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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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drohte. Wenn aber ein fremder Vampir in der Nähe war, löste das häufig eine Kurzschlussreaktion aus, die das Opfer selten überlebte. Langsam begann Laney sich zurückzuziehen, als Darrek plötzlich den Kopf hob.
    Er fixierte sie aus seinen schwarzen Augen und identifizierte sie augenblicklich als Feind. Laney empfand Abscheu und Grauen, doch zu ihrem Entsetzen auch ein wenig Faszination. Wie mochte es sich anfühlen, seinen Instinkten einfach nachzugeben und sich über alle Regeln und Etiketten hinweg zu setzen? Als Laney selbst einen Menschen gebissen hatte, war es ein Unfall gewesen. Sie hatte diese Entscheidung nicht bewusst getroffen, sondern war einfach durchgedreht, weil sie sich als Kind noch nicht so sehr unter Kontrolle hatte. Seit diesem Vorfall hatte sie jedoch so sehr an ihrer Selbstbeherrschung gearbeitet, dass sie es sich gar nicht mehr vorstellen konnte, Blut wirklich als Versuchung zu betrachten.
    Darrek starrte Laney an und die fremde Frau entglitt seinen Armen. Bewegungslos fiel sie zu Boden und Laney folgte ihrem Sturz mit den Augen. Fassungslos klappte ihr Mund auf, ohne einen Ton hervorzubringen. Sie wurde erst wieder abgelenkt, als sie Darreks Knurren hörte. Es war ein dunkles Geräusch, aus den Tiefen seiner Kehle, das ihr den Hals zuschnürte. Wenn sie sich schützen wollte, dann musste sie fort. Und zwar sofort. Es gab nichts mehr, was sie noch für die junge Frau tun konnte, aber sich selber konnte sie noch vor Darrek in Sicherheit bringen. Es war eindeutig, dass er sie nicht erkannte. Gefahr, signalisierten alle ihre Instinkte, und Laney reagierte.
    Mit unheimlicher Willensanstrengung riss sie sich von dem Anblick los und rannte davon. Ihr Nachthemd flatterte im Wind und sie spürte, wie ihr die Tränen über die Wange liefen. Wie konnte Darrek nur? Diese Frau hatte nichts getan, um den Tod zu verdienen, doch Darrek hatte sie einfach als lebenden Blutbeutel benutzt.
    Es brach ihr das Herz. Nicht zum ersten Mal fühlte sie sich schuldig. Machte es irgendetwas besser, dass sie keine Menschen tötete, wenn sie tatenlos dabei zusah, wie andere es taten? Sie hatte das Gefühl, als würde sie dadurch sogar zum Mittäter.
    Laney konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und schluchzte auf, unfähig sich zusammenzureißen. Erschöpft lehnte sie sich an eine Wand und sackte in sich zusammen. Sie war am Ende ihrer Kräfte.
    Laney weinte immer noch, als kühle Hände sie berührten. Sie war nicht überrascht William zu sehen und klammerte sich dankbar an seine Brust, als er sie vorsichtig hochhob und davontrug. An seinen Hals gelehnt weinte sie weiter und ließ sich von seinen geflüsterten Worten ein wenig beruhigen. Sie war froh, dass er da war, und fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf.

Kapitel 25
    Klare Worte
    Laney erwachte aus ihrem Dämmerzustand, als die Sonne bereits aufgegangen war und durch schwere Vorhänge draußen gehalten wurde. Langsam hob sie den Kopf und sah sich um. Annick und Alain standen an einer Ecke des Raumes und beobachteten sie. William saß neben ihr am Bett.
    „Geht’s wieder besser?“, fragte er und legte ihr besorgt eine Hand an die Wange. „Es tut mir so leid, dass du das sehen musstest, Sammy. Das war unnötig.“
    Als seine Worte zu ihr durchdrangen, fing Laney sofort wieder an mit den Zähnen zu knirschen.
    „Es geht mir gut, danke“, sagte sie und befreite sich aus den Decken.
    Sie musste mit Darrek reden. Jetzt erst recht. Es war ihr gleichgültig, dass er nicht gerne redete, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Er hatte sie mitgenommen, also würde er sich gefälligst auch mit ihr auseinandersetzen.
    „Ich muss zu Darrek“, sagte Laney und stand auf.
    Bevor William sie aufhalten konnte, hatte sie bereits die Tür geöffnet und war nach draußen gegangen. Das Sonnenlicht hinderte William daran ihr zu folgen.
    „Samantha“, rief William ihr hinterher. „Warte.“
    Abrupt verspürte Laney wieder die unsichtbare Wand vor sich, die sie am Weitergehen hinderte.
    „Um Himmels Willen“, schimpfte Laney. „Kann man nicht mal ein paar Schritte laufen, ohne dass einer von euch mich mit seiner verdammten Gabe attackiert?“
    Annick antwortete nicht, sondern sah Laney nur von der Sicherheit der Hütte aus an.
    Bitte, Annick , formte Laney. Ich will doch nur mit ihm reden.
    Annick zögerte einen Moment und nickte dann.
    „Er ist hinterʼm Haus“, sagte sie laut. „Wenn du dich nicht weiter als zehn Meter von der Hütte entfernst, bekommst du

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