Falsche Väter - Kriminalroman
sprechen Sie?«
»Der Mann heißt Hubert Moelderings.«
»Und warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte van de Loo.
»Sie brauchen ein paar Hintergrundinformationen, sonst verstehen Sie
das Ganze nicht. Hubert Moelderings hat Dreck am Stecken. Er könnte in den Mord
an Theo verwickelt sein. Außerdem hat er versucht, mich zu betuppen.«
»Was heißt das?«
»Er will Geld von mir. Vielleicht hat er das Gleiche auch bei Theo
versucht. Er will mich erpressen. Mit irgendwelchen alten Geschichten. Wie ich
Ihnen bereits sagte: Wir kennen uns seit mehr als zwanzig Jahren. Da kommt
einiges zusammen.«
»Was genau soll ich denn tun?«, fragte van de Loo.
»Machen Sie ihm klar, dass sein mieses Spiel beobachtet wird. Er
soll merken, dass er das mit mir nicht machen kann. Fahren Sie hin und sehen
Sie sich um. Befragen Sie ihn. Lassen Sie ihn spüren, dass er unter Beobachtung
steht. Sie sind der Kiebitz am Kartentisch.«
»Wo finde ich den Tisch, an dem gespielt wird?«
»Der Reiterhof liegt bei Xanten. Ganz in der Nähe des Archäologischen
Parks. Wenn Sie in der Gegend sind, sehen Sie an jeder Ecke Hinweisschilder zum
›Gut Moelderings‹.«
»Und was habe ich davon?«
»Sie verdienen Geld. Ich überweise Ihnen einen Vorschuss von
fünftausend Euro.«
»Fünftausend Euro?«, fragte van de Loo nach. »Ist das nicht ein
bisschen viel?«
»Das kommt ganz auf die Perspektive an«, sagte Winkens ungerührt.
»Allerdings müssen Sie mir eine Rechnung vorlegen, mit einer exakten Auflistung
Ihrer Leistungen. Fahrtkosten, Spesen, das Übliche. Es muss alles seine Ordnung
haben und legal sein. Das ist wichtig. In meiner Position muss man vor allem
auf die Kleinigkeiten achten, verstehen Sie? Die scheinbaren
Nebensächlichkeiten, die bringen einen zu Fall. Deshalb muss man vorsichtig
sein. Man steht ja permanent unter Beobachtung.«
»Gut. Überweisen Sie mir das Geld, und ich werde mich um diesen
Hubert Moelderings kümmern. Sobald ich etwas erfahre, was Sie interessieren
könnte, rufe ich Sie an.«
»Tun Sie das«, sagte Winkens.
So einfach und schnell war van de Loo noch nie zu Geld gekommen.
* * *
Charly Jaspers hatte sich den ganzen Tag nicht richtig angezogen. Er
hatte abgehangen, wie er es aus dem Knast gewohnt war. Zwischendurch hatte er
den Fernseher eingeschaltet, aber kein Programm gefiel ihm. Er lag auf der
Couch und wartete, ohne eigentlich zu wissen, worauf. Er spürte eine gewisse
Anspannung, weil er nicht die geringste Ahnung hatte, was er in den nächsten
Tagen machen und wie es mit ihm weitergehen sollte. Er war sich auch nicht mehr
sicher, ob es richtig gewesen war, ausgerechnet bei Werner, einem Angestellten
der Justizvollzugsanstalt, unterzuschlüpfen. Aber er kannte sonst niemanden.
Nur Sonja, aber die steckte selbst bis zum Hals in Schwierigkeiten. Sie hatte
ihm den Tipp mit der Hütte gegeben. Dann hatten sie sich gestritten, er war
wütend geworden und hatte wieder einmal zugeschlagen.
Das Telefon klingelte. Es hatte schon ein paarmal geklingelt, aber
er war nicht rangegangen. Dann hörte er ein Geräusch. Es kam von draußen. Er
stand auf und trat ans Fenster. Ein alter Mann arbeitete im Nachbargarten. In
aller Gemütsruhe schnitt er die Rosen, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der
Welt. Dann begann er, Unkraut aus den Beeten zu klauben. Charly legte sich
wieder auf die Couch und döste, bis ihn ein anderes Geräusch hochfahren ließ.
Wieder trat er ans Fenster und zog die Vorhänge ein wenig beiseite.
Nichts. Kein Mensch zu sehen. Auch der alte Mann war verschwunden. Nur die
Schubkarre stand noch da, gefüllt mit Rosenzweigen und Unkraut, dessen Wurzeln
voller Erde waren.
* * *
Als Carsten Peters das Büro des Polizeipräsidenten betrat, erwartete
ihn eine Überraschung. Neben dem Chef stand eine junge Frau. Sie stand
tatsächlich neben ihm, obwohl er normalerweise größten Wert darauf legte, dass
man ihm gegenüber Platz nahm.
»Tach zusammen«, sagte Peters grinsend.
»Guten Tag, Carsten«, sagte der Chef des Klever Polizeipräsidiums
förmlich. »Darf ich vorstellen: Das ist Frau Fichte. Sie kommt frisch von der
Polizeihochschule in Münster. Hat übrigens einen hervorragenden Abschluss
gemacht.«
Die Frau kam auf Peters zu. Sie hatte einen geschmeidigen Gang, als
hätte sie früher Ballett getanzt, trug ihr kastanienbraunes Haar ziemlich kurz
und hatte auffallend dunkle Augenbrauen. In ihrem linken Ohr steckte mindestens
ein Dutzend Ringe. Hinzu kam ein kleiner
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