen an. »Gezeiten, ich weiß nicht, was ich je in dir gesehen habe, Cayal.«
»Das Gleiche könnte ich über dich sagen, Kinta.«. Kinta fand offenbar, dass eine Antwort auf diese Bemerkung unter ihrer Würde war. Mit einem Abschiedsnicken in Declans Richtung - wobei sie Cayal ostentativ ignorierte – machte sie kehrt und marschierte den Strand entlang zu ihrem Streitwagen.
Kentravyon sprach mit den Muscheln. Er versuchte sie anscheinend in eine Konversation zu verwickeln, an der teilzunehmen sie allerdings nicht geneigt schienen.
Cayal seufzte theatralisch. »Und so verlief die erste Begegnung zwischen dem Ratz und dem Wagenlenker und endete ohne Blutvergießen. Weißt du was, ich glaube, das bedeutet, dass sie dich mag.«
»Ich dachte, du wolltest dir einen besseren Namen für mich überlegen?«
»Das werde ich … das werde ich. Ratz hat halt diesen speziellen Klang. Hattest du als Kind nicht einen Spitznamen, den ich verwenden könnte?«
»Keinen, den ich dir je verraten würde.«
Der unsterbliche Prinz lächelte. »Dann muss ich ihn eben Arkady aus der Nase ziehen, wenn wir sie finden. Natürlich vorausgesetzt, wir finden sie lebend. Ich meine, Jaxyn könnte ja inzwischen seine kranken Neigungen an ihr ausgelebt, sie dann ermordet und den Krähen zum Fraß vorgeworfen haben. Oder schlimmer, womöglich hat sie entschieden, dass ein Schwanz so gut wie der andere ist, und sie sind jetzt die besten Freunde, und sie lässt ihre bemerkenswerten Reize mal jemandem zuteilwerden, der sie tatsächlich zu schätzen weiß.« Er klopfte Declan auf die Schulter und lächelte noch breiter. »Weißt du was, ich glaube, dir wäre es lieber, wenn sie den Krähen zum Fraß vorgeworfen wurde.«
»Es ist wirklich ein Wunder, dass noch niemand einen Weg gefunden hat, dich umzubringen«, sagte Declan und schüttelte Cayals Hand von seiner Schulter.
Ein Stück entfernt ergriff Kinta die Zügel ihres Streitwagens und schwang sich hinauf. Sie wendete die Pferde landeinwärts, ohne zurückzublicken. Genau in diesem Augenblick setzte die Sonne den Horizont in Brand, und Kinta wurde zu einem schwarzen, rasch schrumpfenden Schatten, der sich im Morgenlicht scharf gegen den Himmel abhob.
Da er den Muscheln keine sinnvollen Antworten entlocken konnte, warf Kentravyon sie weg, winkte Kinta kurz nach und wandte sich dann lächelnd den anderen Gezeitenfürsten zu. »Ich hab das Mädchen immer gemocht.«
»Ist sie deine?«, fragte Declan.
»Meine?«
»Na, du behauptest doch, wir stammen alle von euch fünf ursprünglichen Unsterblichen ab. Ich hab mich bloß gefragt, ob du sie so gern hast, weil sie ein Kind von dir ist.«
Kentravyon antwortete nicht gleich, sondern begnügte sich damit, Declan ein Weilchen gedankenverloren anzustarren. Dann zuckte er die Achseln, ignorierte die Frage und breitete die Arme aus. »Sollen wir weiterziehen, Freunde? Der Tag ist noch jung, die Gezeiten locken, der Kristall des Chaos erwartet uns, und ich habe Sehnsucht danach, noch ein wenig zu fischen. Wir können zum Reisen meinen Umhang benutzen, bis wir etwas Passenderes finden.«
»Ich denke nach wie vor, dass es die reizvollere Variante wäre, den Ratz lebend zu häuten und sein Fell zu nehmen«,
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