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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Leidensgefährten verschwunden waren.
„Da kommt einer zurück!“, rief Nemo.
„Es ist Fred“, stellte ich nach einer Weile fest.
Fred kam auf uns zu geschlendert. Er lächelte linkisch unter
dem schmutzverschmierten Gesicht. „Ich dachte, ich sollte euch
nicht allein lassen.“
Erst später wurde mir klar, dass man diesen Satz auch
doppeldeutig auffassen konnte. Fast tat ich gedanklich Abbitte
ob soviel Edelmuts. Aber ich ließ das Funkgerät in meiner
Tasche verschwinden. Und ich ließ es dort, auch als ich einige
Augenblicke später Svens Ruf vernahm.
Nur wenige Sekunden danach konnte ich mir denken, was
Sven wahrscheinlich noch gewollt hatte: uns warnen. Denn über
den Hügel zischten Disken heran, wahrscheinlich solche, die die
eigene Netzfalle überstanden hatten.
Sie landeten bewundernswert rasch und präzis im Hof, mieden
geschickt Krater und Trümmer. Aus jedem stiegen fünf, sechs
Kugeln, verteilten sich etwas, standen. Uns beachteten sie
scheinbar überhaupt nicht.
Dann stieg eine Kugel in die Höhe, ich hatte den Eindruck, um
einen größeren Überblick zu bekommen. Unwillkürlich sah ich
mich um, stellte mich sogar auf die Zehenspitzen. Und da
erblickte ich, über ein flaches, querstehendes Gebäude hinweg,
noch etwas: Jenseits des Hofs hatten sie ihren Airport
eingerichtet gehabt. Dort hatte es eine Anhäufung kleiner und
großer Schweber, Disken und Container gegeben. Stattdessen
stieg finsterer Qualm auf, blutrote Flammen züngelten darin,
und Trümmerstücke reckten sich bizarr in die Höhe. Also
hatten die Unseren auch dort aufgeräumt. Und nun, da ich die
Kugeln so wie unschlüssig oder betroffen reglos herumstehen
sah, kam in mir doch so etwas wie Schadenfreude auf.
Dieses Gefühl erlosch beinahe schlagartig, als sich eine der
Kugeln auf den Stall zu bewegte, in dem sich die Erdarbeiter
befanden, das Tor aufdrückte und offenbar das Heraustreten
befahl.
In wenigen Minuten hatten sich die Bedauernswerten formiert,
ihre Körbe aufgenommen, und sie begannen erneut Erde zu
sieben, zogen in Reihe an uns vorbei und schütteten wiederum
einen breiten, abgeflachten Damm, nachdem Greifer behänd
Trümmer gepackt und ein Stück beiseite geräumt hatten.
Unfasslich war es für uns, als sich zwei der Erdarbeiter aus der
Gruppe herauslösten und in ihre Körbe die Überreste der Kugeln
und Leichen der Fremdlinge, die, das fiel mir nun erst auf,
keineswegs blutig oder mit einer anderen Flüssigkeit behaftet
waren, aufnahmen und sie mit im Erddamm für das neue
Gewächshaus verschütteten.
Wir starrten sprachlos, fuhren dann auch arg zusammen, als
wir plötzlich von der Seite angesprochen wurden. „Seid ihr
bereit?“
„Bereit wozu?“, fragte nach einem Augenblick der Sammlung
Nemo.
„Ihr kommt zur Basis.“
Ich hatte den Eindruck, er sagte es unwillig. Ich schaltete in
der Tasche das Funkgerät ein, hoffte, dass ich auch den richtigen
Knopf erwischt hatte, um Sven zu rufen.
„Wo ist eure Basis?“, fragte ich, eigentlich nur in der Absicht,
das Gespräch für Sven verständlich zu machen – falls er uns auf
diese Art überhaupt hören würde.
„Wozu musst du das wissen?“ War das höhnisch?
„Das Flugzeug, in das wir die Geräte gebracht hatten; ist
zerstört.“ Nemo hob resignierend die Schultern.
„Ihr werdet neue besorgen!“ Die Kugel ließ sich nicht beirren.
Und im Grunde genommen hatte ich nicht die Absicht, auf
irgendeine Weise die Entwicklung, die unser Dasein nun
genommen hatte, zu bremsen. Besser konnte ich mich meines
Auftrags sicher nicht entledigen.
Aber mir kam ein Einfall. „Es wäre aber doch gut, wenn du uns
mitteilen könntest“, sagte ich harmlos, „wo etwa sich eure
Basis befindet. Da könnte ich einschätzen, ob wir in der Nähe
die benötigten Dinge finden!“
Es entstand eine Pause, so als überlegte der andere. Doch das
konnte auch eine Fehlinterpretation sein. Und das war wohl
auch so; denn wenig später brachte eine fliegende Zange – ich
hatte derlei bei ihnen noch nicht gesehen – eine Landkarte, die
sie uns wie auf einem Ständer vor die Gesichter hielt.
Wir fuhren erschrocken zusammen, als unser unirdischer
Gesprächspartner einen hauchfeinen Funkenbogen aus sich
heraus auf die Karte lenkte, der wie ein bläulicher Draht auf einer
Gegend stehen blieb, die ich kannte. Es war der See, bei dem
man uns gefangen gehalten hatte. Und einen Augenblick dachte
ich an unsere Flucht über die Fließe, an Dagmar, die sich an
mich kuschelte. Und

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