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Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Ausdrücken. Inwieweit sie sich komisch anzieht, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich finde, Loddan zieht sich komisch an. Aber ihn mögen wir ja auch.«
    Da saß nun Loddan mit seinem zum Pferdeschwanz gebundenen Haar, einem Ring im Ohr, Tätowierungen auf den Oberarmen, einem T-Shirt mit Rolling-Stones-Zunge und einer Jeansjacke mit bedrucktem Rücken, und alle lachten über ihn. Aber er nahm es mit Gleichmut hin.
    »Das ist nun mal mein Stil«, antwortete er mit einem schiefen Lächeln. »Gäddans Stil besteht darin, überhaupt keinen Stil zu haben.«
    »Dann helft ihr doch dabei«, schlug Sonja vor. »Petra, du könntest doch mal mit ihr shoppen gehen und ihr Haar ein bisschen stylen.«
    »Und warum?«, fragte Sandén und warf einen irritierten Blick auf seine Frau. »Ist Gäddan nicht gut genug, so wie sie ist? Müssen wir sie ›umstylen‹, damit sie in unsere Gruppe passt? So viel zum Thema achte Klasse.«
    Åsa applaudierte.
    »Gut gebrüllt, Löwe.«
    »Gäddan ist ein paar Jahre Streife gegangen, bevor sie in die Schweiz gezogen ist«, fuhr Sandén fort. »Und nachdem sie dreißig Jahre lang Hausfrau war, kommt sie zurück, hat ihr polizeiliches Wissen theoretisch auf den neuesten Stand gebracht und dazu noch einen juristischen Doktortitel. Und ihr zweifelt daran, dass sie etwas beitragen könnte, weil sie eine ›komische‹ Frisur hat? Du lieber Himmel! Ihr habt euch alle eine Ohrfeige verdient. Prost!«
    »So sehe ich das auch«, sagte Sjöberg. »Wir werden uns selbst an den Ohren packen müssen. Wir trinken auf Jens, der uns eine Lektion erteilt hat, wie man mit Menschen umgehen sollte. Und der außerdem innerhalb von drei Tagen zwei Polizisten das Leben gerettet hat.«
    Nach einem einstimmigen Prosit tranken sie aus ihren Gläsern, und nachdem sie sie wieder auf dem Tisch abgestellt hatten, spendeten sie spontanen Applaus.
    Es war eine harte Woche gewesen, mit physischen und psychischen Belastungen, die weit über das Gewohnte hinausgingen. Als die Sonne schon lange in den rosa Wolkenschleiern hinter den Tannenspitzen unten im Tal verschwunden war und die Kinder sich todmüde in ihre Fleecedecken gerollt hatten, ließ die Anspannung nach. Hamad hatte Muskelkater vom vielen Lachen. Als er den Abend vor seinem inneren Auge noch einmal Revue passieren ließ, stellte er fest, dass die ganze Vorstellung etwas Verzweifeltes an sich hatte. Sie hatten ein bisschen zu schnell gegessen, ein bisschen zu viel getrunken, ein paar Themen zu viel in zu kurzer Zeit abgehandelt, ein bisschen zu laut und ein bisschen zu oft gelacht. Falls das möglich sein sollte.
    Mit dem Alkohol und dem Einsetzen der Dämmerung hatte sich eine Erleichterung breitgemacht, eine Erleichterung darüber, dass sie alle am Leben waren, dass alles gut ausgegangen war. Erleichterung auch darüber, dass der Fall gelöst war. Aber vor allem, so glaubte er, ging es darum, dass sie einander hatten. Sonja, Åsa und Jenny waren von ihren Gesprächen so gut wie ausgeschlossen gewesen. So war es normalerweise nicht, ganz im Gegenteil. Aber dieses Mal war es anders. Sie waren nur um Haaresbreite einer Katastrophe entkommen und hatten Augen und Ohren nur füreinander. Und sogar Gerdin wurde in die gegenseitige Umarmung mit einbezogen. In höchstem Grade sogar. Ohne sie wären sie überhaupt nicht hier gewesen. Es war in jeder Hinsicht ein schöner Abend gewesen, er liebte diese Menschen, liebte seine Arbeit, liebte das Leben. Aber für Hamad war es trotzdem noch nicht genug, er wollte mehr. Wovon, das wusste er nicht. Mehr von allem. Mehr vom Leben, mehr vom Jetzt.
    Deshalb tat er, was er immer tat, wenn er dieses Gefühl hatte, wenn er Hunger nach etwas verspürte, von dem er noch nicht wusste, was es war. Er machte stattdessen das Gegenteil. Drosselte das Wunderbare, drehte die Zuflusshähne ab. Als niemand ihn sah, schlich er nach unten zur Badestelle, um sich abzukühlen. Ging auf ausgetretenen Pfaden durch den Nadelwald, füllte die Nasenlöcher mit taufeuchter Spätsommerluft. Er ließ den Lichtkegel der Taschenlampe zwischen den Baumstämmen wandern und stolperte über eine Wurzel, die über den Pfad kroch. Lauschte der Stille und fühlte sich sehr klein, sehr unbedeutend. Und das war genau das, was er brauchte: das Interesse an sich selbst, an seinem eigenen Wohlbefinden, zu dämpfen. Ein Gefühl dafür in seinem Körper zu installieren, dass alles gut war; dass er alles hatte, dass ihm nichts fehlte. Sich selbst als einen kleinen Teil all

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