Familienbande
häufig Notfälle in Barcelona.
Zwei Tage in der Woche waren frei und einmal die Woche war Nachtschicht angesagt. Alles in allem gefiel Laney der Job sehr gut und sie beschwerte sich nie darüber, wenn es mehr Arbeit gab als erwartet. Die Bezahlung war armselig, aber das störte Laney nicht weiter. Sie wollte anders leben, als sie das bisher mit ihrer Familie zusammen getan hatte. Sie wollte ein ganz normales menschliches Leben führen, zumindest soweit das jemandem wie ihr überhaupt möglich war.
Laney hatte ein paar Lieblingspatienten im Krankenhaus und freute sich jeden Tag wieder darauf sie zu sehen. Einmal war da die alte Dame aus Raum vier, die alle nur Señora nannten. Sie war schon länger da als Laney und es sah auch nicht so aus, als würde sie bald wieder entlassen werden. Sie hatte Krebs und obwohl sie schon mehrere Male operiert worden war, schien die Krankheit sich immer weiter auszubreiten. Aber obwohl es ihr so schrecklich ging, versuchte sie immer noch an allem eine gute Seite zu finden und jedem Menschen Hoffnung zu vermitteln. Sie hatte keine Kinder und ihr Mann war schon seit Jahren verstorben. Die einzige, die manchmal zu Besuch kam, war ihre alte Nachbarin, die dann stundenlang neben ihrem Bett saß und mit ihr schäkerte. Die Señora war sehr abergläubisch und war Laney gegenüber am Anfang skeptisch gewesen. Sie schien, im Gegensatz zu allen anderen, sofort bemerkt zu haben, dass diese junge Frau kein normaler Mensch war. Aber sie konnte Laney einfach nirgendwo einordnen. Erst vor ein paar Monaten hatte sie ihre Vorurteile über Bord geworfen und angefangen mit Laney genauso ihre Scherze zu machen, wie mit allen anderen.
Als Laney am Zimmer vier ankam, sah sie sofort, dass sie an diesem Tag nicht mit der alten Dame allein war. Dr. Alejandro Vasco stand vor dem Bett der Señora und unterhielt sich mit ihr über eine weitere OP. Als er hörte, dass Laney eintrat, drehte er sich um und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Er war Mitte dreißig und ein typischer Spanier, fand Laney. Dunkelhäutig, schwarzhaarig und gutaussehend. Wahrscheinlich war er im wahren Leben auch ein richtiger Macho. Aber er war ein guter Arzt und er war bisher immer sehr nett zu Laney gewesen, also lächelte sie freundlich zurück und stellte sich neben ihn.
„Guten Tag, Dr. Vasco“, sagte sie und grüßte die Señora mit einem Nicken. „Stehen wieder neue OPs an?“
Alejandro nickte und sah Laney aus seinen dunklen Augen heraus an.
„Die Señora hat leider einen weiteren Tumor am Rücken bekommen und wir müssen zusehen, dass wir ihn so bald wie möglich entfernen“, erklärte er und beobachtete dabei genau Laneys Gesicht.
„Das tut mir leid, Señora“, wandte Laney sich an die alte Dame, weil sie Angst hatte, dass diese sich übergangen fühlen könnte.
„Das ist schon in Ordnung, mein Kind“, versicherte sie Laney. „Ich bin alt. Das heißt zwar nicht, dass ich mich einfach so geschlagen geben werde. Aber ich weiß, dass meine Chancen, irgendwann wieder fröhlich aus diesem Krankenhaus zu laufen, ziemlich gering sind.“
„Sagen Sie so etwas nicht, Señora“, wandte Laney ein und ergriff ihre Hand. „Es gibt doch immer Hoffnung.“
Alejandro verzog das Gesicht, als wäre er sich da gar nicht so sicher und Laney hätte ihm seine Papiere am liebsten um die Ohren geschlagen.
„Sie sind so lieb zu mir, Samantha“, sagte die Señora und streichelte Laney mit ihrer freien Hand über die Wange. „Aber Sie sind immer so blass, meine Liebe. Vielleicht sollten Sie sich auch mal untersuchen lassen.“
Alejandro horchte auf. Offensichtlich hätte er ganz und gar nichts dagegen, Laney zu untersuchen.
„Fühlen Sie sich nicht gut, Samantha?“, fragte er und Laney schnaubte.
„Es geht mir bestens“, gab sie zurück. „Meine Haut ist immer blass, Dr. Vasco. Ich vertrage einfach nicht so viel Sonne. Das ist kein Grund zur Beunruhigung.“
Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, aber Laney war der Meinung, dass es den Arzt überhaupt nichts anging, warum sie sich auch an schönen Tagen meist in ihrer Wohnung verschanzte statt im Park spazieren zu gehen.
Alejandro nickte ein wenig enttäuscht und verabschiedete sich dann förmlich von seiner Patientin.
„Ich muss jetzt weiter, Señora“, sagte er und wandte sich dann noch einmal Laney zu. „Wir sehen uns dann bestimmt später noch, Samantha.“
Laney nickte und sah zu, wie er die Tür hinter sich zu machte. Erst dann fing sie an, die Kissen
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