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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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sich noch wunderte, warum er wieder sichtbar war, fuhr Darrek nach vorne und ließ seine Faust mitten in Williams Gesicht krachen. Der Kaltblüter flog meterweit über den Übungsplatz und blieb benommen liegen.
    Als Darrek näher kam, schüttelte William den Kopf und fuhr sich amüsiert übers Gesicht. Der Schlag hatte zwar wehgetan, würde ihm aber keine blauen Flecken verursachen.
    „Nicht fair, aber effektiv“, gab William zu.
    „Deine Gabe ist auch nicht fair“, konterte Darrek und reichte William die Hand, um ihm aufzuhelfen.
    William ergriff sie und ließ sich auf die Beine ziehen. Die beiden Männer waren ungefähr gleich groß, doch während Darrek immer noch Wut und Unbeherrschtheit ausstrahlte, wirkte William trotz seiner Niederlage ruhig und unbekümmert. Er hatte im Laufe der Jahre Geduld und Toleranz erlernt. Eigenschaften, die für einen Diener unabdinglich waren.
    „Ihr wisst schon, dass meine Gabe das Einzige ist, was mich zu einem würdigen Sparringpartner für Euch macht. Oder, Herr?“
    „Nenn mich nicht immer Herr“, gab Darrek zurück. „Das nervt und ist deinen Fähigkeiten unwürdig.“
    William zuckte die Schultern.
    „Du weißt, dass die Ältesten mir da keinen großen Spielraum lassen, Darrek.“
    Darrek nickte und drehte sich dann weg. Akima sah es schon nicht gerne, dass er überhaupt Zeit mit William verbrachte. Noch schlimmer wäre es, wenn herauskommen würde, dass William ihm selten den angebrachten Respekt zollte.
    „Die Ältesten sind nicht hier. Und das Training ist auch für heute beendet“, bestimmte Darrek und William zuckte abermals mit den Schultern.
    „Du bist nicht mehr in der Grundausbildung, Darrek“, stellte er fest. „Das Training ist freiwillig. Ich kann dir also nicht mehr vorschreiben, wie lange wir üben müssen.“
    Darrek lächelte grimmig. Seine Grundausbildung lag inzwischen schon ewig zurück, aber er erinnerte sich noch gut daran, wie sehr William ihn und die anderen jungen Vampire damals getriezt hatte. Er mochte ein Diener sein, doch als Trainer war er knallhart und unerbittlich. Damals hatte William ihn auch noch nicht mit Herr ansprechen müssen, sondern genauso sehr angeschrien und zu Boden geworfen wie jeden anderen.
    Darrek setzte sich an die Seite des Übungsplatzes und trank einen Schluck Wasser. Es war eine laue Nacht und die Sterne erleuchteten das Feld. Ein Großteil der Übungen der Force fand tagsüber statt, doch das Training mit William konnte man nur nachts absolvieren, weil er als Kaltblüter kein Sonnenlicht vertrug. William setzte sich ein paar Schritte von Darrek entfernt auf den Boden und legte den Kopf zurück, als würde er das Licht der Sterne auf dem Gesicht spüren wie Sonnenlicht. Er wirkte absolut friedlich.
    „Ich finde es immer wieder faszinierend, wie gleichmütig du dein Leben hinnimmst“, stellte Darrek fest. „Dir scheint es gar nichts auszumachen, dass man dir keinen freien Willen zugesteht.“
    William lächelte.
    „Du weißt genau, dass es nicht so ist, Darrek“, konterte er. „Aber solange, bis sich für mich eine günstige Gelegenheit bietet, sehe ich keinen Grund darin mich zu grämen, wie du es offensichtlich tust. Freiheit ist nichts, was man besitzen kann, Darrek. Es ist ein Gefühl. Du kannst in Ketten gelegt in einem Erdkeller sitzen und dich frei fühlen. Oder du kannst ganz allein in einem Urwald leben und trotzdem unfrei sein. Das liegt einzig und allein an dir.“
    Darrek nickte.
    „Du meinst, mein Geist kann frei sein, obwohl mein Körper es nicht ist. Der Gedanke gefällt mir.“
    „Du warst heute unkonzentriert“, stellte William fest. „Probleme mit den Ältesten?“
    „Wann habe ich die nicht? Nein. Ich denke, es ist wieder mal die Vergangenheit, die mich aufwühlt.“
    „Ein Traum von Kara?“
    „Ganz genau.“
    „Willst du darüber reden, Darrek?“
    Darrek zögerte. William war abgesehen von Larissa der Einzige, mit dem er je über die Nacht geredet hatte, in der Kara gestorben war. Jeder andere kannte nur die Geschichte der Ältesten, nach der Kara durch einen Angriff der Wilden gestorben war. Doch Darrek vertraute William wie kaum einem anderen. Die Tatsache, dass er ein Kaltblüter war und als solcher zu einer minderwertigen Rasse gehörte, war im Vergleich dazu, dass er sein Lehrer und Freund war, nebensächlich. Sie hatten viel gemeinsam durchgestanden und William hatte sich sein Vertrauen hart erarbeiten müssen. Meist vergaß Darrek sogar, dass sie nicht derselben Rasse

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