Familienkonferenz in der Praxis
das Zeug denn hintun?
Tim : O Marvin!
Mutter : Er hat doch die ganzen Regale rund um seinen Eisenbahntisch.
Tim : Ich räume aber nur das halbe Fensterbrett frei. Es ist noch lange hin bis Donnerstag.
Marvin : Machen wir’s am Montag.
Tim : In Ordnung. Ich mach es am Montag, wenn ich Zeit habe. (Pause) Du machst das Haus doch immer am Dienstag von oben bis unten sauber. Wir müssen es dann nur noch bis Donnerstag sauber halten.
Mutter : Können wir uns dann also darauf einigen, dass kein Kind nach Dienstag mehr im Hause spielt?
Marvin : Oh! (Entsetzen) Niemand?
Mutter : Ihr könnt doch anderthalb Tage bei Jeff spielen.
Marvin : Also okay.
Mutter : Mr. Miller sagte, wir sollen uns die Vereinbarung sorgfältig durchlesen und sie dann wie einen Vertrag unterschreiben. Ich soll euch nicht daran erinnern, weil ich dann ja wieder meckern würde.
Marvin : O nein – kannst du mich nicht wenigstens ein bisschen erinnern?
»Das Gespräch ging noch weiter, aber an den Rest kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Als wir das Zimmer verließen, waren wir einander alle sehr zugetan. Tim sagte im Fortgehen: ›Willst du mir aktiv zuhören, ob ich nicht an dem Schlittschuhausflug deiner Pfadfindergruppe teilnehmen kann?‹ Als ich am letzten Montag zum Kurs ging, hatte Marvin sein Zimmer noch nicht fertig. Es war aber der Fall, als ich nach Hause kam. Tim machte sich nach der Schule an sein Zimmer und räumte das ganze Fensterbrett frei. Marvin war von seinem Zimmer so erfreut, dass er aus Papier Fußabdrücke ausschnitt und damit eine Spur von der Haustür bis zu seinem Zimmer legte, um Tante Helen und Onkel Bill die blendende Sauberkeit seines Reiches vor Augen zu führen. Es war eine amüsante und interessante Erfahrung.«
In einer anderen Familie wurden Regeln und Übereinkünfte zur Vorbereitung eines Ferienausflugs entwickelt.
»Letzten Sommer beschlossen wir, mit den vier Kindern (neun, acht, vier und zwei) zur kanadischen Nationalausstellung, einem großen, alljährlich stattfindenden Ereignis in Toronto, zu gehen. Wir wohnen nicht weit entfernt. Trotzdem standen wir dem Unternehmen etwas zögernd gegenüber, weil mein Mann Dave und ich nicht recht wussten, ob wir alldem gewachsen sein würden: der Menge der Besucher, vier müden
Kindern, kostspieligen Attraktionen, dem Geheul usw. Wir entschlossen uns dann, uns am Vortag mit den ältesten drei Kindern zusammenzusetzen, ihnen unsere Bedenken mitzuteilen und das Problem zu lösen. Gemäß Methode III nannte jeder seine Bedürfnisse. Nachdem wir geklärt hatten, was jeder auf der Ausstellung sehen und tun wollte, versuchten wir uns darüber klarzuwerden, was sich gegen die Versuchung, zu viel Geld auszugeben, tun ließ. Wir beschlossen, jedem für diesen Tag eine bestimmte Summe für Essen, Karussellfahrten und Souvenirs zur Verfügung zu stellen. Jeder sollte für sich entscheiden können, wie er dieses Geld ausgeben wollte. (Wenn sich ein Kind beispielsweise entschloss, sie nur für Karussellfahrten auszugeben und an diesem Tag das Essen darüber vergaß, war es in Ordnung.) Lisa (neun) und Jennifer (acht) bekamen ihr Geld selbst und wollten sich selbst drum kümmern; Dave und ich halfen den kleineren Kindern. Zu unserer Überraschung und zu ihrer Freude verbrachten wir dort elf Stunden (dazu noch je eine Stunde für Hin- und Rückfahrt) und hatten nicht einen einzigen Auftritt oder Streit. Jeder guckte sich an und tat, wofür er sich während der Problemlösung entschieden hatte. Wir blieben länger, als wir erwartet hatten, und hatten alle viel Spaß.«
12. Hilfe bei Wertkollisionen
»Ich bin nach wie vor frustriert«, schreibt ein Vater. »Soll ich mich zurückhalten und ihn seine Probleme selbst lösen lassen? Ihm ist gar nicht bewusst, dass er ein Problem hat! Ein schönes Beispiel ist die Tatsache, dass er gerne für seine Schule Tennis spielt. Er trainiert aber nicht, um besser zu werden. Dann kommt er völlig niedergeschlagen nach Hause, weil er ein Spiel verloren hat … Ich mag ihn sehr gern, aber ich weiß nicht, wie ich ihm helfen soll.«
Eine Mutter, die sechs Jahre vor unserem Interview an unserem Kurs teilgenommen hatte, äußerte sich völlig hoffnungslos.
»Ich glaube; jeder weiß, dass die ›Familienkonferenz‹ ohne Nutzen ist, wenn Eltern und Kinder unterschiedliche Wertvorstellungen haben. Ich glaube, wir haben festgestellt, dass sie nicht funktioniert. Nichts funktioniert, wenn man unterschiedliche Wertvorstellungen
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