Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)
unglaublich, dass die alle so lange damit durchkamen.«
»Mit Gottes Segen.«
»Der soll sich endlich von diesem Gießkannenprinzip verabschieden und bei der Auswahl seiner Schäfchen etwas selektiver vorgehen.«
Der Kellner brachte die bestellten Getränke und ich nahm einen Schluck Wasser, bevor ich mich, länger als unbedingt notwendig gewesen wäre, dem eiskalten Bier widmete. Josés plötzlich lauernder Blick war mir nicht entgangen. Er hatte die ganze Zeit über schon auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um mich zu löchern. Während ich trank, konnte ich nicht antworten, dachte ich bauernschlau, nur war diese etwas wackelige Theorie nicht lange haltbar. Mein Bauch fühlte sich zunehmend an, als würde er gleich platzen.
»Ich muss dringend nach Bern, sobald wir zu Hause sind«, keuchte ich, nachdem ich das Glas abgesetzt hatte. »Grüningers Spur endet dort und ich frage mich …«
»Netter Versuch, Hombre , aber so dämlich bin ich dann doch nicht. Das mit Grüninger ist ja sonnenklar, da gibt’s nichts zu diskutieren. Aber mich würde brennend interessieren, was bei dir und Manju läuft.«
»Das ist eine Sache zwischen ihr und mir«, startete ich ein halbherziges Ausweichmanöver.
José sah mich ungerührt an. »Was denkst du denn, was unsere Freundinnen über uns reden, wenn wir nicht dabei sind? Da wird gnadenlos jedes Detail erörtert!«
Dieser Gedanke war mir auch schon gekommen. Dass Manjus Freundinnen Intimstes von mir wussten, behagte mir überhaupt nicht, und bei jedem etwas scheelen Blick von ihnen fühlte ich mich ertappt. Und vor allem schuldig, selbst wenn ich mir keines Vergehens bewusst war.
»Gehen sie deshalb immer zu zweit zur Toilette?«
»Das konnte wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt werden. Ein Kumpel vertritt die These, sie kämmten sich dort jeweils gegenseitig die Haare auf den Zähnen, ich hingegen würde mich natürlich niemals getrauen, eine derartige Mutmaßung in die Welt zu setzen. Aber Spaß beiseite: Was ist los?«
Ich leerte mein Bier bis zur Hälfte. »Manju will warten.«
»Mit der Hochzeit?«
»Darüber haben wir noch nicht einmal gesprochen.«
»Sondern?«
Ich starrte auf mein Glas. »Sie will warten, bis sie sich bereit fühlt.«
»Oh! Jetzt verstehe ich!« José grinste.
»Ich find das nicht ansatzweise komisch!«
»Ich schon! Jetzt sitzen wir beide da und haben kein Sexleben. Ausgerechnet wir, die früher nichts haben anbrennen lassen. Weißt du noch, dein Dreier mit …«
»Halt die Klappe, ich will nicht daran erinnert werden!« Manju hatte mich damals mit einer Krankenschwester und einer reiferen Bardame in flagranti erwischt, was mich einige Kniefälle gekostet hatte, bis sie mir endlich verziehen hatte.
»Ohnehin könnte ich auch so einiges aufzählen, was auf dein Konto geht …«
»Tu’s nicht. Eine weiße Weste hat keiner von uns, da müssen wir gar nicht lang drüber lamentieren. Ich sag auch gar nicht, dass ich besser bin als du, es ist nur …«
»Die Zeiten sind vorbei.«
»Aber es hat verdammt viel Spaß gemacht.«
»O ja!«
Wir hoben unsere Biergläser und stießen an.
»Was willst du wegen der Sache mit Manju unternehmen?«
»Vielleicht sollte ich sie heiraten?« Zweifelnd sah ich José an.
»Heiraten? Nur damit ihr endlich bumsen könnt?«
»Mir ist nichts Besseres eingefallen.«
»Meinst du nicht, da müssten triftigere Gründe her? Alle rennen immer gleich zum Traualtar, dabei werden über fünfzig Prozent aller Ehen …«
»Ja, ja ich weiß: Wenn’s eine Kaffeemaschine mit derselben Fehlerquote wäre, würde man sie unter keinen Umständen kaufen. Aber ich möchte Manju glücklich machen. Und eine Hochzeit funktioniert doch für ein Mädchen eigentlich immer.«
»Was ist mit dir? Würde es denn auch dich glücklich machen?« José klaubte ein Zigarettenpäckchen aus seiner Hosentasche.
Ich zuckte mit den Schultern. »Meine Mutter wäre jedenfalls außer sich vor Freude.«
»Du heiratest ja nicht deine Mutter.«
»Schau, ich möchte diesmal einfach alles richtig machen. Keine Fallstricke, keine Notausgänge. Ehrlich und aufrichtig, nur sie und ich. Denn Manju ist die Frau, auf die ich immer gewartet habe, so kitschig das jetzt klingen mag.«
»Dann hab Geduld mit ihr.«
Ich blähte die Wangen und stieß die Luft aus. »Das ist einfacher gesagt als getan.«
»Sex ist ja am Ende wirklich keine große Sache.«
»Sie wird erst groß durch ihre Abwesenheit.«
Widerwillig stimmte José zu und
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