Familienkonferenz in der Praxis
anführen können – zumindest keinen, der für das Kind so überzeugend klingt, dass es sein Verhalten verändert.
Abbildung 26
Unser Verhaltensrechteck ( Abb. 26 ) gibt wieder, dass bestimmte, nicht akzeptable Verhaltensweisen bei Kindern überdauern werden, selbst nachdem Sie es mit Ich-Botschaften und Methode III versucht haben.
Für Wertkollisionen bedürfen Eltern anderer Techniken.
Allzu beharrliche Eltern
Wir können uns mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln bemühen, die Eltern davon zu überzeugen, dass sie besser auf Methoden verzichten sollten, denen mit hoher Wahrscheinlichkeit der Erfolg versagt bleibt – manche halten an diesen Methoden trotzdem fest. Hören wir, was das Ehepaar im folgenden Interview vorzubringen hat. Die Mutter möchte ihren Sohn dazu bringen, einen teuren Sitzsack nicht als Spielzeug zu verwenden:
Mutter : Kim hat einen Sitzsack, der mich ganz schön viel Geld gekostet hat. Die Kinder springen und toben auf ihm herum. Ich weiß wohl, es ist »sein Sessel«, und er ist aus dickem Kunststoff. Man sollte ihnen also
ihren Spaß lassen und ihnen erlauben, darauf herumzutoben. Trotzdem kann ich es nicht akzeptieren. Immer wieder habe ich es versucht. Dann bin ich doch in sein Zimmer gegangen und habe erklärt, dass es ein Sitzmöbel ist.
Vater : Für dich ist es ein Sessel, weil du einen Sessel wolltest. Da ist er anderer Ansicht. Für ihn ist es ein herrliches Spielzeug.
Mutter : Ich kann es nur schwer akzeptieren, dass ich das Problem habe und nicht er.
Vater : Ich habe in der ›Familienkonferenz‹ gelernt, dass sie das Problem hat und nicht unser Sohn. Der Wert, den er dem Sitzelement zuweist, unterscheidet sich von dem, den sie ihm zumisst …
Mutter : Es ist dasselbe wie mit der Kleidung – ich kann es nur schwer ertragen, wenn jemand in schmutzigen Kleidern herumläuft. Ich kann das nicht akzeptieren. Ich möchte, dass er sich die richtigen Wertvorstellungen aneignet … Wir vermitteln ihm unsere Wertvorstellungen, weil wir meinen, es seien die richtigen …, und wenn er sie nicht akzeptiert, kann ich mich schwer damit abfinden.
Eine Mutter berichtete, wie sie versuchte, ihren fünfjährigen Sohn Ted dem Einfluss seines einige Jahre älteren Freundes zu entziehen:
»Ich kann Ted sagen, dass Dan sich falsch verhält und dass auch dessen Mutter mit ihm ärgerlich sein wird. Ich sage Sachen wie: ›Ich bin nicht glücklich darüber, dass du dich ebenso verhältst wie Dan. Er ist ein böser kleiner Junge, und die Leute mögen keine bösen kleinen Jungen. Sie mögen nette kleine Jungen.‹ Dann sagt Ted stets: ›Aber Dan ist mein Freund.‹ Darauf antworte ich: ›Er ist nicht wirklich dein Freund.‹ Und Ted meint: ›Doch, das ist er!‹ Ich kann wirklich nicht viel vorbringen, was ihn davon überzeugen könnte, dass Dan kein wahrer Freund ist.«
Wahrscheinlich fällt es Eltern am schwersten, ihren Kindern gegenüber von Vorwürfen Abstand zu nehmen, wenn es zu Wertkollisionen hinsichtlich der Schule und des Lernens kommt. Ein Beispiel für einen
solchen Konflikt wurde uns von einer Mutter berichtet, die viel Wert auf gute Schulleistungen legte:
»Wir sagten: ›Weißt du, du solltest in der Schule fleißig sein, weil du ein heller Kopf bist. Im Test hast du einen hohen IQ erzielt. Du bist ein heller Kopf, und in der Schule hast du Gelegenheit, davon Gebrauch zu machen. ‹ Darauf antwortete er: ›Ach weißt du, ich bin gar nicht so sicher, dass die Schule mir wirklich die Ausbildung gibt, die man braucht.‹ Daraufhin sagte ich: ›Vielleicht findest du das nicht; offensichtlich ist aber die Gesellschaft dieser Auffassung.‹ Darauf er: ›Ich bin nicht sicher, dass mir so viel an der Gesellschaft liegt.‹ ›Welche andere Möglichkeit siehst du?‹ Da sagte er: ›Ich weiß nicht, im Wald unter Bäumen zu leben.‹«
Wenn diese Mutter dann im Fortgang des Interviews das Verhalten ihrer Kinder in solchen Situationen beschreibt, kommt sie zum Kern des Problems:
»Wenn ich mit meinen Kindern zu tun habe, besonders mit dem Älteren, stelle ich immer wieder fest, dass er, was den passiven Widerstand anbelangt, Mahatma Gandhi übertrifft. Er sagt: ›In Ordnung, aber ich weiß nicht genau, was du damit meinst.‹ Oder es gelingt ihm, auf irgendeine Weise einen Streit oder einen Konflikt in Luft aufzulösen. Als wolle man ein Stück Seife greifen.«
Genauso ist es: Die meisten Kinder sind wie ein schlüpfriges Stück Seife, wenn die Eltern versuchen,
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