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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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warte dann draußen«, sagte Stellan und wandte sich in Richtung Tresen. Hoffentlich hatte er genug Geld bei sich. Sofern sie nicht besonders schlecht Alkohol vertrugen, mussten diese Kerle geradezu heldenhafte Mengen von Bier in sich hineingeschüttet haben, um in den paar Stunden in solch einen Zustand zu geraten.
    Stellan arbeitete sich zum Tresen vor und winkte dem Wirt. Der Mann nickte, gab einem anderen Kunden noch schnell ein Bier und kam dann hinter der langen Theke auf Stellan zu.
    »Euer Gnaden.« Rasch wischte er vor Stellan mit einem schmierigen Lappen über den Tresen, als könne das am Zustand seines Etablissements etwas ändern. Dann schob er den Lappen zufrieden wieder in seine Schürze. »Eure Jungs da haben ein ganz schönes Loch in mein Fass gesoffen.«
    »Für das ich selbstverständlich aufkommen werde«, versicherte ihm Stellan. »Sie haben doch hoffentlich keinen Ärger gemacht?«
    »Nicht mehr als die andren Wracks hier«, beruhigte ihn der Wirt. »Das wären also –«
    »Sie kommen!«
    Stellan und der Wirt blickten zur Tür. Ein Bursche von etwa sechzehn Jahren stand im Eingang und wrang seine Mütze in den behandschuhten Händen. Sein Gesicht war hochrot vor Aufregung. »Sie kommen!«, wiederholte er laut, damit ihn wirklich jeder hörte. »Man kann sie schon sehen!«
    »Wer kommt?«, fragte der Wirt. »Was quasselst du da, Seth?«
    »Die Glaebaner!«, rief der Junge ungeduldig. »Man sieht sie schon auf dem See!«
    Stellans Rechnung war vergessen. Alles sprang auf die Füße, eilte zur Tür und strömte hinaus. Von der Menge mitgerissen, stand Stellan gleich darauf auf einer kleinen Anhöhe hinter der Taverne und blickte auf den zugefrorenen Oberen Oran. Es war dunkel. Der See war eine einzige graue, konturlose Eisfläche, die sich bis weit in die Ferne erstreckte. Es war bitterkalt, und alles war mit Neuschnee bedeckt.
    »Wo sind sie denn?«, fragte jemand, während die letzten Gäste der Taverne sich einfanden, um einen Blick auf die Invasionstruppen zu erhaschen.
    »Da drüben!«, rief Seth und zeigte auf das Eis.
    Stellan spähte angestrengt ins verschwommene Dunkel, und dann sah er sie. Nicht die Truppen, aber Fackeln. Eine schier endlose Reihe goldener Lichter erstreckte sich in der Ferne nach beiden Seiten, so weit das Auge reichte, über den ganzen See. Noch waren sie weit vom Ufer entfernt. Stellan bezweifelte, dass die Armee Caelum vor dem Morgen erreichen würde. Aber die Reihe der Fackeln war beängstigend lang. Etwas Rhythmisches an ihrem kaum wahrnehmbaren, aber beharrlichen Vorrücken verriet den Gleichschritt bewaffneter Truppen.
    Schweigen breitete sich über die Menge, als die greifbare Nähe des Krieges in die biervernebelten Köpfe eindrang.
    »Gezeiten«, bemerkte jemand. »Das müssen Tausende sein!«
    »Hätte nie gedacht, dass sie wirklich bei uns einmarschieren«, sagte ein anderer. »Das hab ich grad neulich noch zu meinem Schwager gesagt, als er meinte, wir sollten uns melden und mitkämpfen. Dafür gibt’s doch Feliden, hab ich ihm gesagt.«
    »Was meint Ihr, wie viele Feliden die Glaebaner da draußen haben?«, fragte eine ziemlich besorgte Stimme weiter unten am Abhang.
    »Alle, so wie es aussieht«, antwortete ein anderer.
    Stellan starrte auf die Invasionstruppen. Ihm war regelrecht übel. Das waren seine Landsleute da draußen. Dieser ganze Krieg fand zum Teil – zu keinem ganz kleinen Teil – auch seinetwegen statt.
    »Sollen wir Alarm schlagen oder was?«, fragte jemand.
    »Sie haben Wachposten am Palast«, meinte der Wirt. »Die brauchen uns nicht, um zu merken, dass die Glaebaner im Anmarsch sind.«
    »Bastarde!«, knurrte ein anderer, was ein allgemeines zustimmendes Brummen unter den Gästen des Verwundeten Grashüpfers auslöste.
    Lange beobachtete Stellan die heranrückende Fackelfront, bis sein fast wieder nüchterner Leibwächter ihn in der Menge fand und am Ärmel zupfte.
    »Euer Gnaden«, raunte er leise, um nicht die Aufmerksamkeit der anderen zu erregen, »wir sollten zurück zum Palast.«
    Stellan blickte sich um und sah, dass die beiden anderen Leibwächter inzwischen wieder aufrecht standen – wenn auch nicht kerzengerade – und mit den gesattelten Pferden auf ihn warteten.
    »Ja, gut«, stimmte er zu und sah sich nach dem Wirt um. Der Mann stand ganz in der Nähe und starrte selbstvergessen den anrückenden Truppen entgegen. Stellan trat an ihn heran, fischte eine Silbermünze aus seinem Beutel und drückte sie dem Wirt in die Hand.

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