Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
Schlafzimmer bestätigte das Klischee: Als Keller und Jasmin Stahl das große, runde Bett mit dem darüberhängenden Spiegel erblickten, waren sie nicht sonderlich überrascht.
»Im Bad hat er sogar einen kleinen Whirlpool eingebaut«, stellte Jasmin fest, um gleich darauf zu fragen: »Wo sollen wir mit der Suche beginnen?«
Keller, der mangels Befugnis nichts anfassen und sich auf die Rolle des Beobachters beschränken wollte, schlug vor, zunächst den Wohnzimmerschrank zu durchforsten. »Ein Arbeitszimmer oder einen Schreibtisch gibt es hier ja nicht«, begründete er seine Wahl.
Die Kommissarin nickte, zog sich ein Paar Latexhandschuhe über und durchstöberte den Schrank systematisch von unten links anfangend.
Keller schaute ihr dabei zu, wobei es ihm schwerfiel, sich selbst nicht zu beteiligen. Den Gedanken daran, dass die junge Kollegin für ihr Tun einen richterlichen Beschluss bräuchte, ließ er nur kurz aufblitzen. Denn hier war eindeutig Gefahr im Verzug. Jasmin Stahl würde ihre Legitimation im Nachhinein erhalten, dessen war er sich sicher.
»Nichts«, sagte sie, nachdem sie die Hälfte des Schrankinhalts begutachtet hatte, aber lediglich auf eine Hausbar, eine Spielesammlung sowie Action- und Sex-DVDs gestoßen war. Der Rest des Schrankes bot nicht viel anderes.
»Dann den Kleiderschrank und die lackschwarze Kommode im Flur«, legte Keller fest. Jasmin ließ sich nicht lange bitten und folgte seiner Aufforderung.
»Wieder Fehlanzeige«, sagte sie, nachdem sie jede Schublade sorgsam durchgearbeitet hatte.
»Dann die Küche«, gab Keller vor.
Nach einer guten Stunde hatte Jasmin Stahl sämtliche Staumöglichkeiten der Wohnung durchsucht und auch potenzielle Verstecke wie Bettkasten, Vorratsbehälter und die Ritzen zwischen den Sofakissen berücksichtigt.
»Hat er einen Safe?«, tippte Keller, woraufhin Jasmin hinter jedem Bild nachsah und an Schränken rückte.
»Nichts, absolut nichts«, meinte sie schließlich und mutmaßte, dass der Flüchtige sein Erpressungsmaterial an einem anderen, unbekannten Ort aufbewahren könnte.
»Wo sollte dieser Ort denn sein?«, zog Keller ihre Annahme in Zweifel. »Mehr als den Schuppen auf dem alten Bahngelände hat er ganz bestimmt nicht zu bieten.« Er dachte laut nach: »Die Schachtel mit den Fotos hat er zwischenzeitlich sicher vernichtet. Aber wo steckt die Kameraausrüstung, mit der er diese Bilder und wohl auch seine vielen Akte geschossen hat? Und wo das Laptop, auf dem er sie archiviert?«
»Entweder im Auto seines Kompagnons beziehungsweise Fahrers«, riet Jasmin.
»Glaube ich nicht.«
»Oder es gibt einen Speicher oder ein Kellerabteil, das zu dieser Wohnung gehört.« Sie deutete auf ein Schlüsselbrett, an dem neben einem Briefkastenschlüssel ein weiterer, größerer hing. Sie nahm ihn ab und hielt ihn Keller hin. »Versuchen wir es unten oder oben?«
»Unten«, entschied Keller impulsiv.
Die Suche wurde ihnen dadurch erleichtert, dass die Bretterverschläge, die die einzelnen Kellerparzellen voneinander abtrennten, von einem wohlmeinenden Hausverwalter durch Tafeln gekennzeichnet waren, auf denen die Namen der Mieter standen.
Während Keller nach seiner Lesebrille suchte, um die recht kleine Schrift entziffern zu können, meldete Jasmin Stahl bereits den Erfolg: »Hier, Chef!«, rief sie ihm vom Ende des Gangs zu.
Sie probierte den Schlüssel aus. Er passte, ließ sich aber nicht drehen.
»Soll ich mal versuchen?«, fragte Keller, erntete dafür jedoch einen genervten Blick.
Nach weiteren, zunächst vorsichtigen, dann beherzten Versuchen brachte die Kommissarin die Tür auf.
»Wow!«, entfuhr es Jasmin, als sie den winzigen, aber akkurat aufgeräumten Raum betraten. Der Ausdruck ihres Erstaunens bezog sich weniger auf ein Tischchen, auf dem das gesuchte Laptop lag, sondern auf die mit Fotos übersäten Wände. Vom Sockel bis zur Decke hingen Ausdrucke der heimlich geschossenen Motive, daneben waren Zettel mit Datum, Uhrzeit, Ort und Namen der Erpressungsopfer angepinnt worden.
»Das macht uns die Sache leichter«, sagte Keller freudig überrascht. »Verbrecher, die Ordnung halten, sind mir die liebsten.«
»Mir auch«, stimmte Jasmin zu und zückte ihr Handy. »Es ist an der Zeit, Schnelleisen Bescheid zu geben.«
»Ja, was sein muss, muss sein«, bestätigte sie Keller in ihrem Vorhaben.
»Mist, kein Empfang«, sagte Jasmin Stahl. »Ich gehe schnell nach oben. Passen Sie solange auf?«
»Klar«, sagte Keller und war im
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