Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
Erstaunen stellte er fest, dass Familie Magnusson in einem netten Reihenhausviertel direkt am Wald und ganz nah am Mälaren wohnte. Was hatte er erwartet? Vermutlich sozialen Wohnungsbau, ein Hochhaus im Betondschungel. Weil das Mädchen selbstredend aus einer dysfunktionalen Familie stammen musste. Oder?
Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken. Es waren Vater und Tochter Siem, die sich nur mit gebremster Begeisterung in der Polizeiwache eingefunden hatten, um ein paar Fragen zu beantworten. Sandén hatte es vorgezogen, sich nicht an dem Gespräch zu beteiligen; seine Dechiffrierungsarbeit nahm ihn zu sehr in Anspruch. Andersson rollte seinen eigenen Stuhl auf die andere Seite des Schreibtischs und stellte ihn neben den Besucherstuhl. Anschließend bot er ihnen einen Sitzplatz an, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den Schreibtisch. Ein Besucherstuhl mehr hätte nicht geschadet, aber gerade in dieser Situation war ihm die mentale Lufthoheit, die seine Position mit sich brachte, nicht unwillkommen.
Das Mädchen sah nicht besonders betrübt aus, sondern eher erfreut über die Gelegenheit, dem Idol -Star ein weiteres Mal begegnen zu können. Dass ihr Vater sich dagegen die Fahrt in die Stadt lieber erspart hätte, hatte er bereits am Telefon klargemacht. Andersson eröffnete das Gespräch mit einer Frage, die bewusst an ihn gerichtet war.
»Haben Sie Sven-Gunnar Erlandsson jemals zum Wohnwagenstellplatz in Huddinge begleitet?«
»Wohnwagenstellplatz? Was soll ich denn bei so etwas?«, antwortete Siem mit anscheinend ungespielter Verwunderung.
»Wo die Obdachlosen kampieren, die er unterstützt hat.«
»Sie meinen, wo diese Fernsehreportage aufgenommen wurde? Jetzt verstehe ich. Nein, dort bin ich nie gewesen.«
Josefin Siem saß daneben und lächelte und ahnte nicht, was ihr bevorstand. Sie war wirklich ein außergewöhnlich süßes Geschöpf. Sie trug einen kurzen Rock und ein sportliches Top, das einen durchtrainierten Körper erkennen ließ. Dieses Mal trug sie ihr langes Haar offen, wodurch es hübsch über ihre nackten Schultern fiel. Es hatte allerdings einen solch dunklen Ton, dass Andersson sich nur schwer vorstellen konnte, dass es früher einmal blond gewesen sein könnte.
»Du warst als Kind nicht zufällig blond?«, fragte er trotzdem.
Sowohl Josefin als auch ihr Vater verneinten.
»Wir brauchen nämlich Informationen über ein blondes Mädchen, das im Jahr 2001 zwischen fünf und zehn Jahre alt gewesen sein muss. Genauer gesagt über das Mädchen, das zusammen mit Larissa Sotnikova gesehen worden war, kurz bevor sie verschwand.«
»Oh, verdammt«, sagte Jan Siem. »Fangen Sie schon wieder an, darin herumzuwühlen? Soll das etwa mit Svempas Tod zu tun haben?«
»Ehrlich gesagt, wissen wir darüber noch gar nichts«, antwortete Andersson verbindlich. »Aber wir versuchen uns dem Fall aus allen möglichen Richtungen zu nähern. Was glauben Sie denn?«
Siem zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Aber es hieß, dass das Mädchen ausgerissen war, weil sie nicht wieder nach Hause wollte. Was man auch verstehen kann.«
»Ja, klar. So könnte es natürlich gewesen sein. Wir würden aber trotzdem gerne wissen, ob sie sich an ein kleines, blondes Mädchen in dem genannten Alter erinnern können.«
Josefin schaute zu ihrem Vater hinüber. Er zuckte erneut mit den Schultern.
»Unsere beiden größeren Töchter waren auf dem Fußballcamp. Außerdem haben sie dunkles Haar.«
»Alexandra?«, schlug Josefin vor. »Sie ist blond.«
»Meinst du Alexandra Wiklund?«, hakte Andersson nach.
Josefin nickte mit einem Ausdruck kindlicher Unschuld.
»Dann werden wir das überprüfen. Aber nach früheren Aussagen hat sie sich, genau wie du, an jenem Vormittag auf dem Sportplatz Mälarhöjden aufgehalten, obwohl sie noch gar nicht angefangen hatte, Fußball zu spielen. Apropos Wiklund: Josefin, soweit ich verstanden habe, hattest du dich bei der Vereinsführung über Lennart Wiklund beschwert, weil er dich angestarrt haben soll. Stimmt das? Oder hat er dich begrapscht? Was war da eigentlich los?«
Jetzt änderte sich Josefins Erscheinung. Sie sperrte die Augen weit auf, und ihr Blick bekam etwas Leuchtendes, geradezu Sensationslüsternes.
»Ach das«, sagte sie versiert. »Er war supereklig. Er hat uns die ganze Zeit mit diesem kranken Blick angestarrt. Sie wissen schon, als wollte er uns haben, irgendwie. Und dann wollte er uns immer umarmen und so was. Das war total
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