Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
glaebischen Truppen hergezogen. Obendrauf standen einige Gestalten, umgeben von glaebischen Flaggen, die steif im Wind flatterten. Anscheinend hatte Jaxyn sich seine eigene Bühne mitgebracht. Oder jedenfalls eine Plattform, von der aus er die Schlacht beobachten und lenken konnte. Warlock kniff die Augen zusammen. Er konnte auf dem Podest drei Männer ausmachen -von denen er annahm, dass es Jaxyn und König Mathu waren und vielleicht ein Diener –, doch es standen anscheinend auch Frauen dabei, von denen offenbar nur eine gegen die Kälte vermummt war. Aus dieser Entfernung konnte Warlock nicht erkennen, wer sie waren. Wahrscheinlich Dienerinnen, oder womöglich waren auch Jaxyns unsterbliche Mitverschwörerinnen Diala und Lyna mitgekommen, um die Schlacht mit anzusehen.
Vielleicht entsprach es ihrer Vorstellung von guter Unterhaltung, so vielen Crasii beim Tod auf dem Schlachtfeld zuzuschauen.
»Könnt Ihr nicht wenigstens ein bisschen Magie riskieren, damit das Pech schneller fließt, Mylady?«, fragte Warlock und fürchtete im nächsten Augenblick, dass er sich mit dieser Frage zu weit vorgewagt hatte. Aber es war so wichtig, dass Stellan Deseans Plan aufging und die überlegenen glaebischen Truppen auseinandergetrieben wurden. Denn inzwischen befand sich Warlock in der alles andere als beneidenswerten Klemme, dass er hoffen musste, seine Feinde würden – vielleicht nicht gleich siegen, aber doch zumindest diesen Tag überstehen.
Wenn echtes Chaos ausbricht kann ich vielleicht unbemerkt verschwinden. Sofern um uns herum die Schlacht tobt, muss Elyssa annehmen, dass ich darin umgekommen bin …
Warlock brach seinen Tagtraum energisch ab, bevor er ihn noch weiterspinnen konnte. Er befand sich nicht nah genug am Schlachtfeld, um solches Glück zu haben, und dass Elyssa ihm in nächster Zeit erlaubte, sich von ihrer Seite zu entfernen, war reichlich unwahrscheinlich.
»Wenn Jaxyn mich im Gezeitenstrom spürt, wird er mit vollen Rohren zurückfeuern. Das hat er letztes Mal gemacht, als wir uns um einen Thron stritten.«
»Bitte, Mylady?«, fragte Warlock und hoffte, dass sein Nachhaken sie nicht misstrauisch machte.
»Fyrenne, Cecil. Es ist zwar schon Jahrtausende her, aber Jaxyn hat sich seitdem kaum verändert. Es war nicht meine Schuld, weißt du, obwohl die anderen immer noch mich dafür verantwortlich machen. Jaxyn wollte einfach nicht loslassen. Als wir aufhörten, uns um das Land zu streiten, war nur noch eine ausgebrannte Ödnis übrig.«
»Dieses Mal soll er Euch nicht schlagen, Mylady«, versicherte Warlock ihr. »Ihr werdet siegen.«
Elyssa lächelte Warlock zu. »Ach, Cecil, ich wünschte, du hättest Grund, das zu sagen, weil es wahr ist, und nicht, weil du keine andere Wahl hast, als das zu glauben.«
Ein Fanfarenstoß schmetterte durch den kalten Morgen und entband Warlock von einer Antwort. Neben dem Podium draußen auf dem Eis hatten mehrere Herolde Aufstellung genommen. Sie ließen ihre Fanfaren erschallen, was ein Weilchen dauerte, dann löste sich ein einzelner Schlitten aus den Reihen. Seltsamerweise kauerten die meisten der Kampfkatzen jetzt in geduckter Stellung auf dem Eis, statt aufrecht zu stehen. Erst nach längerem Hinsehen erkannte Warlock, dass die Feliden irgendetwas von ihren Füßen entfernten. Was immer sie sich da übergezogen hatten, um die Eisfläche überqueren zu können, jetzt legten sie es ab, damit es sie im Gefecht nicht behinderte. Mit ihren scharfen ausfahrbaren Klauen brauchte eine Kampfkatze keine Klinge, um im Nahkampf ihre Gegner auszuweiden, und ihre Füße waren genauso gefährliche Waffen wie ihre Hände.
Wie auch immer die Verhandlungen des glaebischen Parlamentärs mit der caelischen Armee ausfallen würden – es war nur allzu offensichtlich, dass Jaxyn fest vorhatte, seine Feliden in die Schlacht zu schicken.
»Und wenn wir den Graben hier noch erweitern, Mylady?«, schlug Warlock vor und betrachtete die dünne schwarze Linie, die sich vom Eis zur Pechgrube zog.
»Meinst du, das nützt etwas?«
»Es kann nicht schaden, Mylady.«
Elyssa nickte zustimmend. »Dann lass sie wieder anfangen zu graben, Cecil. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr.«
Warlock drehte sich um und eilte die Böschung hinauf, wo der Vorarbeiter mit seinen Caniden wartete. Sie schlotterten vor Kälte, weil Elyssa ihnen verboten hatte, ein Feuer zu machen, das ihre Position oder ihre Absichten verraten konnte – ganz zu schweigen vom Brandrisiko so nahe an einer offenen
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