Family Job
Auge, solang ich dich losbinde. Schrei, wenn sie sich bewegt, okay?«
Jordan nickte.
Tommy zerrte an den Fesseln.
»Dad?«
»Ja?«
»Ich hab echt Angst.«
»Jetzt ist alles okay. Du bist in Sicherheit. Ich bin ja da.«
»Ich hab trotzdem Angst.«
»Schon gut. Wir kriegen das hin. Macht sie irgendwas?«
Jordan schüttelte den Kopf. »Dad, du hast grade jemand umgebracht.«
Ja, Tommy hatte gerade jemanden umgebracht. Er hatte Martin Milne umgebracht, den Wichser, der Phil ein Messer ins Herz gerammt und ihn zerstückelt hatte. Und, verdammte Scheiße, Tommy hätte es sofort wieder getan. »Um dich zu retten, Kleiner«, sagte er.
»Die haben Onkel Phil umgebracht. Und Fraser. Ich hab’s eigentlich nicht geglaubt, ich hab gedacht, es wär ein Witz, aber es stimmt, sie haben’s gemacht und die Leichen sind …«
»Schhh. Ich weiß.«
Er weinte wieder.
Aber er war in Sicherheit. Jordan war in Sicherheit. Tommy fing ebenfalls an zu weinen. Beide mit Gesichtern, als hätte es draufgeregnet. »Wir müssen uns beeilen«, sagte Tommy, wischte sich verstohlen die Augen und schluckte, um seine Bauchschmerzen zu beruhigen.
Er band Jordans Hände los, und Jordan beugte sich über die Trennwand und fiel ihm um den Hals. Tommy umarmte ihn ebenfalls so fest, wie er es mit dem einen gesunden Arm konnte. Er wollte Jordan so nahe wie möglich sein.
»Ich hab … sie immer noch im Auge«, sagte Jordan.
»Brav, mein Junge.«
Sie blieben so und drückten einander, bis Jordan sagte: »Das tut weh.«
Tommy ließ los, küsste seinen Sohn auf die Stirn. »Bind deine Beine los, und komm zu mir nach vorne.«
»Dad?«, sagte Jordan.
»Was, Kleiner?«
»Du stinkst ganz schön.«
Effie riskierte ein paarmal einen Blick. Der Junge beobachtete sie. Sie konnte es nicht riskieren. Er würde schreien, Savage würde sich umdrehen und schießen.
Und Martin wäre ganz allein.
»Was ist da hinten drin?«, fragte Tommy Jordan.
»Onkel Phil und Fraser.«
Grundgütiger. Jordan hatte da hinten mit seinem toten Onkel und seinem toten Bruder gesteckt. Und zweifellos wäre er der Nächste gewesen.Tommy hatte noch nie eine solche Wut verspürt wie jetzt.Vielleicht weil er Smith los war, vielleicht weil er jemanden umgebracht hatte oder weil Jordan in Sicherheit war – aus welchem Grund auch immer, der Zorn brannte in seinen Eingeweiden, und der Schmerz war unerträglich.
Jordan sagte etwas, und Tommy konnte nur die Hand heben, um ihm zu verstehen zu geben, dass er warten sollte.
Gerade als er dachte, er könne es nicht mehr ertragen, explodierte der Schmerz in seiner Brust, schoss durch dieLuftröhre und krachte gegen das Armaturenbrett. Ein massives Objekt, das herumklapperte. Er blinzelte, schaute zu Jordan, der immer noch darauf wartete, dass er etwas sagte. Er konnte nicht.
Auf dem Armaturenbrett war der rollende Schmerz zum Stillstand gekommen. Es war eine Stahlkugel, rotglühend. Er streckte die Hand aus, um danach zu greifen, gleichgültig, ob er sich verbrannte, aber eine Faust brach durch die Windschutzscheibe, und Tommy kriegte nur eine Handvoll Luft zu fassen.
»Suchst du nach der da?« Grant lag auf der Kühlerhaube und hielt die Kugel zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Gib sie zurück«, sagte Tommy.
Grant steckte sich die Kugel in den Mund. Tommy sah zu, wie Rauch durch Grants Lippen drang, und dann schluckte der Bursche, und Tommys Wut baute sich wieder ganz von vorn auf. Er konnte es spüren, schon war sie ein weicher, warmer Klumpen in seinem Bauch. Er schloss die Augen und hörte Grant lachen, doch als er sie öffnete, war der Junge verschwunden.
Tommy wandte sich zu Jordan. »Hast du das gesehen?«
»Was gesehen? Dad, geht’s dir gut?«
»Mir geht’s gut«, sagte Tommy langsam. »Ja, mir geht’s gut.« Er starrte in die Windschutzscheibe. Sie war unversehrt. Nicht mal ein Kratzer. Er lauschte in die Stille.
»Dad?«
Er musste sich zusammenreißen. Vergessen, was er gesehen hatte. Oder was er glaubte gesehen zu haben. »Das hab ich nicht gemeint, das mit Onkel Phil und Fraser«, sagte er zu Jordan. Er verdrehte den Hals, um ins Heck des Kombis zu gucken. »Ich hab mich gefragt, was das war.«
»Die Wanne? Da drin haben sie …«
»Nein, das Ding da in der Ecke. Sieht aus wie ’n Benzinkanister.«
»Das?«, fragte Jordan. »Das ist ein Benzinkanister.«
Tommy nickte, drückte die Beifahrertür auf, so weit es ging. Effie kniete auf der Erde, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Wozu ist der
Weitere Kostenlose Bücher