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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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Diese Arbeit ist genau das Richtige für dich. Ich kann mir dich beim besten Willen nicht bei einem Beratungsgespräch für Haftpflichtversicherungen oder beim Mittagsservice in einem Ausflugsrestaurant vorstellen!« Sie schmunzelte, als hätte sie sich das gerade bildlich vorgestellt.
    Vielleicht hatte sie recht und ich eignete mich tatsächlich nicht dazu, unterwürfig herumwieselnd Suppenteller zu verteilen oder verständnisvoll Reklamationen von aufgebrachten Kunden entgegenzunehmen. Aber dass sie mir keine Veränderung zutraute, ärgerte mich.
    »Ich könnte es dir beweisen«, erklärte ich trotzig.
    »Was denn?«
    »Dass ich mich ändern kann.«
    »Aré! Du hattest seit Ewigkeiten keinen Vorgesetzten mehr, Anweisungen von Obrigkeiten ignorierst du prinzipiell und dein Umgang mit Kundschaft ist bestenfalls salopp zu nennen. Du brauchst mir wirklich nichts zu beweisen.«
    »Ich könnte es aber!«
    »Ach, Vijay.« Mit gespielter Resignation ließ Manju die Schultern hängen. »Du bist und bleibst ein Kindskopf.«
    »Ich zeig dir gleich, wozu ein Kindskopf in der Lage ist!« Ich sprang auf und nahm sie in die Arme. Halbherzig wehrte sie sich, bevor sie sich meinem Kuss ergab und mich dabei immer heftiger umschlang. Sehnsüchtig wanderte mein Blick zur angelehnten Schlafzimmertür und während mich Manju aufs Sofa hinunterzog, verfluchte ich einmal mehr diese eine Bedingung.
    Was an Mister Namboodiris Erscheinung als Erstes ins Auge stach, war sein vorstehender Bauch. Prall gewölbt spannte sich dieser unter den stets bunt karierten Hemden und verlieh dem Mann ein dauerschwangeres Aussehen. Im Vergleich dazu wirkten die dünnen Beinchen, die in schlabbernden Bundfaltenhosen steckten, geradezu streichholzartig. Mister Namboodiris Oberlippe zierte der für indische Männer typische Schnurrbart, die beginnende Glatze versuchte er derweil vergebens unter genauso sorgfältig darübergekämmtem wie schütterem Haar zu verbergen. Seit ein paar Wochen stand er viel zu regelmäßig an einem der Stehtische in der Nähe des Tresens, vor sich eine Tasse dampfenden Chais , und wackelte lächelnd mit dem Kopf, sobald ich Kumar’s Palace betrat.
    Auch heute hatte ich nicht mehr als ein kühles Nicken für ihn übrig, was seiner penetranten Freundlichkeit jedoch keinen Abbruch tat. Ich steuerte direkt auf meine Mutter zu, die am neu installierten und topmodernen Kochherd hantierte und nur kurz aufblickte, als sie meiner gewahr wurde.
    Erst kürzlich hatte sie zum Erstaunen der Stammkundschaft ihr Lokal bei einer aufwendigen Feier umgetauft. Ein als Geschäftssinn getarnter Wink mit dem Zaunpfahl, der niemand anderem galt als mir: Nachdem Manju in den letzten Monaten schrittweise die Leitung von Kumar’s Palace übernommen hatte, war es für meine Mutter ein Anliegen höchster Priorität geworden, dass sie dasselbe möglichst bald auch mit dem Familiennamen tat. Damit der Name des Restaurants mit demjenigen Manjus korrespondierte, wenn sie, meine Mutter, sich eines fernen Tages aus dem Geschäftsleben zurückzöge, hatte sie mit unschuldiger Miene erklärt. Dass dieses fadenscheinige Argument nur vordergründig von Belang war, muss wohl nicht weiter erläutert werden.
    »Und? Irgendwelche Neuigkeiten, die mein altes Herz erfreuen könnten?«, erkundigte sich meine Mutter auch sofort. Anders jedoch, als wenn sie allein war, klang die Nachfrage diesmal beiläufig wie eine Floskel. Offensichtlich war sie gedanklich abgelenkt, ich hätte ihre Bemerkung aber ohnehin ignoriert.
    Ich klaubte mir eine Handvoll scharf gewürzter Cashewnüsse aus dem Holzschälchen, das auf der Arbeitsfläche herumstand, bedachte Mister Namboodiri mit einem misstrauischen Blick und senkte meine Stimme.
    »Hast du was von Vater gehört?«
    »Es geht ihm gut. Vorhin am Telefon klang er jedenfalls ganz zufrieden.«
    Wegen Depressionen hatte der Hausarzt meinem Vater im vergangenen Jahr einen längeren Aufenthalt in seiner alten Heimat verschrieben. Eine Heimat, die keine mehr war, worüber sich dieser schon nach wenigen Wochen beklagt hatte. Mumbai habe sich stark verändert, manche Stadtteile seien kaum wiederzuerkennen. Modern sei das Zentrum geworden, kosmopolitisch, aber auch austauschbar. Am Nariman Point komme man sich gar vor, als befände man sich nicht mehr in Indien sondern in Manhattan oder Dubai, hatte er mir am Telefon fassungslos berichtet. Zudem sei die Stadt jetzt noch lauter als früher, denn zum ohrenbetäubenden Verkehrslärm komme hinzu,

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