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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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»Unwichtig.«
    »Erzähl mir trotzdem davon«, forderte ich sie auf. Bezüglich ihrer Herkunft konnte ich vermutlich nicht viel ausrichten, aber wenn ihr irgendein pickliger Teenager Blumen hingelegt hatte, würde ich es garantiert herausbekommen.
    »Okay, da liegt jedes Jahr am achtzehnten Juni ein Blumenstrauß.«
    Sie deutete vage auf eine Betontreppe, die der Terrasse entlang vom oberen Bereich des Hauses wahrscheinlich zur Garage hinunterführte.
    »Jedes Jahr? Wie lange denn schon?«
    »Seit genau fünf Jahren.«
    »Und der Achtzehnte kann nicht dein Geburtstag sein, weil der ja offenbar heute ist.«
    »Scharfsinnig kombiniert.«
    »Herzliche Gratulation, übrigens. Bringst du sonst was Ungewöhnliches mit dem Datum in Verbindung?«
    »Nö.«
    »Vielleicht ist es ja doch ein Verehrer?«
    Noemi machte eine wegwerfende Geste. »Hab ich zuerst auch vermutet. Aber ich … die Jungs in meiner Klasse haben’s nicht so mit Aufmerksamkeiten.«
    »Du besuchst ein Gymnasium?«
    »Eine Privatschule, aber ich hab die Nase voll und suche eine Lehrstelle.«
    Ich ging zum Terrassenrand und lehnte mich über das Geländer. »Wo genau liegen die Blumen jeweils?«
    »Gleich vor der Tür, die zur Hintertreppe führt. Die benutze nur ich, weil am unteren Ende mein Fahrrad steht. Irene und Hans-Rudolf nehmen immer den Haupteingang.«
    »Also stammen sie von jemandem, der über dein Verhalten genau Bescheid weiß.«
    Noemi nickte und ich sah Besorgnis in ihrem Blick aufflackern. »Da beobachtet mich jemand.«
    »Und du hast wirklich keine Ahnung, wer es sein könnte?«
    »Keinen blassen Schimmer.«
    Nachdenklich sah ich mich um. Entlang der Treppe wuchs eine akkurat gestutzte Hecke aus rotblättrigem Buschwerk, gleich dahinter erhob sich das Gelände des benachbarten Grundstücks, die protzige Villa dazu thronte auf einer kleinen Anhöhe. Am unteren Ende des Anwesens verlief eine Straße, die in einer weiten Schlaufe um das Haus der Winters herumführte und sich den Berg hochschlängelte, wo weitere mondäne Wohnhäuser zu erkennen waren.
    »Ich habe mich diesmal auf die Lauer gelegt«, gestand Noemi plötzlich. So gleichgültig, wie sie vorhin getan hatte, war ihr der anonyme Blumenspender offenbar doch nicht.
    »Ich wollte die ganze Nacht wach bleiben und sehen, wer den Strauß bringt. Aber ich bin eingeschlafen«, gab sie kleinlaut zu. »Am Morgen lag er dann da, so wie immer. Jetzt muss ich wieder ein ganzes Jahr warten.«
    »Kannst du dich erinnern, bis wann du wach gewesen bist?«
    »Um viertel vor fünf hab ich zum letzten Mal auf die Uhr geschaut, kurz danach muss ich weggedöst sein. Als ich wieder aufwachte, war es halb sieben.«
    Also musste der unbekannte Blumenkurier seine Lieferung in dieser Zeitspanne deponiert haben.
    »Wer verlässt das Haus normalerweise als Erstes?«, erkundigte ich mich.
    »Hans-Rudolf, meist kurz nach sieben.«
    »Ist ihm etwas aufgefallen?«
    »Dem fällt nur auf, wenn seine Aktien an Wert verlieren oder eine Taube auf einen seiner Oldtimer kackt. Sonst würde er nicht einmal bemerken, wenn eine Gruppe Terroristen eine Urananreicherungsanlage im Garten bauen würde.«
    »Und deiner Mutter?«
    Noemi schnaubte verächtlich.
    »Wer sonst kommt frühmorgens am Haus vorbei?«
    »Außer der Karawane vierradbetriebener Luxuskarossen, die jeden Morgen den Hang runterbrausen?«
    »Eine dumme Frage.«
    »Ja, schon.«
    »Also hätte jeder schnell anhalten, die Blumen auf die Treppe legen und weiterfahren können.«
    Unmutig blickte ich den mit Villen übersäten Hang hinauf. »Wie es aussieht, muss ich nun die ganze Nachbarschaft danach abklappern, ob jemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist.«
    »Scheint so.« Verzagt knetete Noemi ihre Unterlippe. »Aber zuerst kann uns Dragana einen Imbiss bereitstellen.«
    »Dragana?«
    »Unsere Haushaltshilfe.«
    »Ihr habt eine Haushaltshilfe? Und das erwähnst du erst jetzt?«
    »Du hast ja nicht danach gefragt.«
    Dragana reichte mir kaum bis zur Brust, ihren seltsam konturlosen Körper verbarg sie unter einer weiten schwarzen Strickjacke und ebensolchen Hosen. Sie hatte ein breites, verschlossenes Gesicht, das sich jedoch schlagartig erhellte, wenn sie lachte. Ihre dunkle Igelfrisur war von bordeauxroten oder lila Strähnen durchzogen – ganz eindeutig war der Farbton unter den gegebenen Lichtverhältnissen nicht zu bestimmen – und stammte dem Stil nach aus einem jener ländlichen Friseurläden, die Salon Chantal hießen oder Coiffure Diana und stets

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